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Praktikum für Geisteswissenschaftler

Die neuen Abschlüsse Bachelor und Master sollen demnächst der Standard sein und sehen - insbesondere für Geisteswissenschaftler - große Praxisanteile vor. In Hamburg hat dies die Uni alarmiert, denn für sie bedeutet das, sie muss ab 2007 jedes Jahr 500 angehende Anglisten, Historiker oder Germanisten in einem sechswöchigen Praktikum unterbringen.

Von Werner Nording | 27.06.2006
    Geisteswissenschaftler können nicht nur Lehrer werden oder in die Medienbranche gehen, ihre Qualifikation reicht aus, um jede Position in der Wirtschaft zu bekleiden. Davon ist Kurt Rehkopf überzeugt, der die Arbeitsstelle "Studium und Beruf der Fakultät der Geisteswissenschaften" an der Universität Hamburg leitet.

    "Natürlich können sie nicht Arzt oder Richter werden, die Professionen nehme ich ausdrücklich aus, aber darüber hinaus sind wir überzeugt, dass Geisteswissenschaftler in jedem Bereich eines Unternehmens einsetzbar sind. Insbesondere in Bereichen wie Organisation, Kommunikation Marketing und auch in kreativen Bereichen, all das sind Dinge, in denen wir unsere Studierenden ausbilden und aus denen sie durch Beschäftigung mit Sprache, mit fremden Kulturen etwas mitbringen und für die sie gut geeignet sind. "

    Bei der Wirtschaft ist die Uni Hamburg mit diesem Vorstoß auf Interesse gestoßen. Gerade mit dem Bachelor-Studium sei es möglich, Praxisphasen in das Studium einzubauen, sagt Paul Raab, Referent für Hochschulpolitik bei der Handelskammer Hamburg.

    "Die größere Praxisausrichtung der Bachelor-Studiengänge mildert den Praxisschock ab, wenn jemand das Hochschulstudium abschließt. Je mehr Praxiserfahrungen jemand während des Studiums gemacht hat, sei es durch eine Praxisphase oder studentische Nebenjobs umso einfacher hat er es hinterher, sich in ein Unternehmen zu integrieren."

    Um die Studierenden auf die Wirtschaft vorzubereiten, sollen die Romanisten, Slawisten, Anglisten und sogar die Altphilologen zwischen dem dritten und vierten Semester in den Ferien ein Praktikum absolvieren, sagt Rehkopf.

    "Wir suchen also ab Frühjahr 2007 für etwa 500 Studierende Praktika in Hamburger Unternehmen, die Studierenden belegen ein Hauptfach in den Sprach- Literatur- oder Medienwissenschaften und als solche verlangen wir von ihnen, dass sie im Verlaufe ihres Studiums, möglichst in der Mitte, ein mindestens sechswöchiges Praktikum absolvieren. "

    Der 20jährige Ahmet Genc findet die Idee gut. Er studiert im zweiten Semester Medien- und Kommunikationswissenschaft und im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre. Er hat Glück gehabt und ein Praktikum beim SPD-Bundestagsabgeordneten Olaf Scholz bekommen. Ahmet Genc will die Praxisphase nutzren, um die Arbeit von Abgeordneten hautnah kennenzulernen.

    "Also wie kommuniziert ein Abgeordneter mit seinem Kreis, wie mit anderen Abgeordneten. Auch der Bereich der Kommunikation ist ein Schwerpunkt und ich versuche diesen Schwerpunkt im Praktikum zu legen. "

    Für die Wirtschaft ist die enge Verzahnung des Studiums mit dem Arbeitsleben eindeutig ein Vorteil für die Karriere des Studierenden, sagt Paul Raab.

    "Er erwirbt ein Qualifikationsprofil, das sich von vielen anderen seiner Kommilitonen unterscheiden wird, das kann ihm zum Vorteil werden, wenn er sich später auf dem Arbeitsmarkt bewegt, weil die Anforderungen der Unternehmen immer unterschiedlicher werden und ich kann mir gut vorstellen, dass jemand mit spezifischen Kenntnissen, dann genau die Arbeitsposition findet, in der er sich verwirklichen kann."