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Premiere im All mit glücklichem Ausgang

Am 16. März 1966 unternahmen die Astronauten Neil Armstrong und Dave Scott an Bord der Raumkapsel Gemini 8 das erste Andockmanöver im Weltraum. Doch die Aktion lief nicht so problemlos wie geplant, als kurz danach die Kombination aus Raketenstufe und Geminikapsel in heftige Taumelbewegungen geriet. Schließlich gelang die Trennung, und die Astronauten landeten glücklich im Pazifik.

Von Mathias Schulenburg | 16.03.2006
    "Armstrong muss ein Mann sein, für den die Todesfurcht fast so etwas war wie die Atemluft. Beweise dafür lassen sich in dem völligen Mangel an Emotion finden, den Armstrong an den Tag legte, als er mit dem seinerzeit schlimmsten Versagen eines Raumschiffes konfrontiert worden war."

    Dies bemerkte bewundernd der amerikanische Schriftsteller Norman Mailer, der das Mondlandeunternehmen für das Buch "Auf dem Mond ein Feuer" begleitet hatte.

    Armstrong, der der erste Mensch auf dem Mond werden sollte, sah es so:

    "Wir hatten ein Gefühl, das Dave später als "konstruktive Angst " bezeichnete. Es war uns klar, dass eine ernsthafte Notlage eingetreten war. [Aber] wir haben nicht ein einziges Mal daran gezweifelt, dass wir auch in diesem Fall eine Lösung finden würden. Aber es musste schnell gehen."

    "Dave ", das war Dave Scott, Armstrongs Begleiter.

    Das Mondlandeunternehmen Apollo war unter anderem darauf angewiesen, dass Raumfahrzeuge in einer Erd-, aber auch Mondumlaufbahn sicher aneinander gekoppelt und getrennt werden konnten, und das war noch nie erprobt worden.

    Am 16. März 1966 war es so weit. Um 10 Uhr Ortszeit startete vom Kennedy Spaceflight Center eine Atlas Agena-Rakete, die als Zielfahrzeug für die 1 Stunde und 41 Minuten später startende Gemini-Kapsel mit Armstrong und Scott an Bord ausgerüstet worden war.

    Mit Hilfe eines Radargeräts machten sich die Männer in einem elliptischen Orbit zwischen 160 und 272 Kilometern Höhe an die Verfolgung der 2000 Kilometer vor ihnen schwebenden Agena.

    Die Ankopplung klappte reibungslos, sechseinhalb Stunden nach dem Start. Eine knappe halbe Stunde danach allerdings wendete sich das Schicksal. Scott leitete eine Kurskorrektur ein und bemerkte, dass der Verbund Gemini-Kapsel und Agena-Raketenteil nicht wie erwartet reagierte. Statt dessen begann die Konstruktion zu taumeln, immer schneller. Armstrong sagte später:

    "Obwohl wir darüber nichts Genaues wussten, hatten wir doch Angst wegen der Belastungen, und dass sie vielleicht gefährlich stark werden könnten - dass dann die beiden Raumschiffe auseinander brechen würden."

    Scott und Armstrong hatten vermutet, dass das Agena-Raketenteil für die Fehlfunktion verantwortlich war, aber:

    "Nach der Trennung reagierte die Gemini-Kapsel überhaupt nicht mehr auf die Steuerung und rotierte noch schneller als zuvor - die Sonne blitzte etwa einmal pro Sekunde durch das Fenster."

    Armstrong und Scott entschlossen sich, die regulären Steuersysteme außer Betrieb zu setzen und stattdessen die Triebwerke des Steuersystems für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre einzuschalten. Das bedeutete den Abbruch des Unternehmens, war aber auch die einzig richtige Entscheidung. Denn wie sich herausstellte, hatte sich das Triebwerk Nummer 8 der Gemini-Kapsel ohne Kommando eingeschaltet und die Kapsel zum Taumeln gebracht.

    Um 10:23 Ortszeit setzte die Kapsel, an einem riesigen Fallschirm gleitend, im westlichen Pazifik auf. Es war eine ziemlich raue See und es dauerte fast eine dreiviertel Stunde, bis die dafür trainierten Froschmänner der Navy der Gemini-8-Kapsel einen stabilisierenden Kragen, eine Art Riesenrettungsring, umgelegt hatten.

    Den Tauchern wurde übel dabei, den in der tanzenden Kapsel hockenden Astronauten erst recht. Als sie schließlich an Deck des Zerstörers Leonard Mason gehievt worden waren, brachten Armstrong und Scott noch ein Lächeln für die an Deck angetretene Besatzung auf und verschwanden schleunigst im Krankenrevier. Das erste Andockmanöver im Weltraum am 16. März 1966 hatte ein glückliches, wenn auch kodderiges Ende genommen.