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Potentes Licht aus Plastik

Physik. - Elektronische Bauteile, die vormals nur aus anorganischen Stoffen wie Halbleitern gebaut wurden, gibt es jetzt immer öfter auch aus Plastik. Organische Leuchtdioden erobern den Display-Markt und seit einiger Zeit lassen sich sogar erste Laser aus Kunststoff bauen. An der Technischen Universität Braunschweig ist man dabei nun in eine neue Dimension vorgedrungen. Dort baute man den weltweit ersten Plastiklaser, der nicht nur sichtbares Licht ausstrahlt, sondern auch ultraviolette Strahlung.

Von Björn Schwentker |
    Im Optiklabor von Thomas Riedl steht eine ganze Sammlung von Lasern. Die meisten sind groß und sperrig, mit dicken Strom- und Kühlleitungen. Der größte ist ein meterlanger Argongas-Laser.

    Dieser Laser hier kostet vielleicht 120.000 Euro, und hat eine Plasmaröhre. Wenn die Röhre kaputt ist – nach einem oder nach anderthalb Jahren - müssen Sie eine neue kaufen, wieder 40.000 Euro investieren, aber da haben wir ja ein paar Alternativen mittlerweile zu bieten mit unseren organischen Lasern.

    Gegenüber solch teuren High-Tech-Geräten sind die Laser, die Thomas Riedl vom Institut für Hochfrequenztechnik der Technischen Universität Braunschweig entwickelt, simpel: es sind kleine, durchsichtige Plastikplättchen, nur einen Quadratzentimeter groß. Ihre Besonderheit: Sie strahlen ultraviolettes Licht aus. Das sind Lichtwellen mit Wellenlängen kleiner als 400 Nanometer. In die Braunschweiger Plastikplättchen eingeprägt ist ein mikroskopisch feines Gitter - kleinste Mulden im Abstand von Zehntausendstel Millimetern.

    Wenn man das hier so kippt, sieht man auch diese Oberflächenstruktur. Deswegen wirft es hier die Regenbogenfarben zurück.

    Das Gitter auf dem Plastiksubstrat beugt zwar das Licht der Laborbeleuchtung zu schönen Regenbogenfarben, macht aber noch keinen Laser. Was fehlt, ist ein Material, das selbst leuchtet, das "Lasermedium". Beim Braunschweiger Plastiklaser ist dies ein hauchdünner Farbstofffilm, den die Forscher auf das gewellte Substrat aufdampfen. Der Trick sind die neuartigen Fähigkeiten dieses organischen Farbstoffes: das so genannte "Spiro-Molekül" strahlt UV-Licht aus und ist gleichzeitig sehr stabil. So bildet das Material in den Mini-Mulden des Plastiks eine starre, widerstandsfähige Masse. Damit sie auch tatsächlich leuchtet, brauchen die organischen Moleküle Energie. Die liefert ein gewöhnlicher Laser, der auf das Plastikgitter strahlt.

    Das Licht breitet sich dann in dieser Schicht aus und sieht natürlich diese Oberflächenstruktur. Und diese Oberflächenstruktur ersetzt das, was man gemeinhin beim Laser braucht, nämlich Spiegel.

    Statt zwischen Spiegeln läuft das Licht hier zwischen den Erhebungen des Plastikgitters hin und her. Und regt so beim Farbstoff in den Mulden das typische Laser-Leuchten an. Was herauskommt, ist reinstes ultraviolettes Licht. Das Besondere daran: die Farbe des UV-Lichts – also seine Wellenlänge – ist veränderbar. Bei den meisten Lasern ist ein solches "Durchstimmen" der Farben entweder gar nicht möglich oder sehr umständlich. Mit den neuen Plastiklasern wird es zum Kinderspiel. Die Wellenlänge des Lasers ändert sich einfach mit dem Abstand der Gitterlinien auf dem Plastikplättchen. Bringt man nebeneinander Segmente mit unterschiedlich feinen Gittern an, so vereint man auf wenigen Millimetern eine ganze Palette verschiedener Farben. Und das, obwohl der einstrahlende Laser – das so genannte "Pumplicht" – nur eine feste Wellenlänge hat.

    Einfach durch mechanisches Verfahren dieses Gitters relativ zum Pumplicht, könnte man dann einen Laser haben, der eben dort emittiert, wo man es für seine Anwendung braucht.

    Nützlich ist der Vielfarbenlaser vor allem für Forscher in der Mikrobiologie. Um etwa Proteine in einer Zelle zu sehen, markieren sie sie mit einem Leuchtstoff, den sie dann mit Laserlicht anstrahlen. Doch die Wellenlänge, bei der der Farbstoff aufleuchtet, und die Farbe des Lasers müssen zusammenpassen. Bisher gibt es zwar viele gute Leuchtstoffe, aber die festen Wellenlängen der Laser passen oft nicht dazu – insbesondere im Bereich des UV-Lichts. Dieses Problem wären die Forscher mit dem Braunschweiger Laser los. Bei ihm lässt sich die Wellenlänge nach Wunsch anpassen. Gegenüber teuren Gas- oder Diodenlasern haben die Plastikplättchen noch einen weiteren Vorteil:

    Das Trägermaterial wird in der Pharmaindustrie im Tonnenmaßstab verwendet, das heißt, das kostet im Wesentlichen nichts. Und auch die organischen Farbstoffe sind natürlich relativ teuer, aber sie werden nur in kleinen Mengen dafür gebraucht. Letztlich kann man dann in einer großtechnischen Fertigung diese Laser zum Centpreis herstellen. Traumhaft eigentlich.