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Pressefreiheit auf Frankfurter Buchmesse
Gewerkschaft: Polizei hat Journalisten behindert

Die Gewerkschaft Verdi wirft der Polizei in Frankfurt vor, die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit eingeschränkt zu haben. Sie soll einen Journalisten auf der Buchmesse daran gehindert haben, den rechten Verleger Götz Kubitschek zu fotografieren. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück.

Von Ludger Fittkau | 23.10.2019
Der rechte Publizist Götz Kubitschek auf der Frankfurter Buchmesse. Demonstranten verhinderten am Samstag die Fortsetzung der Veranstaltung eines rechten Verlages auf der Buchmesse.
Der rechte Publizist Götz Kubitschek (r) auf der Frankfurter Buchmesse. (picture alliance / Frank Rumpenhorst/ dpa)
Manfred Moos ist Landesfachbereichsleiter Hessen der Gewerkschaft Verdi. Zu seinem Aufgabenfeld gehört auch die Vertretung von Journalistinnen und und Journalisten, die bei Verdi organisiert sind. Manfred Moos ist davon überzeugt, dass die Polizei Frankfurt am Main bei der zurückliegenden Buchmesse die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit nicht durchgesetzt hat. Es geht um einen Fotografen, der an einem Messestand den bekannten rechtsextremen Verleger Götz Kubitscheck fotografieren wollte und von Polizisten daran gehindert wurde. Manfred Moos:
"Wir werten dies als Behinderung journalistischer Arbeit und finden auch, dass die Polizeiführung hier entsprechende dienstrechtliche Konsequenzen ziehen muss. Es kann nicht sein, dass die Polizei darüber bestimmt, wie Journalistinnen und Journalisten ihre Arbeit zu machen haben."
Moos: Polizei hat Nacharbeit in Sachen Presserecht nötig
Die Frankfurter Polizeiführung sieht das anders. Ein Interview wollte sie dem Deutschlandfunk zu dem Vorfall auf der Buchmesse nicht geben. Schriftlich teilte man mit, man habe lediglich einen Streit schlichten und den Fotografen zur Wahrung räumlicher Distanz auffordern müssen:
"Der zentral gegen die Polizei erhobene Vorwurf lautet, die Pressefreiheit eingeschränkt zu haben. Diesen Vorwurf weisen wir zurück. Auf der oben beschriebenen Grundlage erfolgte demnach lediglich eine Einschränkung in der Art und Weise der Ausübung der Pressefreiheit. Es ging also um das Distanzverhalten des Pressevertreters und nicht um die Pressefreiheit, die jederzeit gegeben war."
Manfred Moos reicht diese Erklärung der Frankfurter Polizei nicht. Der Gewerkschafter argumentiert, dass gerade Fotografen die Nähe auch zu umstrittenen Personen des öffentlichen Lebens brauchen, um ihre Arbeit professionell ausüben zu können. Diese Nähe hätte die Polizei garantieren müssen, so Moos:
"Vermutlich gibt es gravierende Mängel in Sachen Presse- und Urheberrecht bei den Polizeibeamtinnen und Beamten und wir glauben, dass hier dringend eine Nacharbeit stattfinden muss, um diese Probleme zu beheben."
Bisher keine Anzeige gegen Kubitschek eingegangen
Götz Kubitscheck drückt in einem von ihm produzierten Video seine Verachtung über die Buchmesse aus; "Mir hat es die Stimme nicht verschlagen, weil wir hier in einer Scheiß-Sackgasse sitzen, sondern weil es einfach nichts zu sagen gibt zu dieser Ausstellung".
Zu weiteren Filmbildern, die im Internet kursieren, ist zu hören, wie er später einen Journalisten als "Schmeißfliege" und "Made" beschimpft. Die Vorgeschichte dieser Aggression bleibt unklar. Die Polizei argumentiert, sie sei wegen eines lautstarken Streits gerufen worden und hätte die Beteiligten auseinandergehalten.
Weder der Fotograf noch die umstehenden Zeugen hätten bisher Anzeige erstattet: "Durch die Beteiligten wurde vor Ort keine Strafanzeige erstattet. Erforderliche Strafanträge etwa wegen möglicher Beleidigungen gingen bislang auch nicht bei uns ein."
Neues Sicherheitskonzept für rechte Verlage
Die Frankfurter Buchmesse betrachtet trotz dieses Zwischenfalls ihr seit zwei Jahren praktiziertes Sicherheitskonzept auf der größten Medienausstellung der Welt als gelungen. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Gerangel rund um die Messestände rechtsextremer Verlage gegeben.
Der Rechtspopulist Götz Kubitschek steht am 16.10.2016 auf dem Theaterplatz in Dresden.
Im Mittelpunkt des Interesses: der rechte Verleger Götz Kubitschek. Laut Frankfurter Polizei habe man lediglich einen Streit schlichten wollen (dpa / picture alliance / Oliver Killig)
Die Buchmesse teilt dem Deutschlandfunk schriftlich mit, welche Konsequenzen aus verschiedenen aggressiven Situationen in den vergangenen Jahren gezogen wurden. So wurden die rechten Verlage nun gesondert platziert:
"Aufgrund vergangener Zwischenfälle im Umfeld einiger rechten Verlage haben wir uns – wie bereits im Vorjahr – für eine besondere Platzierung dieser Verlage entschieden. Diese Platzierung sollte ein schnelles Einschreiten der Polizei sowie einen Sicherheitsabstand zu unbeteiligten Verlagen bei etwaigen Zusammenstößen politischer Gegner gewährleisten. Insgesamt konnte dadurch das Risiko von Zwischenfällen reduziert werden, bei denen unbeteiligte Besucherinnen und Besucher und benachbarte Aussteller unweigerlich in Mitleidenschaft gezogen worden wären, weil wir uns eben in einer Messesituation befinden. Dieses Sicherheitskonzept, das auch eine permanente Präsenz von Polizeikräften vor Ort vorsieht, ist auch im zweiten Jahr voll aufgegangen."
Verdi-Gewerkschafter Manfred Moos bleibt dabei: Die Polizei habe sich im Fall Kubitschek bei der diesjährigen Buchmesse grundgesetzwidrig verhalten: "Herr Kubitschek als bekannter Neu-Rechter hat versucht, mithilfe der Polizei zu verhindern, dass von ihm Portraitaufnahmen gemacht werden. Er ist eine Person des öffentlichen Lebens. Insofern muss er es hinnehmen, dass er bei öffentlichen Veranstaltungen auch fotografisch portraitiert wird. Und die Polizei hat die Aufgabe, das Recht der Pressefreiheit in solchen Fällen zugunsten der Journalistinnen und Journalisten durchzusetzen."