Samstag, 18. Mai 2024

Archiv


Preiskampf auf dem Markt für Biomilch

Die Milchbauern in Deutschland sind empört und wütend. Denn der Preis für Milch ist derzeit im Keller und es gibt viele Betriebe, die mittlerweile nicht mehr kostendeckend arbeiten und auf ihre Reserven zurückgreifen müssen - falls sie denn überhaupt noch Reserven haben. Das geht nicht nur den konventionell arbeitenden Milchproduzenten so, auch die Ökobauern klagen über zu niedrige Preise. Und wie ihre Kollegen gehen auch die Biomilch-Bauern auf die Straße oder organisierten, wie erst kürzlich geschehen, gar einen Milchstreik. Die Biomilch, eines der gefragtesten Öko-Produkte im Lebensmitteleinzelhandel überhaupt, ist in der Krise. Doch die Bauern wehren sich.

Von Isa-Maria Kuhn | 12.12.2003
    Der Stall von Angelika Reiman im südholsteinischen Herzogtum Lauenburg sieht aus wie ein konventioneller Laufstall. Er ist unterteilt in einen Fressbereich und Liegeboxen zum Wiederkäuen. Trotzdem wird dort Biomilch hergestellt. Der Hauptunterschied zur herkömmlichen Produktion sei das Futter, sagt die Milchbäuerin.

    Für mich steht in erster Linie eine gute Fütterung, eine artgerechte Fütterung. Sie allein bedeutet gesunde Tiere, unproblematische Geburten, gesunde Kälber. Des Weiteren finde ich wirklich elementar, die viele Milch, die ein Kalb bekommt, bis es letztendlich abgesetzt wird, die viele Vollmilch. Dass die Kälber oft und lange bei der Mutter stehen können, um dann letztendlich auch prachtvoll zu wachsen und gesund zu bleiben.

    Die Auflagen der Ökoanbauverbände bedeuten für die Milchviehhalter höhere Produktionskosten. Carola Ketelhodt, Geschäftsführerin von Bioland Schleswig-Holstein, Mecklenburg Vorpommern und Hamburg, beobachtet die Preissituation auf dem Ökomilchmarkt mit Sorge:

    Die Milchbauern machen sich große Sorgen, weil auf der einen Seite der Auszahlungspreis drastisch gesunken ist und parallel dazu in den letzen Jahren die Kosten gestiegen sind. Im Ökobereich ist nicht nur die allgemeine Kostenentwicklung schuld. Zusätzlich sind die Ökorichtlinien verschärft worden und zusätzlich haben unsere Landwirte die Auflage 100 Prozent "öko" zu füttern. Das ist natürlich ein Kostenfaktor. Bei diesem niedrigen Auszahlungspreis ist das eine angespannte Situation.

    Heinz-Harald Elfenkämper aus dem schleswig-holsteinischen Hamfelde ist seit 1986 Ökobauer. Von seiner Meierei in Trittau hat er bislang über 40 Cent pro Kilogramm Milch bekommen. Im Sommer ist der Auszahlungspreis auch für ihn auf 34,5 Cent abgesenkt worden, erzählt Elfenkämper verbittert:

    Der Ursprungspreis, den wir mit der Meierei ausgehandelt haben, der lag bei 41,5 Cent. Das war ein Preis, mit dem wir zurecht gekommen sind, ohne Eigenkapitalverluste hinnehmen zu müssen. Diese Preissenkung ist eine Situation, die wir nicht akzeptieren können, und wir wissen auch noch nicht, ob wir das so hinnehmen wollen.

    Der 48jährige und seine Berufskollegen wollen erneut an den Verhandlungs-Tisch zurückkehren. Aber die Geschäftsführung der einzigen Meierei-Genossenschaft in Schleswig-Holstein, die auch Ökomilch verarbeitet, macht den Betrieben keine Hoffnung. Zur Zeit gäbe es zu viel Milch. Zudem übt der Handel Druck auf die Meiereien aus. In Nordrhein-Westfahlen, Niedersachsen und Bayern hat der niedrige Auszahlungspreis kürzlich über 500 Bio-Milchbauern auf den Plan gerufen. Sie haben ein Wochenende lang gestreikt und ihre Lieferungen ausgesetzt, erinnert sich Karola Ketelhodt:

    Ich denke, es hat eine große Wirkung gezeigt. Es war ein Warnstreik und hat dazu geführt, dass es inzwischen eine große Solidarität zwischen den Milchliefergemeinschaften gibt, dass sie beschlossen haben, sich vor Preisbeschlüssen zu besprechen, den Markt im Auge zu behalten und sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen.

    Einer profitiert vom Preiskampf der Meiereien und Handelsketten: der Verbraucher. In zahlreichen Discountgeschäften zahlt man heute für den Liter Ökomilch weniger als einen Euro. Somit bekommen die Verbraucher die Ökomilch nun fast zum Preis der konventionellen Variante.