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Presseschau
Merkels "Abrechnung mit dem System Putin"

Mit scharfen Warnungen vor einem Flächenbrand ist Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Konfrontationskurs zum russischen Präsidenten Wladimir Putin gegangen. Das kommentieren auch die deutschen Zeitungen.

    Auf einem Tisch liegen deutsche Tageszeitungen so versetzt, dass jeweils nur der Titel zu lesen ist, ganz vorne "Die Welt", "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und "Süddeutsche Zeitung"
    Kommentare aus deutschen Tageszeitungen (dpa / Jan Woitas)
    Merkel hat nach dem G20-Gipfel zum Thema Russland deutliche Worte gewählt - ungewöhnlich deutliche Worte, findet die LANDESZEITUNG aus Lüneburg:
    "Der Frust bei Merkel muss tief sitzen, wenn sich die sonst so Zurückhaltende hinreißen lässt zu einer Brandrede wie in Sydney. Viele Anläufe hat Merkel in der Ukraine-Krise schon genommen mit viel zu wenig greifbaren Ergebnissen. Merkel scheint in Sachen Putin mit ihrem Latein - und ihrer Geduld - am Ende. Deswegen wohl ihre deutliche Warnung vor einem 'Flächenbrand', der ihrer Auffassung nach neben anderen Ex-Sowjetrepubliken sogar die Putin-Versteher auf dem Balkan erreichen könnte."
    Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen beurteilt die Rede als eine "Abrechnung mit dem System Putin":
    "Merkel äußert nichts weniger als die Sorge, Russland verfalle wieder in Denkmuster überwunden geglaubter sowjetischer Prägung. Das ist deshalb bemerkenswert, weil im Konzert des Westens gerade die Deutschen nach Mäßigung gerufen haben."
    Die NEUE PRESSE aus Hannover macht sich Gedanken über mögliche Reaktionen aus Moskau:
    "Der russische Präsident scheint für rationale Argumente nicht mehr empfänglich. Kompromisse sieht er offenbar als Zeichen der Schwäche. Noch verweigert sich Putin nicht vollends der Diplomatie, aber er ignoriert das, was dabei erreicht wurde. Diesem Zynismus kann der Westen nur mit Geschlossenheit begegnen. Die Sanktionen zeigen bereits Wirkungen. Sie sollten noch verschärft werden. Denn wer nicht hören will, muss fühlen."
    Das STRAUBINGER TAGBLATT sieht da geringe Chancen auf Erfolg:
    "Wladimir Putin dreht nicht bei. Er hat sich mit seiner Politik der kontinuierlichen Destabilisierung derart weit ins Abseits gestellt, dass der Konflikt mit den Mitteln der Diplomatie alleine kaum noch zu lösen ist und der Westen den Druck auf ihn weiter erhöhen muss - auch auf die Gefahr hin, dass neue, schärfere Sanktionen einer exportstarken Wirtschaft wie der deutschen besonders schaden."
    Die STUTTGARTER ZEITUNG argumentiert:
    "Solange sich die westliche Welt an ihre Erklärung hält, den Krieg in der Ukraine nicht mit militärischen Mitteln zu beeinflussen, so lange hat Putin einen taktischen Vorteil. Kurzfristig gesehen ist sein Druckpotenzial höher als das des Westens. Es braucht also eine andere Taktik."