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Preise, Prämien, Pächter

Mehr Markt und mehr Wettbewerb, das ist das Ziel der Europäischen Agrarreform, die ab Anfang dieses Jahres in Deutschland nach und nach umgesetzt wird. Im Klartext bedeutet das, dass die Subventionszahlungen an die Landwirte von Art und Umfang der jeweiligen Produktion abgekoppelt werden. Es zählt dann irgendwann, spätestens 2013, nur noch die Größe der bewirtschafteten Fläche. Was bedeutet diese neu "Grünlandprämie" eigentlich ganz konkret für die Ackerbaubetriebe? Können sie so wettbewerbsfähig bleiben - auch international? Darum ging es auf der Jahrestagung des Rationalisierungs-Kuratoriums für Landwirtschaft - kurz RKL, einem technischen und betriebswirtschaftlichen Beratungsring, dem rund 1400 Landwirte und Agrarexperten angehören.

Von Annette Eversberg |

    Auf der Tagung des Rationalisierungskuratoriums für Landwirtschaft in Neumünster wurde 2005 als Jahr des Umbruchs bezeichnet. Die Prämien für die europäische Landwirtschaft werden nicht mehr and die Produktion, sondern dafür an die Fläche gekoppelt. Profitieren sollen davon vor allem die Grünlandstandorte, die z.B. in Nordrhein-Westfalen erstmals mit 111 Euro pro Hektar subventioniert werden sollen. Allerdings wird dieses Geld nicht zusätzlich gezahlt, bedauert der landwirtschaftliche Unternehmensberater Karlheinz Mann aus Göttingen:

    Für die Ackerbaubetriebe in Deutschland bedeutet das, dass der Prämienanteil, der ihnen zufällt, durch den Anteil der Grünlandprämie gekürzt wird. Die Kürzung des Prämienvolumens wird dazu führen, dass der Strukturwandel sich weiter beschleunigt im Ackerbau.

    Professor Folkhard Isermeyer von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig rät daher den Ackerbaubetrieben, die in erster Linie im Rationalisierungskuratorium für Landwirtschaft vertreten sind, genau zu rechnen:

    Viele Landwirte sind hier in der Gefahr, dass sie die Prämien in diese Kalkulation mit einbeziehen. Das ist aber nicht richtig. Denn die Prämien erhalten die Landwirte unabhängig davon, ob sie etwas produzieren, oder ob sie ihren Betrieb nicht weiter bewirtschaften. Sie müssen also schauen, ob die Produktion sich auch ohne die Prämien rechnet und müssen die Prämien als Einkommensbestandteil separat kalkulieren.

    Wer aufhört, kann das Land verpachten und macht dadurch durchaus ein Geschäft. Denn ein Landwirt, der seine Fläche erheblich vergrößern kann, hat die besten Einkommensvoraussetzungen. Denn er hat auch die Möglichkeit die Produktivität zu erhöhen; durch Erhöhung der Produktivität. Und dies ist vielen Landwirten laut Auskunft des Bauernverbandes zwischen 1993 und 2003 gelungen. Der Produktivitätszuwachs betrug in diesem Zeitraum 49 Prozent. So viel wie in keinem anderen Wirtschaftszweig. Dr. Hartwin Traulsen vom Rationalisierungskuratorium Landwirtschaft führt dies vor allem auf die technische Entwicklung zurück:

    Unsere Geräte, die wir einsetzen in der Landwirtschaft sind ja immer größer geworden. Und das führt eben dazu, dass eine Arbeitskraft, die wir früher auf 50 Hektar, dann auf 100 brauchten, dass heute eine Arbeitskraft 250 Hektar Ackerbau ohne Probleme machen kann, unter bestimmten Umständen auch sehr viel mehr.

    Die besonderen Rahmenbedingungen in Deutschland und die Umverteilung von Einkommen durch das neue Prämienmodell der EU sagen jedoch - so Folkhard Isermeyer - noch nichts über die Wettbewerbssituation des deutschen Ackerbaus aus:

    Im weltweiten Vergleich zeigen unsere vorläufigen Berechnungen, dass der Standort Deutschland insbesondere bei der Weizenproduktion vergleichsweise günstig dasteht. Dort ist es so, dass gut strukturierte Betriebe in Deutschland recht gut mithalten mit gut strukturierten Betrieben in Nordamerika. Das hängt im wesentlichen damit zusammen, dass wir bei Weizen einen sehr ertragreichen Standort haben, also unsere Erträge deutlich höher liegen als in den anderen Standorten der Welt.

    Die Betrachtung der Wettbewerbsfähigkeit ist wichtig, weil bis 2025 damit zu rechnen ist, dass sich die jetzigen Prämien um die Hälfte reduzieren werden. Auch die Außenzölle der EU werden bei den WTO-Verhandlungen auf keinen Fall Bestand haben. Der höchste Außenzoll gilt für Zucker, der bei 222 Prozent liegt. Dieser Zollsatz schützt eine Produktion, die nur durch Export gesichert werden kann. Andererseits steigt weltweit die Produktion von Rohrzucker, weil Länder wie Brasilien hier besonders aktiv geworden sind. Deshalb ist mit einem deutlichen Rückgang der Zuckerrübenproduktion in der EU zu rechnen. Allerdings sieht Folkhard Isermeyer durchaus Verhandlungsspielräume für die Zuckermarktordnung, wenn die Politik den Fortbestand der europäischen Zuckerwirtschaft wirklich will und sich dabei um Bündnispartner bemüht:

    Die Bündnispartner sind die Nordamerikaner, und die ärmsten Länder der Welt, die bisher vom Präferenzvorteil ihres Zuckerexports in die EU profitieren. Diese Länder würden ja eine wichtige Devisenquelle verlieren, wenn unsere Zuckermarktordnung komplett zusammenbricht. Und so könnte man sich vorstellen, dass diese Länder zusammen mit der EU und den USA im WTO darauf dringen, ein umfassendes Mengenabkommen zu erreichen.