Archiv


Post an Rogge

Der olympische Sport wird wieder einmal bei seinen hehren Idealen gepackt. Weltweit werden Petitionen unterzeichnet, Parlamentarier in London und Neu-Dehli protestieren, auch 20 Olympiasieger. Adressat ist das Internationale Olympische Komitee: Es nahm im vergangenen Jahr den US-Chemiegiganten Dow Chemical in die Familie seiner zehn TOP-Sponsoren auf. Damit finanziert Dow auch London 2012.

Von Grit Hartmann | 22.12.2011
    Rund 100 Millionen US-Dollar überweist Dow Chemical bis 2020 ans IOC, um mit dem Ringe-Logo werben zu können. Um sein vergiftetes Image reinzuwaschen mit Olympia, heißt es in Indien. Dort steht der Konzern, der auch Napalm für den Vietnam-Krieg lieferte, für die Giftgaskatastrophe von Bhopal. Dow übernahm Union Carbide, den Verursacher. 3.000 Menschen starben im Dezember 1984, 20.000 an den Folgen, rund 100.000 Menschen sind behindert oder leiden an unheilbaren Krankheiten. Fehlbildungen bei Neugeborenen sind in Bhopal noch immer häufig. Seit Monaten debattiert Indien über einen Olympia-Boykott:

    "There are children in Bhopal who never enjoy sports in their whole live thanks to Dow Chemical. Are you aware by going with it what you are doing is sanctioning. You are sanctioning the killing of the Olympic spirit."

    "In Bhopal leben Kinder, die ihr ganzes Leben lang nie Freude am Sporttreiben haben werden", hält ein Aktivist einem Mitglied des Nationalen Olympiakomitees im Fernsehen vor. Ob ihm klar sei, was er damit sanktioniere. "Sie sanktionieren den Mord am Olympischen Gedanken." - "Nein, nein", wehrt der Funktionär ab, "wir sind mit den Menschen in Bhopal, wir sind doch alle Inder."

    "No, no, not at all. We are with you. We are with the people of Bhopal. After all, we are all Indian."

    Erst in dieser Woche hat das indische NOK offiziell reagiert. In einem Brief wird IOC-Präsident Jacques Rogge aufgefordert, Dow Chemical aus der Sponsorenriege für die Spiele in London zu verbannen. Dieser Sponsor, heißt es darin, verletze "die Gefühle von Millionen Menschen tief". Bis heute weigert sich das Unternehmen, das Werksgelände in Bhopal zu entgiften, auch die Entschädigungsfrage ist nicht endgültig geklärt. Zuletzt erzürnte in Indien, dass Rogge jede Kritik am Deal mit Dow zurückwies und die Proteste "schädlich" nannte. Nun belehren die Inder den ignoranten IOC-Chef, "allein die Anwesenheit" dieses Sponsors in London sei "ein Verstoß gegen die Olympischen Ideale."

    Sportminister Ajay Maken kündigte Druck an, falls das IOC nicht reagieren sollte. Seine Regierung sei nicht willens, die Menschen in Bhopal im Stich zu lassen:

    "This is the first step. And I’m not willing to let the people of Bhopal down."