Dienstag, 16. April 2024

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Präsidentenwahl des Schwimm-Weltverbandes
"Es geht um Geld, um Pfründe und Pöstchen"

Wie erwartet hat sich der umstrittene Uruguayer Julio Maglione, seit acht Jahren FINA-Präsident, wiederwählen lassen. Es gebe allerdings Anzeichen, dass er seine Amtszeit nicht beenden werde, sagte ARD-Schwimmexperte Lars Becker im Dlf. Denn eigentlich sei er nur eine Marionette.

Lars Becker im Gespräch mit Bastian Rudde | 22.07.2017
    Neu gewählt und im Bild von links: FINA-Vize Husain Al-Musallam, daneben Präsident Julio Cesar Maglione und der geschäftsführende Direktor Cornel Marculescu in Budapest beim Kongress des Schwimm-Weltverbandes.
    Julio Cesar Maglione (2.v.l) vor der Wiederwahl zum Präsidenten (dpa-Bildfunk / AP / Zoltan Balogh)
    Der 81-jährige Julio César Maglione habe sich mit 77 Prozent klar gegen seine Konkurrenz durchgesetzt, berichtete Lars Becker. Maglione habe zuvor Alters- und Amtszeitsbeschränkungen zurückgenommen, um selbst antreten zu können. "Er selbst sprach von einem kristallklaren, 100 Prozent demokratischen Kongress in Budapest, es habe sehr viele Veränderungen gegeben. Das ist schon ein bisschen absurd."
    Jedoch sei der oft als "Sepp Blatter des Schwimmsports" bezeichnete Maglione längst nur noch eine Marionette des 1. Vizepräsidenten Husain Al-Musallam aus Kuweit, der auch wiedergewählt wurde. "Ein interessanter Mann, umweht von Korruptionsvorwürfen seit vielen Jahren." Die neuesten: Er soll Geld abgezweigt haben - für sich selbst und für Funktionäre des Weltfußballverbandes FIFA. Al-Musallam soll längst die starke Figur im Weltschwimm-Verband sein, so Becker: "Es gibt viele Experten, die meinen, dass Präsident Maglione diese vier Jahre nicht mehr durchhalten wird, das er spätestens zur Hälfte seiner Amtszeit sein Amt aufgeben wird - und dann würde nachrücken: eben dieser 1. Vizepräsident."
    "Die wählen, um keinen Selbstmord zu begehen"
    Die FINA selbst hoffe, dass sie mit kleinen, möglichst geringen Veränderungen die Sache über die nächsten Jahre retten könne: "Da geht es um Geld, um Pfründe, Pöstchen und alles Mögliche." Viele profitierten, in der FINA zu sein, von Pöstchen, Unterabteilungen, oder im erweiterten Präsidium. "Das ist mit Vergünstigungen verbunden, mit Gratifikationen, das gibt ordentlich Geld." Viele Mitglieder wissen das sehr zu schätzen. "Die wählen, um keinen Selbstmord zu begehen, nach dem Motto: Nach uns die Sintflut."
    Das werd ein langer Weg, die FINA an den Rand zu drängen, sagte Becker. "Es müsste ein riesengroßer Skandal her wie in der Leichtathletik, der dazu führen würde, diese Organisation wegzuschieben. Ansonsten werden die weitermauscheln."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.