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Preiskampf

„Billige Lebensmittel kommen uns teuer zu stehen." Unter diesem Motto diskutierten auf dem Gut Wulksfelde, einem renommierten Bio-Bauernhof in der Nähe von Hamburg, Fachleute aus den Bereichen Verbraucherschutz, Ernährungswissenschaften und Landwirtschaft über die Folgen der billigen Preise bei Lebensmitteln. Warum sich der Verbraucher darüber nicht zu sehr freuen sollte - Annette Eversberg war für uns auf der Informationsveranstaltung dabei.

von Annette Eversberg |
    "Billige Lebensmittel kommen uns teuer zu stehen." Unter diesem Motto diskutierten auf dem Gut Wulksfelde, einem renommierten Bio-Bauernhof in der Nähe von Hamburg, Fachleute aus den Bereichen Verbraucherschutz, Ernährungswissenschaften und Landwirtschaft über die Folgen der billigen Preise bei Lebensmitteln. Warum sich der Verbraucher darüber nicht zu sehr freuen sollte - Annette Eversberg war für uns auf der Informationsveranstaltung dabei.

    Seit Monaten tobt zwischen einigen Handelsketten ein Preiskampf, den das amerikanische Unternehmen Wal-Mart ausgelöst hat. Lebensmittel werden teilweise unter dem Einstandspreis angeboten. Beate Huber, Geschäftsführerin der Öko-Prüfzeichen-GmbH in Bonn zur Situation:

    Der Stand ist so, daß wir vor kurzem ein Urteil des Bundeskartellamtes hatten, wo das einfach Grenzen gesetzt hat, gesagt hat, es kann nicht sein, daß unter Einstandspreis verkauft. Aber deutlich wurde auch, daß das Kartellamt nur wenig Möglichkeiten hat, einzugreifen. Derzeit geht der Preiskampf weiter und ein Ende ist nicht absehbar.

    Auch die Verbraucherschützer haben, so Silke Schwartau von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände starke Bedenken.

    Nun könnte man denken, Verbraucherschützer müßten eigentlich dafür sein, wenn mehr in der Haushaltskasse ist und die Lebensmittel billiger werden, doch leider sagen, daß langfristig schlechte Auswirkungen auf die Verbraucher zukommen können. Dazu gehört, daß wenige Supermärkte das Preisgeschehen diktieren werden, d.h. sie sprechen sich ab, und dann können nachher die Preise wieder teurer werden.

    Vielfach sind die Preise schon heute eine Mogelpackung. Denn um dabei noch verdienen zu können, greifen Hersteller verstärkt zu den Möglichkeiten, die die Industrie bietet. Silke Schwartau:

    Es gibt immer mehr sogenannte Zusatzstoffe, die aus Abfallstoffen gewonnen werden. Da steht dann ganz klug Haferfaser auf der Verpackung. In wirklich ist es nur Stroh. Und auch die Stärkeverbindungen mehr und mehr Lebensmitteln zugesetzt, daß heißt sie werden mehr mit Füllstoffen versehen , es werden mehr Aromastoffe eingesetzt, vor allem bei Milchprodukten, wo man vorher noch die Erdbeere im Joghurt fand, finden Sie heute nur noch das künstliche Aroma. Und in der Wurst wird auch immer mehr das Wasser schnittfest gemacht, d.h. durch den Einsatz von Phosphaten können sie einen höheren Wassergehalt in der Wurst unterbringen, das sind nur wenige Beispiele von vielen. Und daher raten wir auch allen, immer kritisch auf die Zutatenliste zu gucken.

    Dabei drohen die teureren Ökoprodukte auf der Strecke zu bleiben. Während in der Schweiz die dortigen Coop-Märkte im letzten Jahr 300 Millionen Schweizer Franken mit Ökoprodukten umgesetzt haben, und auch in Österreich und Dänemark, ja selbst zunehmend in Frankreich die Ökoprodukte fast überall im Handel zu bekommen sind, sieht es in Deutschland anders aus. Schwerpunkte bilden hierfür nach wie vor die Naturkost- oder Hofläden. Nur wenige Supermärkte bieten Ökoprodukte an. Dabei hat man festgestellt, daß wer Ökoprodukte kauft, durch die andere Lebensmittelauswahl - frische Ware - keine Fertigprodukte- die Kosten für konventionelle Produkte sogar noch unterschreiten kann. Allerdings besteht beim Verbraucher noch Unsicherheit darüber, ob denn nun auch Öko drin ist, wo Öko draufsteht. Dafür soll ein bundesweites Ökoprüfzeichen mit roter und grüner Schrift auf weißem Grund werben. Beate Huber:

    Das Ökoprüfzeichen wird verliehen, wenn die Regeln des ökologischen Landbaus eingehalten werden. D.h. der Betrieb muß ökologisch bewirtschaftet werden, die Tierhaltung, und der Ackerbau - es heißt kein chemisch-synthetischen Spritzmittel, d.h. keinen Mineraldünger, d.h. nur ökologisches Saatgut. Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen. Auch eine jährliche Kontrolle, d.h. jeder Betrieb wird mindestens einmal im Jahr kontrolliert.

    Für die Kontrolle stehen bundesweit flächendeckend private Institute zur Verfügung. Ihre Zulassung müssen sie wiederum bei den entsprechenden staatlichen Stellen der Bundesländer beantragen. Insgesamt haben diese Institute jedoch so viele Kontrolleure, dass alle Aufgaben auch erfüllt werden können. Nach der Bioverordnung der EU ist geregelt, daß alle die Bioprodukte herstellen, sich solchen Kontrollen unterwerfen müssen. Der Biolandbetrieb Wulksfelde bei Hamburg und rund 70 weitere Handelsbetriebe führen im Moment das Ökozeichen, das die Unternehmen etwa ein Viertel Prozent des Umsatzes mit Bioprodukten kostet. Das Interesse ist beim Handel jedoch noch gering. Auch deshalb, weil die ökologische Produktion in Deutschland im Gegensatz zu den anderen europäischen Ländern noch immer eine Nische ist, die nur 2 Prozent der Gesamtagrarproduktion ausmacht. Der Preiskampf der Lebensmittelketten kann diese Entwicklung noch verstärken.