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Praxis-Prof: Job-Tausch an norddeutscher Fachhochschule

Ulrike Burgwinkel: Es ist zwar nur für einen Tag, aber es gibt genug gute Gründe. An der Fachhochschule Oldenburg-Ostfriesland-Wilhelmshaven tauschen Professoren und Führungskräfte am Mittwoch ihren Job. und am Telefon in Emden ist jetzt einer der verantwortlichen Organisatoren, Professor Reinhard Elsner. Guten Tag.

Ulrike Burgwinkel |
    Reinhard Elsner: Guten Tag.

    Burgwinkel: Welche guten Gründe führen Sie denn zum Arbeitsplatztausch an?

    Elsner: Der beste Grund ist, dass wir das intensive Netzwerk zwischen Hochschulangehörigen, Professoren, Mitgliedern der Hochschule, Studenten und Unternehmensvertretern ganz intensiv stärken wollen. Das ist der Hauptgrund.

    Burgwinkel: Ist das denn in erster Linie für die Tauschenden selber spannend oder für wen ist das noch interessant?

    Elsner: Für alle eben genannten Akteure und diese Spannung kommt daher, dass dieser Tauschtag ganz intensiv vorbereitet werden muss. Auch eine gestandene Führungskraft hält nicht jeden Tag einen 90-Minuten-Vortrag, eine Vorlesung, die will vorbereitet und motiviert sein und muss in den Kontext der Veranstaltungsreihe passen. Insofern muss sich der Praktiker von außen sehr intensiv damit befassen, was eigentlich gelesen wird, was Stand der Wissenschaft ist und wie sein Element reinpasst. Das ist eine Seite, aber auch umgekehrt muss auch der Professor, der draußen im Betrieb ist an diesem Tag ja den Arbeitsplatz übernehmen, die Mitarbeiter führen, ein Gespräch leiten, sich die Sorgen anhören, sich Konzepte vorstellen und sich einbinden lassen in den täglichen Arbeitsbereich und auch das muss vorbereitet sein. Gerade diese Vorbereitung und die nach gelagerte Nachbereitung sorgt für das ganz intensive Netzwerk, das wir nutzen wollen und haben wollen.

    Burgwinkel: Wer macht denn eigentlich von Seiten der Unternehmen mit? Oben in Ihrer Region fallen mir jetzt gar keine ganz großen Unternehmen ein.

    Elsner: Wir haben ein sehr großes Unternehmen, das direkt in Emden angesiedelt ist, das Volkswagen-Werk, das den Passat baut und auch hier ist heute ein Vertreter dabei, der im technischen und wirtschaftlichen Bereich die Vorlesung hält, aber auch große Unternehmen wie Enacron Windkraftanlagen sind dabei, E Plus aus Köln ist vertreten, die IWE aus Oldenburg, also auch durchaus Unternehmen, die man kennt; Banken sind dabei, die Sparkassen, Oldenburgische Landesbank, Wolfsburg AG, Schenker, die Deutsche Bahn... Ich kann gar nicht aufhören, zu erzählen. Es ist ein sehr reges Interesse da. Ich darf vielleicht verraten, wir haben das Ganze letztes Jahr schon einmal durchgeführt und haben letztes Jahr eher etwas Schwierigkeiten gehabt, die Unternehmer dafür zu begeistern, weil eine Angst da war, so eine Vorlesung zu schaffen. In diesem Jahr sind wie, ich will nicht sagen überrannt worden, aber wir hatten eine außerordentlich starke Nachfrage von außen, sich an den Vorlesungen zu beteiligen und da muss ich fast sagen, dass es mich ein wenig wundert, da die Unternehmen ja teilweise in der Stellenbesetzung gar nicht mehr so große Lücken haben wie noch vor zwei Jahren.

    Burgwinkel: Das heißt, die Lücken wären ein Grund gewesen, mal zur Fachhochschule zu gehen und zu sagen: hört mal, Ihr Absolventen, kommt doch mal zu uns! Also die Kontaktknüpfung der besondere Art statt Jobbörse.

    Elsner: Richtig, so ist das. Wobei wir auch alles drum herum gebaut haben, was sich in diesem Bereich interessant machen lässt. Wir haben zum Beispiel in dieser gesamten Woche eine so genannte Projektwoche durchgeführt, das heißt, wir haben Vorlesungen ein wenig aufgelöst und lassen es zu, dass gesamte Tage einem kompletten Projekt zur Verfügung stehen und haben auch externe, ausländische Kollegen mit eingeladen und heute in dem großen Meetingraum bei uns auch eine Kontaktbörse von Unternehmen mit angesiedelt, so dass nicht nur das Networking zwischen Praktikern und Studierenden und Professoren stattfindet, sondern dass man sich auch direkt erkundigen kann, was ein Unternehmen für mögliche Diplomarbeitsplätze bietet, welche Projekte wir angehen können, welche Studienplätze und möglichen anschließenden Stellenangebote gibt es in diesem Unternehmen.

    Burgwinkel: Nun haben doch Fachhochschulen generell ein relativ gutes Verhältnis zur Praxis. Sie sagten eben, Sie haben Kollegen eingeladen, haben Sie denn auch mal Kollegen von sagen wir mal etwas praxisferneren Universitäten dazu gebeten?

    Elsner: Das haben wir heute nicht getan, wir haben aber natürlich einen sehr intensiven Kontakt zur Universität Oldenburg und Osnabrück und auch da sind wir in sehr regem Kontakt, was den Austausch von Lehrleistungen angeht, die intensive Verbindung, die hier entsprechend zustande kommt ist natürlich eine der ganz besonderen Art und die lässt sich auch nicht so einfach mit Diplomarbeiten oder dem intensiven normalen Kontakt der Fachhochschulen vergleichen lässt. Wir arbeiten doch in den letzten zehn, zwanzig Jahren ganz intensiv am Praxissemester und haben die umgesetzt, das bedeutet, der Student geht ein halbes Jahr "round about" meistens in das Unternehmen, aber dort macht er es, sage ich mal flapsig, genau so falsch wie bisher auch und so wie das Unternehmen es tut, es ist aber eigentlich keine intensive Betreuung dabei. Was wir hier tun, ist ein Element, wo alle drei an einem Tisch zusammenstehen und sich unterhalten, was wir daraus machen können.

    Burgwinkel: Sie sprachen gerade die Nachbereitung an. Was passiert denn da?

    Elsner: Da wird die gesamte Aktion zunächst mal dokumentiert, großes Ziel ist es, bis Freitag eine komplette DVD vorliegen zu haben, in der die gesamte Aktion komplett dokumentiert haben und die wir allen Unternehmern und Beteiligten zuschicken können, so dass sie die möglichst am Samstag per Post erhalten und noch mit ihrer Familie oder Bekannten ansehen können.