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Presseschau
"Maliki macht alles falsch"

Die Kommentatoren der Zeitungen beschäftigen sich heute unter anderem mit der Terrorgruppe Isis im Irak. Die algerische Zeitung "L'Expression" gibt Ministerpräsident Maliki eine Mitschuld an der Entwicklung, weil er die Sunniten im Irak marginalisiert habe. "Clarin" aus Argentinien sieht neben der Religion noch ein anderes Motiv der Isis-Kämpfer.

22.06.2014
    Nuri al-Maliki im Gespräch mit US-Präsident Barack Obama.
    Der irakische Präsident Nuri al-Maliki hat US-Präsident Barack Obama um militärische Unterstützung gebeten. (dpa / Olivier Douliery)
    Über den Irak schreibt die algerische Zeitung L'EXPRESSION:
    "Wer mit dem Feuer spielt, kann sich die Finger verbrennen. So geschieht es dem irakischen Ministerpräsidenten Al-Maliki, der sich für allmächtig hält. Er glaubt, er könne tun, was er will, und macht dabei alles falsch. Auf diese Weise hat er die Einheit des Iraks einer großen Gefahr ausgesetzt. Indem er die Sunniten und andere religiöse Minderheiten im Irak marginalisierte, legte er die Grundlage für die Revolte, welche die radikalen Islamisten der ISIS jetzt ausnutzen. Neben diesen innenpolitischen Gründen gibt es aber auch noch die direkte und die indirekte Einflussnahme von Katar und Saudi-Arabien. - Letztlich entspringt alles dem Willen der USA, die Region neu zu ordnen. Saudi-Arabien, Katar und die Türkei treten bei dieser Restrukturierung als Subunternehmer für den Fall Irak auf",
    kommentiert die Zeitung L'EXPRESSION aus Algier.
    Die WELT AM SONNTAG sieht es so:
    "Dass sich im Irak ein islamistisches Terrorregime ausbreitet, gegen das selbst die Taliban gemäßigt wirken, kann dem Westen nicht egal sein. Doch das Weiße Haus zögert. Die Omnipotenz-Fantasien von gestern sind einem lähmenden Gefühl globaler Ohnmacht gewichen. Was Washington jetzt braucht, ist eine tabulose Bilanz der jüngsten und jüngeren Zeit. Das haben nicht zuletzt die Soldaten verdient, die mit ihren Zweifeln immer allein fertig werden mussten",
    betont die WELT AM SONNTAG.
    LE MONDE aus Paris verteidigt das Vorgehen der USA:
    "Zurückhaltung und Umsicht: Barack Obama hat auf seine Art auf die islamistische Offensive reagiert. Er sichert der Regierung in Bagdad Unterstützung zu, aber in kleinen Schritten. Zugleich wahrt er Distanz zu Ministerpräsident Al-Maliki. Damit hat Obama Recht - und seine politischen Gegner, die ihn für die Situation im Irak verantwortlich machen, irren sich entweder, oder sie äußern sich wider besseres Wissen",
    meint LE MONDE aus Frankreich.
    Die Zeitung CLARIN aus Argentinien gibt zu bedenken:
    "Wer den blutigen Konflikt im Irak nur auf die Religion reduziert, der übersieht, dass es sich bei ISIS um ein Söldnerheer handelt. Einige Mitglieder rekrutiert sie durch ihren ideologischen Extremismus, aber die große Mehrheit durch ihre Gehälter. Und man darf auch nicht vergessen, dass diese Organisation nicht nur ultra-religiös ist, sondern auch deutlich faschistische Züge trägt",
    heißt es in CLARIN aus Buenos Aires.
    Die Zeitung ARAB NEWS aus Saudi-Arabien wirft der internationalen Öffentlichkeit vor, den sunnitischen Aufstand im Irak zu dämonisieren:
    "Die Berichterstattung ist in weiten Teilen tendenziös. Bei ISIS handelt es sich zweifellos um eine Al-Kaida-nahe Terrorgruppe, die sich gegen die Einheit, die Stabilität und die Sicherheit des Irak richtet. Aber man muss auch sehen, dass Ministerpräsident al-Maliki ein großes Interesse daran hat, jede Art von Opposition zu eliminieren. Und was wäre da besser geeignet, um internationale Unterstützung zu erreichen, als den Volksaufstand gegen seine ungerechte und spaltende Politik mit dem Terrorismus gleichzusetzen? Auf der anderen Seite gilt aber auch: Wenn regionale Mächte die ISIS für den Retter der Sunniten halten, sollten sie das überdenken. Kräfte wie diese sind niemals konstruktiv, und man kann ihnen niemals vertrauen",
    unterstreichen die ARAB NEWS aus Dschidda.
    Die dänische Zeitung POLITIKEN ist überzeugt:
    "Nur der Iran und Saudi-Arabien können zu einer Lösung beitragen. Al-Maliki hat die USA zwar um Luftangriffe gebeten, in Wirklichkeit können diese jedoch nicht viel bewirken. Einer politischen Lösung durch eine Zusammenarbeit zwischen dem Iran und Saudi-Arabien stehen allerdings viele Hindernisse im Weg, und die große Frage ist, ob die gemeinsamen Interessen am Ende ausreichen, um die Gegensätze zu überbrücken",
    erläutert POLITIKEN aus Kopenhagen.
    Thema in der britischen SUNDAY TIMES sind die Verhandlungen über die Vergabe der Spitzenposten in der EU infolge der Europawahl:
    "Wenn keine dramatische Wende eintritt, wird der frühere Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker von den EU-Regierenden zum neuen Präsidenten der EU-Kommission gekürt. Die britische Regierung hat ihre Niederlage eingestanden und gesagt, dass die Chancen, Juncker zu stoppen, etwa so groß seien wie die Chancen für einen Sieg Großbritanniens bei der Fußballweltmeisterschaft. Premier Cameron wird sicherlich sagen, der Kampf sei es wert gewesen, auch wenn er in einer Niederlage endete. Das ist richtig",
    kommentiert THE SUNDAY TIMES aus London.
    DER TAGESSPIEGEL aus Berlin setzt sich damit auseinander, dass auch europäische Sozialdemokraten für Juncker sind:
    "Jetzt muss es Juncker werden, weil in diesem Fall Taktik und Strategie geradezu fließend ineinander übergehen. Niemand soll, so lautet die Taktik, die Sozialdemokraten in der Demonstration ihrer Verlässlichkeit übertreffen; und niemand soll, das ist die Strategie, die gemeinsame der linken Europäer, übersehen, wie schwer sich die Konservativen tun, zu ihrem gegebenen Wort zu stehen. Das schwächt auch deren Renommee für kommende nationale Wahlen in allen Ländern, besonders aber – was beileibe kein Nebeneffekt ist – soll es in Deutschland nachhaltig auf die Öffentlichkeit wirken. Wo Merkel regiert und regiert und regiert."
    So weit DER TAGESSPIEGEL.
    Kommentare zum EU-Postenpoker
    Thema in der britischen SUNDAY TIMES sind die Verhandlungen über die Vergabe der Spitzenposten in der EU infolge der Europawahl:
    "Wenn keine dramatische Wende eintritt, wird der frühere Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker von den EU-Regierenden zum neuen Präsidenten der EU-Kommission gekürt. Die britische Regierung hat ihre Niederlage eingestanden und gesagt, dass die Chancen, Juncker zu stoppen, etwa so groß seien wie die Chancen für einen Sieg Großbritanniens bei der Fußballweltmeisterschaft. Premier Cameron wird sicherlich sagen, der Kampf sei es wert gewesen, auch wenn er in einer Niederlage endete. Das ist richtig",
    kommentiert THE SUNDAY TIMES aus London.
    DER TAGESSPIEGEL aus Berlin setzt sich damit auseinander, dass auch europäische Sozialdemokraten für Juncker sind:
    "Jetzt muss es Juncker werden, weil in diesem Fall Taktik und Strategie geradezu fließend ineinander übergehen. Niemand soll, so lautet die Taktik, die Sozialdemokraten in der Demonstration ihrer Verlässlichkeit übertreffen; und niemand soll, das ist die Strategie, die gemeinsame der linken Europäer, übersehen, wie schwer sich die Konservativen tun, zu ihrem gegebenen Wort zu stehen. Das schwächt auch deren Renommee für kommende nationale Wahlen in allen Ländern, besonders aber – was beileibe kein Nebeneffekt ist – soll es in Deutschland nachhaltig auf die Öffentlichkeit wirken. Wo Merkel regiert und regiert und regiert."
    So weit DER TAGESSPIEGEL.