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Presseausweis
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Ein Presseausweis ist leicht zu bekommen. Viele geben sich damit fälschlicherweise als Journalist aus, um in den Genuss von Privilegien zu kommen. Die Bundesländer erwägen deshalb, wieder "amtliche" Presseausweise einzuführen, damit nicht zuletzt Polizisten auf einen Blick echte von falschen Journalisten unterscheiden können.

Von Daniel Bouhs | 29.03.2014
    Presseausweise der Jahre 2007 und 2008 liegen auf einer Zeitung
    Presseausweise: Bis 2007 trugen sie das amtliche Siegel der Innenministerkonferenz (IMK) (dpa/picture alliance/Federico Gambarini)
    Zum Beispiel das Hamburger Schanzenviertel. Hier knallt es immer wieder, denn viele Anwohner wollen nicht zusehen, wie aus ihrem ruppigen Kiez ein Areal allein für Gutbetuchte wird. Sie stellen sich dagegen, Ausschreitungen inklusive. Wenn dann die Polizei durchgreift, geraten auch Reporter schon mal ins Visier. Isabella David kennt das.
    "Die können das teilweise gar nicht unterscheiden. Die denken dann halt, na ja, ich bin irgendwie auch Demonstrantin, weil natürlich auch viele Demonstranten mit der Kamera herumlaufen. Wenn ich dann nichts vorzeigen kann, dann kann ich noch so viel diskutieren mit meiner Visitenkarte und sonst was - die sagen: Für die ist ein Journalist der, der den Presseausweis hat."
    Kein geschütztes Dokument
    Den hat auch die Studentin David nach einiger Überzeugungsarbeit bekommen. Sie betreibt das Online-Portal "Hamburg Mittendrin", das über die Entwicklung in den zentralen Vierteln der Hansestadt berichtet. Auch sie genießt nun also Privilegien und darf in der Regel hinter Absperrungen, theoretisch zumindest. Denn das alltägliche Instrument von Journalisten verliert langsam aber sicher an Renommee.
    "Der Begriff 'Presseausweis' ist nicht geschützt, so wie auch die Berufsbezeichnung 'Journalist' nicht geschützt ist. Also jeder kann eine Karte sich drucken und darauf schreiben: 'Presseausweis',"
    erklärt Hendrik Zörner vom Deutschen Journalisten-Verband. Zusammen mit Ver.di schlägt er Alarm, denn ihre Ausweise sind heute streng genommen genauso viel wert wie die, die jedermann bei Anbietern im Netz kaufen kann. Eine Gruppe bereitet ihnen vor allem Sorge: Rechtsextreme, die sich vermehrt als Journalisten ausgeben.
    "Zum einen, um selbst zu erfahren, welchen Einsatzplan die Polizei hat. Das können sie als getarnte Journalisten im Grunde relativ einfach in Erfahrung bringen. Zum anderen aber auch - und da hört dann der Spaß auf - um Journalisten zu bedrohen, die kritisch über die Demonstrationen und Kundgebungen von Faschisten berichten wollen."
    Wer soll den Länder-Ausweis bekommen?
    Hinter den Kulissen sind inzwischen auch die Länder aktiv geworden. Das Thema "amtlicher Presseausweis" steht auf der Agenda ihrer Innenministerkonferenz - mit Rückhalt der Großen Koalition in Berlin. Bereits in den kommenden Wochen sollen Gespräche mit den Verbänden geführt werden, um das Problem zu lösen.
    So könnten bald die etwa 80.000 Presseausweise, die die etablierten Verbände pro Jahr ausgeben, von den Ländern anerkannt werden - so wie das noch bis vor sieben Jahren der Fall war. Damals stieg die Politik allerdings aus der Vereinbarung aus: Es hatten einfach zu viele Verbände darum gestritten, die Karten ausgeben zu dürfen.
    Sollte es hier zu einer Einigung kommen, könnten sich viele Journalisten auch wieder zweifelsfrei als solche ausweisen - andere wiederum nicht. Wer aber soll überhaupt einen Ausweis bekommen, der die begehrte Signatur der Innenminister trägt?
    Forderung nach neuen Kriterien
    "Die Hauptberuflichkeit von Journalisten muss das entscheidende Kriterium sein, mit dem unterschieden werden kann zwischen Amateuren und sensationsgierigen Bürgern auf der einen Seite und Journalisten, die von ihrer Tätigkeit leben auf der anderen Seite,"
    fordert der Sprecher des Journalistenverbandes. Die Flut der Anträge müsse schließlich noch zu bewältigen sein - und frei von willkürlichen Entscheidungen. Gleichzeitig boomt im Netz aber auch Journalismus auf eigene Faust - Publizieren war immer noch nie so einfach wie heute. Isabella David etwa hat mit "Hamburg Mittendrin" einfach losgelegt. Von den Verbänden wünscht sie sich neue Kriterien.
    "Mir scheint, da sitzt nur jemand: Ne, nicht über 50 Prozent - geschreddert. So und das kann eigentlich nicht sein, denn das trifft heutzutage nicht mehr zu, wenn es denn jemals so zugetroffen hat. Da muss man sich eben wirklich mit beschäftigen, was derjenige für Inhalte produziert."