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Arbeitsbedingungen an Hochschulen
Präsidentin der TU Berlin kritisiert neue Gesetzespläne

Die Bundesregierung will mit einem neuen Gesetz die Arbeitsbedingungen von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verbessern. Aus Sicht von Geraldine Rauch, Präsidentin der TU Berlin, bewirken die Pläne jedoch das Gegenteil und gefährden den Forschungsstandort Deutschland.

    Illustration mehrerer Student*innen, die in einer Miniaturwelt auf Büchern sitzen, auf Tablets sitzen und miteinander interagieren.
    Nachwuchswissenschaftler hangeln sich oft prekär von Arbeitsvertrag zu Arbeitsvertrag. (Getty Images / iStockphoto / elenabs)
    Rauch sagte im Deutschlandfunk, die von der Ampel-Koalition geplanten Änderungen am sogenannten "Wissenschafts-Zeitvertragsgesetz" bedeuteten de facto eine Verschlechterung für junge Forschende. Sie verwies etwa auf das Vorhaben, befristete Beschäftigungen nach der Promotion künftig nur noch für vier statt wie bisher sechs Jahre zu erlauben. Dies werde an den Universitäten nicht dazu führen, dass mehr Menschen eine Festanstellung erhielten, erklärte Rauch. Stattdessen werde die Unsicherheit für die Doktoranden noch größer.

    Mangel an Nachwuchs und an Fachkräften

    "Weit über 80 Prozent der Wissenschaftler:innen sitzen auf befristeten Verträgen - oft jahrzehntelang. Mit dem neuen Gesetz wird ihre Situation noch schlechter", kritisierte Rauch. Dass wirke sich angesichts des Fachkräftemangels auch zunehmend negativ auf den Wissenschaftsstandort Deutschland aus. Für Universitäten werde es immer schwieriger, junge Wissenschaftler zu gewinnen. Vor allem in den Bereichen IT und Informatik seien privatwirtschaftliche Unternehmen als Arbeitgeber "sehr viel attraktiver als die deutschen Universitäten".
    Die hohe Zahl von Zeitverträgen führt aus Sicht von Rauch zudem zu einem Gleichstellungsproblem. Denn für Frauen, die eine Familie gründen wollten, sei eine Karriere in der Forschung oft unattraktiv.

    Gesetz seit langem in der Kritik

    Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz regelt seit 2007 die Befristungen von Arbeitsverträgen für wissenschaftliches und künstlerisches Personal an staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Es steht schon lange in der Kritik, weil sich in der Praxis viele junge Forscherinnen und Forscher von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten hangeln müssen.
    Mit der geplanten Reform der Bundesregierung sollen unter anderem Mindestvertragslaufzeiten eingeführt werden. Der erste Arbeitsvertrag vor der Promotion muss in der Regel eine Laufzeit von mindestens drei und nach der Promotion in der sogenannten Post-Doc-Phase von mindestens zwei Jahren haben.
    Post-Docs sollen außerdem künftig für maximal vier Jahre befristet beschäftigt werden dürfen. Bisher waren es sechs Jahre. Weitere zwei Jahre sollen dann nur noch mit verbindlicher Zusage für eine anschließende unbefristete Stelle zulässig sein.

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    Diese Nachricht wurde am 30.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.