Regierungskrise in Frankreich
Premierminister Bayrou stellt Vertrauensfrage im Streit um Haushalt - Abwahl der Regierung erwartet

In Frankreich stellt Premierminister Bayrou am Nachmittag in der Nationalversammlung der Vertrauensfrage. Es wird mit der Abwahl der Regierung gerechnet, da alle Oppositionsparteien angekündigt haben, Bayrou die Zustimmung zu verweigern.

    Frankreichs Premierminister Francois Bayrou trägt einen langen Daunenanorak und guckt in die Kamera.
    Das Misstrauensvotum im Januar hatte Francois Bayrou überstanden, doch nun droht das Aus der Regierung. (picture alliance / Anadolu / Mustafa Yalcin)
    Der Zentrumspolitiker hatte die Vertrauensfrage überraschend angekündigt, um nach eigenen Worten Unterstützung für die geplanten Einsparungen von rund 44 Milliarden Euro im Haushalt zu gewinnen. Bayrous Minderheitsregierung will darüber hinaus zwei Feiertage streichen und Sozialleistungen im kommenden Jahr nicht anheben.
    Nach Einschätzung des Literaturwissenschaftlers Jürgen Ritte geht der Sparplan der Regierung zulasten niedriger und mittlerer Einkommen, nicht aber zulasten hoher Einkommen. Bayrou sei nicht bereit gewesen, Änderungen an seinem Sparpaket vorzunehmen, sagte Ritte im Deutschlandfunk (Audiolink). Der Premierminister, der ausgerufen habe, er sehe sich im Parlament einer Koalition der Verantwortungslosen gegenüber, handle damit selbst verantwortungslos.

    "Handlungsunfähiges Frankreich spielt Putin und Trump in die Hände"

    "Die Idee des Kompromisses ist in Frankreich nicht so vorhanden, dass man es einsieht, sich in der Mitte zusammenzuraufen", sagte Ritte, der an der Pariser Sorbonne lehrt. Der Professor betonte, ein handlungsunfähiges Frankreich spiele Russlands Präsident Putin und US-Präsident Trump in die Hände - "also all denen, die etwas gegen unsere Werteordnung und überhaupt unsere demokratische und politische Ordnung in Europa haben".
    Sollte Bayrou die Vertrauensfrage - wie erwartet - verlieren, bleibt die Regierung zunächst geschäftsführend im Amt, bis Macron einen neuen Premierminister ernennt. Bayrous Vorgänger, Barnier, war im vergangenen Dezember nach nur drei Monaten im Amt ebenfalls im Streit über Sparmaßnahmen von der Opposition gestürzt worden. Frankreich ist nach Griechenland und Italien das Land im Euroraum mit der höchsten Schuldenquote.
    Diese Nachricht wurde am 08.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.