"Wir sind eines der gefährlichsten Länder der Welt für Journalisten. Bis zum heutigen Tag sind in den letzten Jahren 70 Journalisten ums Leben gekommen, nur vier Fälle wurden aufgeklärt, das heißt 90 Prozent der Täter gehen straffrei aus. Viele Journalisten erhalten Drohungen, wenn sie etwa Korruption in den örtlichen Behörden aufdecken. Sie müssen einen Weg finden, sich selbst zu schützen, und leider führt das oft zur Selbstzensur. Das alles ist ein klarer Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung."
Erzählt Tomy Morales, Journalistin und Menschenrechtsaktivistin aus Honduras. Sie schreibt für mehrere unabhängige Medien und Blogs, etwa für das Internetmagazin "Pasos de Animal Grande", auf deutsch etwa: "Schritte des großen Tieres". Morales war bereits einmal für drei Monate in einem Schutzprogramm in den Niederlanden und wurde in diesem Sommer an der Uni in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa verhaftet, zusammen mit einem Dutzend Studenten, die für die Einhaltung der Menschenrechte demonstrierten. Nun ist sie für einige Monate in Deutschland. Zwar wurde vor zwei Jahren von der honduranischen Regierung ein Schutzprogramm für Journalisten aufgelegt, das blieb aber weitgehend wirkungslos.
Oft bleibt unabhängigen Journalisten nur das Exil
Morales betont immer wieder, dass Politik und Wirtschaft eng verstrickt sind mit der Drogenkriminalität - das führe oft zu einer Art "Dafür oder dagegen"-Mentalität, selbst unter Journalisten und Medienmachern:
"Der Journalismus in Honduras teilt sich auf in zwei klar definierte Gruppen: eine Gruppe stützt die jeweilige Regierung und bekommt zum Dank Werbeaufträge – ein Großteil der Bevölkerung nutzt nur diese Medien, also Zeitungen, Radio- und Fernsehsender. Auf der anderen Seite sind die unabhängigen Medien, die keinerlei Werbung oder Unterstützung erhalten. Diese Redaktionen bringen eine deutliche ausgewogenere Berichterstattung, etwa wenn es um Korruption oder Veruntreuung von Geldern geht. Die Journalisten, die für diese Medien arbeiten, werden bedroht und ihnen bleibt dann oft nur das Exil, aber das ist auch ein Problem. Denn wohin sollen sie gehen, wovon sollen sie leben? Sie haben oft ja auch noch ihre Familien in Honduras, und müssen dann sehen, irgendwo Arbeit zu finden."
Korrupte Politiker kontrollieren Medienhäuser
Seit dem letzten Staatsstreich von 2009 ist die Situation der Journalisten in Honduras noch einmal schlimmer geworden, bestätigt Christoph Dreyer von "Reporter ohne Grenzen". Das liege auch an der weitverbreiteten Korruption, da störe jeder Medienbericht nur:
"Es ist natürlich ein Problem, wenn dieselben Leute, die politisch das Sagen haben, in vielen Fällen auch verstrickt sind mit der organisierten Kriminalität, wenn die auch wirtschaftlich das Sagen haben, und letztlich auch die großen Medienhäuser kontrollieren. Es gibt auch die gemeinnützigen Medien in vielen Ländern Lateinamerikas, in Honduras auch, aber die spielen natürlich auf der großen nationalen Bühne eine ganz untergeordnete Rolle in der Wahrnehmung."
Oft verbreiten sich unabhängige Informationen via facebook, Blogs oder WhatsApp. Das reiche aber nicht aus, sagt Tomy Morales. Sie erzählt als Beispiel, dass eine Ermittlung gegen hohe Staatsbeamte erst dann eröffnet werde, wenn die "New York Times" berichte oder andere große internationale Medien – denn das Image im Ausland sei der Regierung durchaus wichtig.
"Wir sind in einer ziemlich großen Krise"
Diese Berichte haben die derzeitige Regierung jedoch nicht von Wahlfälschungen abgehalten, stellt Morales fest. Derzeit sei die Lage in Honduras chaotisch – der amtierende Präsident Hernandéz hat sich zum Sieger erklärt, obwohl ernsthafte Zweifel am ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen bestehen.
"Es gibt sogar Beweise, dass sie Stimmzettel weggeworfen haben, wir sind also in einer ziemlich großen Krise, es gibt Experten, die sogar von einem zweiten Staatsstreich sprechen. Wir machen dagegen so gut wie möglich unsere Arbeit, es gibt ja noch mutigen Journalismus, der die Menschen in den Straßen erreicht, es gibt durchaus Frauen und Männer, die noch immer ihre Prinzipien aufrecht erhalten, und herausbekommen wollen, was passiert. Daher habe ich noch Hoffnung für den Journalismus in Honduras."