Sichtbar – und vor allem auch hörbar – wollte der auf Erfolgswege eingeschwenkte junge Adès niemand weh tun. Und wie sein gepflegt-eklektizistischer Tonsatz in erster Linie die Leere der Zeit bei denen "da oben" umkreist, betönt und wattiert, so hält es auch die Inszenierung. Die lässt die Herzogin aus einer überdimensionalen Puderdose auftauchen. So, als wäre die die Muschel der Venus: innen wie ein weiches Lotterbett gepolstert, außen Plastik-Hartschale. Powder her face.
Überhaupt wird alles, worum es hier oberhalb und unterhalb der Gürtellinie geht, in dieser zeitgenössischen Kammeroper und ihrer durchaus angemessenen Realisierung mit didaktischer Deutlichkeit demonstriert: Reichlich wird auf der Treppe, die zunehmend zur Hintertreppe wird, mit Fotoapparaten, Mikrophonen, Kameras und Scheinwerfern hantiert. Wenn der Richter, der zuvor und anschließend auch den Herzog, den Mann von der Reinigung und den Hotel-Manager gibt, sich aus Anlass des Scheidungs-Prozesses mit dem Intimleben der "Angeklagten" befasst, zieht er sich die Hose herunter. Nun gut, nun weiß auch die Letzte im Saal Bescheid.
Das herrische Leben der Herzogin, man hatte es geahnt, nimmt kein gutes Ende. Irgend wann bekommt sie eine gepfefferte Hotelrechnung präsentiert, die sie nicht mehr begleichen kann. Ihre Ressourcen sind erschöpft. Auch die der frühvollendeten Musik, die hier nun aber eine dramaturgisch sinnfällige Funktion erfüllt: Sie stattet Langeweile, Hysterien und eine finale Lebensenttäuschung aus.
Das opus 17 von Thomas Adès erweist sich als versiert geschriebene Arbeit: kühle Eleganz, die in langes Lamento ausgleitet. Es ist Musik in beziehungsreicher Beziehungslosigkeit zu einem gesellschaftlichen Zustand, auch in anschmiegsamer Anhänglichkeit und stets gut goutierbar. In all dem ist sie signifikant für das, was heute promoviert wird. Powder her face.
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