Freitag, 03. Mai 2024

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Potenziale in Ghana
Andere "warten nicht mehr, sondern gehen jetzt in den Markt"

Deutsche Unternehmer, die sich in Westafrika, insbesondere Ghana engagieren wollen, sollten das jetzt in Angriff nehmen, sagt der Delegierte der Deutschen Wirtschaft in Ghana, Maximilian Butek. Franzosen, Amerikaner, Chinesen und Brasilianer etwa investierten bereits jetzt.

Maximilian Butek im Gespräch mit Klemens Kindermann | 30.08.2018
    Steinmeier und Akufo-Addo geben sich die Hand.
    Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo war im Februar bereits in Deutschland und empfängt heute Bundeskanzlerin Angela Merkel in seinem Land (Bernd von Jutrczenka / dpa)
    Kindermann: Seit gestern bereist Bundeskanzlerin Angela Merkel Westafrika. Mit dabei eine Wirtschaftsdelegation aus Deutschland. Denn: Immer mehr wird klar, dass die afrikanischen Länder mit ihren jungen und wachsenden Gesellschaften ein enormes wirtschaftliches Potenzial bieten können. Gestern war die Kanzlerin im Senegal, heute kommt sie nach Ghana, mit seinen gut 28 Millionen Einwohnern ein wichtiger Handelspartner für Deutschland südlich der Sahara. Zur Wirtschaftslage dort kann ich sprechen mit dem Delegierten der Deutschen Wirtschaft in Ghana, Maximilian Butek. Herr Butek, Ghana ist letztes Jahr um mehr als 8 Prozent gewachsen, beträchtlich also - was sind die Ursachen?
    Butek: Ghana hatte eine der höchsten Wachstumsraten der Welt. Allerdings müssen wir das ein wenig revidieren. Im Wesentlichen handelt sich hier um Wachstumsraten im Öl- und Gassektor. Das liegt an der erhöhten Fördermenge in diesem Bereich, und man kann nicht davon ausgehen, dass es ein nachhaltiges Wachstum in dieser Höhe sein wird.
    Deutsches Engagement bislang übersichtlich
    Kindermann: Wie stark sind denn bisher deutsche Firmen in Ghana engagiert?
    Butek: Deutsche Unternehmen zögern noch etwas mit ihrem Engagement. Wir haben einige wenige Unternehmen, im Prinzip allerdings nur zwei produzierende Unternehmen, die restlichen mit deutschen Vertriebspartner-Büros oder lokalen Vertriebspartnern, die im Wesentlichen ihre Maschinenprodukte und Dienstleistungen aus Übersee nach Ghana exportieren, um einfach den Markt besser kennen zu lernen und die Absatzpotenziale anzutesten.
    Kindermann: Zwei produzierende Unternehmen, sagen sie. In welchen Branchen sind denn deutsche Firmen engagiert in Ghana?
    Butek: Die deutschen Unternehmen sind bislang insbesondere in der Bauindustrie engagiert, in der Fertigung von Baumaterialien sehr stark kommend und schon etabliert im Energiesektor. Wir haben Medizinunternehmen, beziehungsweise im Bereich pharmazeutische Erzeugnisse sowie im Chemiebereich.
    Firmen müssen ihre Geschäftsmodell anpassen
    Kindermann: Ist denn Ghana als Investitionsstandort also in erster Linie für international tätige Unternehmen interessant oder auch für mittelständische Firmen?
    Butek: Das ist eine interessante Frage. Denn ich glaube, es spielt keine Rolle, ob das deutsche Unternehmen, das sich in Ghana engagieren möchte, bereits international erfahren ist, ein multinationales Unternehmen ist oder ein kleines mittelständisches Unternehmen. Es hängt insbesondere von der Flexibilität der Geschäftsprozesse ab. Das hängt mit Fragestellungen zusammen, wie flexibel kann man den Markt bedienen, was sind Finanzierungsinstrumente.
    Denn die erfolgreichen deutschen Unternehmen, die hier sind, weichen von ihren bekannten und etablierten Geschäftsmodellen, die sie in Europa oder in Übersee haben, hier stark ab und diese Unternehmen sind dann auch erfolgreich. Wir haben Unternehmen, die gibt es seit drei Jahren in Deutschland, die allerdings in Ghana bereits sehr erfolgreich sind, und dann haben wir auch Unternehmen, die mit ihren etablierten Geschäftsmodellen versuchen seit Jahren in den Markt einzutreten und damit nicht besonders erfolgreich sind. Also ich glaube, das hängt weniger von der Größe des Unternehmens ab, sondern eher von der Kreativität und auch der Flexibilität.
    Bekämpfung der Korruption wird angegangen
    Kindermann: Ein Stichwort könnte ja in diesem Zusammenhang Bürokratie sein. Zusammen mit Korruption gilt das ja in vielen Ländern Afrikas als Investitionshemmnis. Wie sieht das in Ghana aus?
    Butek: Korruption ist natürlich ein großes Thema hier. Jetzt müssen wir schauen, in welcher Relation wir das sehen. Wenn wir das im Vergleich mit der Region sehen, ist Ghana relativ gut in Sachen Korruptionsbekämpfung. Wenn wir das zum Beispiel mit Deutschland vergleichen, haben wir hier doch größere Hürden. Der Präsident, der seit 2016 im Amt ist, hat eine extra Stelle geschaffen zur Korruptionsbekämpfung. Diese Stelle ist mit umfangreicher Kompetenz ausgestattet worden, und bei der Personalwahl wurde bewusst eine Person aus der Oppositionspartei gewählt. Das hat ein sehr gutes Zeichen in die Welt hinausgestrahlt, dass das Thema ernst genommen wird.
    Allerdings, anderthalb Jahre nach Regierungsantritt ist diese Stelle immer noch nicht mit finanziellen Ressourcen ausgestattet, was wir natürlich hier vor Ort bemängeln.
    Kindermann: Sie haben ja am Anfang des Gesprächs schon ein bisschen diese hohe Wachstumsrate von acht Prozent relativiert. Aber man kann ja, glaube ich, insgesamt von einer guten Entwicklung in Ghana sprechen. Wird die sich wohl, was ist ihre Einschätzung, verstetigen in den nächsten Jahren?
    Butek: Die neue Regierung hat seit Anfang 2017 sehr viel Wert auf die Stabilisierung der Währung gelegt, was immer ein wichtiger Faktor besonders für ausländische Investoren ist. Zudem dürfen wir nicht unterschätzen, dass Ghana circa 600.000 neue Menschen bekommt und daher einen riesigen Investitionsbedarf hat. Da die Regierung weiterhin als sehr stabil gesehen wird, die Rechtsstaatlichkeit wird hier sehr ernst genommen, sind auch immer mehr und mehr Investoren daran interessiert in den Markt einzutreten. Und ich gehe stark davon aus, dass wir zumindest über die nächsten Jahre eine positive Entwicklung haben. Wie gesagt, acht Prozent, das ist ein bisschen hoch, das sehen wir im Moment nicht, aber wir können uns durchaus vorstellen, dass wir bei 4,5 Prozent sind und dadurch weiter gute Absatzpotenziale entstehen werden.
    Andere Länder warten nicht
    Kindermann: Wenn sie einem deutschen Familienunternehmer in einem Satz sagen sollten, warum soll er in Ghana investieren, was würden Sie sagen?
    Butek: In einem anwachsenden Markt, der die letzten Jahre nicht gewachsen ist, ist es natürlich mit verschiedenen Risiken versehen, ob sich eine Investition lohnt oder nicht. De facto ist allerdings, dass wir merken, dass die anderen Länder, besonders die Franzosen, die Amerikaner, die Chinesen, die Brasilianer nicht mehr warten, sondern jetzt in den Markt reingehen. Und so muss man das auch sehen. Wenn man sich langfristig in Subsahara-Afrika engagieren möchte, dann sollte man jetzt in den Markt kommen, man sollte die Region betrachten, nicht nur Ghana. Denn in fünfzehn Jahren, glaube ich, dass viele Branchen und Nischen bereits besetzt sind und von daher sollte man sich jetzt zumindest auf den Weg machen, um sich die Marktchancen anzugucken.
    Kindermann: Der Delegierte der deutschen Wirtschaft in Ghana Maximilian Butek im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Herr Butek, vielen Dank.
    Butek: Herzlichen Dank.