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Potsdam setzt auf schrumpfende Studentenzahlen

Brandenburg muss sparen. Gegen Sparpläne im Wissenschaftsbereich protestieren Studenten, die Hochschulleitungen und nun auch der Mittelbau – mit einem Offenen Brief. Offizielle Stellen dementieren allerdings, dass weniger Geld zur Verfügung stünde.

Von Axel Flemming | 30.09.2011
    Viele Brandenburger Hochschulmitglieder sehen schon, dass die Unis ihre grundlegenden Aufgaben künftig nicht mehr erfüllen können. Vertreter aus Senaten und Personalräten aller neun Hochschulen des Landes kritisieren, dass eine Hochschulstrukturkommission gezielte Kürzungsvorschläge erarbeiten soll und schon geplant sei, einen zweistelligen Millionenbetrag einzusparen. Dem widerspricht Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine Kunst:

    "Offene Briefe sind nie richtig schön, sodass sie ja schon grundsätzlich darauf hinweisen, Brandenburg bräuchte auch mehr Geld für das Wissenschaftssystem, das ist keine Neuigkeit. Was tatsächlich hier zurückzuweisen ist: dass es zurzeit keine Einschränkung im Hinblick auf die finanziellen Ressourcen an den Universitäten gibt. Es ist genauso gut oder vielleicht genauso schlecht wie sonst auch, sodass 2012 keine der Hochschuleinrichtungen Brandenburgs weniger Geld haben wird als 2011."

    Das glaubt die politische Opposition allerdings nicht. Marie Luise von Halem, parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen im Potsdamer Landtag, unterstützt den Offenen Brief des Mittelbaus. Einsparungen sieht sie im Bereich der Hochschulpaktmittel:

    "Es gibt eine Kleine Anfrage, aus der hervorgeht, dass das Land vom Bund 25 Millionen bekommt. Mittel, die an die Hochschulen weiter zu reichen sind aus dem Hochschulpakt 2020. Und von diesen 25 Millionen sind 15 als Einnahme verzeichnet im Landeshaushalt und 10 werden an die Hochschulen weitergegeben."

    Wie erklärt sich diese Differenz? Eine Rückmeldung des Ministerpräsidenten steht noch aus. Noch ist über den Etat nicht endgültig entschieden. Gerade die Linke ist in der Zwickmühle. Einerseits will sie nicht an der Bildung sparen, andererseits ist sie Regierungspartei, stellt sogar den Finanzminister. Sahra Damus, Senatorin für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder:

    "Aber der wissenschaftspolitische Sprecher Peer Jürgens hat zumindest gesagt, dass er die Probleme auf jeden Fall sieht, und sich dafür einsetzen wird, da noch etwas zu ändern. Gleichzeitig hat er allerdings auch gesagt, dass da finanzieller Spielraum wohl nicht mehr da ist."

    Und damit könnten auf die Brandenburger Unis noch wesentlich härtere Zeiten zukommen. Das fürchtet jedenfalls Fred Albrecht, Hauptpersonalrat im Potsdamer Wissenschaftsministerium:

    "Mehr Geld ist notwendig, wenn wir die Hochschulen in dem Maße, wie es jetzt ist, erhalten wollen. Wenn das Land nicht in der Lage ist, mehr Geld für die Hochschulen auszugeben und für die Wissenschaft, dann muss das Land letztlich entscheiden, auf welche Ausbildungsplätze es verzichten will, und auch seine Bürgern erklären, warum diese Ausbildung in Brandenburg nicht mehr möglich sein wird."

    Dabei hofft er durchaus auf die Demografie, die dafür sorgen könnte, dass demnächst weniger Studierende an den Brandenburger Hochschulen unterrichtet werden:

    "Also ich hoffe, dass die Unis schrumpfen. Wir haben in Potsdam an der Uni etwa 11.000 Studienplätze. Die flächenmäßig und personalmäßig finanziert werden. Wir haben 21.000 Studenten, und ein Schrumpfen aufgrund der Demografie würde uns vielleicht in einen vernünftigen Normalzustand versetzen, im Moment ist überall alles auf letzte Kante genäht."

    Schon im Juni hatten die Landeshochschulrektoren geschrieben und statt weiterer Kürzungen Mehrausgaben gefordert. Nicht vergessen ist auch der Zugriff des Landes auf die Rücklagen der Universitäten. Dagegen hatte sich anfangs auch Sabine Kunst gewendet, heute Wissenschaftsministerin, davor Präsidentin der Universität Potsdam:

    "Ich habe immer Transparenz eingefordert, um als Hochschulleitung zu wissen, auf was man sich einzustellen hat, und auch im quasi Gegenstromverfahren zurückzumelden, was dann die Konsequenz politischer Entscheidungen ist. Diese Grundregel habe ich jetzt eingehalten, für die allernächste Zeit wird es keine Einschränkungen der den Hochschulen zur Verfügung stehende Ressourcen geben, das ist mir wichtig, und von daher hätte ich auch als Universitätspräsidentin im Moment keinen Offenen Brief geschrieben!"

    Allerdings, bei der Frage, was mit den 15 Millionen aus dem Hochschulpakt denn nun passiert, lässt die Ministerin die Transparenz etwas vermissen.