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Presseschau
"Schwerer Schlag für Sarkozy"

Ein harter Schlag für den Ex-Präsidenten? Oder gar eine Verschwörung? Und womöglich das Aus für sein politisches Comeback? In den internationalen Zeitungen wird lebhaft kommentiert, dass die französische Justiz Nicolas Sarkozy in Gewahrsam nahm und nun die Staatsanwaltschaft ermittelt.

02.07.2014
    Nicolas Sarkozy telefoniert mit einem Handy.
    Nicolas Sarkozy: von 2007 bis 2012 französischer Staatspräsident. (dpa/maxppp/ncy)
    "Das ist wieder ein harter Schlag für Nicolas Sarkozy",

    schreibt die französische Zeitung LE MONDE.

    "Es ist der neueste in einer langen Reihe, seit er den Elysée-Palast verlassen hat. Der Präsident wurde in Polizeigewahrsam genommen, und die symbolische Bedeutung ist groß: Es ist das erste Mal, dass dies einem früheren Präsidenten widerfährt. Abermals findet sich Sarkozy in der Defensive wieder und wird durch eine Affäre in Frage gestellt. Die Häufung der Affären mag zwar bei einem großen Teil seiner Parteifreunde reflexartig für solidarische Reaktionen sorgen, bei den Wählern des rechten Lagers trägt das Ganze eher dazu bei, dass ihr Vertrauen in ihn bröckelt. Um Sarkozy herum entsteht ein Klima der Unsicherheit",

    findet LE MONDE aus Paris.

    THE TIMES aus London hält es nicht für absurd, dass Sarkozys Parteifreunde eine Kampagne gegen seine Rückkehr wittern.

    "Die französische Justiz nimmt zwar keine Befehle von politischen Parteien entgegen. Aber viele ihrer Untersuchungsrichter gehören einer linksorientierten politischen Klasse an, der die Idee zuwider ist, dass Sarkozy wieder an die Macht kommen könnte."

    Auch NOWYJE IZWESTIA aus Moskau hegt solche Gedanken.

    "Möglicherweise ist die Festnahme ein Schachzug gegen Sarkozy von seinen Gegnern, die verhindern wollen, dass er in die große Politik zurückkehrt. Obwohl er sein Comeback noch nicht angekündigt hat, sind seine Umfragewerte sehr hoch."

    LIBERATION aus Paris kommentiert:

    "Seine Freunde dürfte weniger die Frage quälen, ob er noch einmal in die Politik zurückkehrt. Quälen aber dürfte sie, welche politische und moralische Persönlichkeit er verkörpert. Denn was ihm vorgeworfen wird, übersteigt die rein juristische Beurteilung. Hier geht es um eine politische Praxis, die auf Manipulation beruht, auf Arrangements, auf dem Verbiegen der Regeln - wenn nicht gar auf einer Missachtung des Gesetzes. Sollte Sarkozy noch einmal in die Politik und an die Macht zurückkehren wollen, dann muss er vor den Franzosen dafür einstehen, was die Untersuchungen ergeben haben. Wohl wissend, dass er sein Ethos kaum damit wiederherstellen wird, wenn er jetzt überstürzt wieder die Zügel seine Partei UMP in die Hand nimmt",

    kritisiert das französische Blatt LIBERATION.

    EL PAIS aus Madrid ist der Ansicht, dass seine Anhänger Sarkozy zum politischen Retter eines Landes machen wollten, das bei jeder Wahl aufs Neue vom Populismus des rechtsextremen Front National bedroht werde.

    "Er selbst hoffte auf eine triumphale Rückkehr an die Macht. Denn die Popularität des jetzigen Staatschefs François Hollande ist im freien Fall. Aber in einem Land, in dem Symbole so viel bedeuten, ist es einfach unverzeihlich, wenn ein früherer Präsident wegen angeblicher Bestechung in Polizeigewahrsam genommen wird. Wie auch immer die Affäre ausgeht, der gestrige Tag war ein schwerer Schlag für Sarkozys politische Ambitionen",

    zeigt sich die spanische Zeitung EL PAIS überzeugt.

    "Ein Ende für Sarkozys Pläne einer Rückkehr in die nationale Politik muss das nicht bedeuten",

    glaubt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.

    "Die Franzosen sind großzügig mit ihren großen Männern. Die Tugenddebatten in Deutschland oder den USA um Schummeleien bei Doktorarbeiten oder außereheliche Abenteuer rufen im Land der Lebenslust meist nur ein Achselzucken hervor, Politikerkarrieren beenden solche Fehltritte kaum. Sarkozy stellt weiterhin für viele Bürgerliche in der von einer Finanzaffäre und anderen Problemen geschwächten UMP die einzige Hoffnung dar. Einen Dienst erweist er mit seinen Skandalen der Partei aber nicht",

    stellt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG fest.

    Im Nahen Osten hat sich die Lage nach der Ermordung der entführten israelischen Teenager deutlich verschärft. Die palästinensische Zeitung AL QUDS kritisiert die israelische Reaktion.

    "Die Welt muss wissen, dass die Militäraktionen in großen Teilen der palästinensischen Bevölkerung erhebliches Leid ausgelöst haben. Weite Teile dieser Bevölkerung sind nicht politisiert und gehören keiner bestimmten Strömung an. Sie zahlen den Preis dieser Kollektivbestrafung, obwohl sie für die Ereignisse keinerlei Verantwortung tragen",

    betont AL QUDS aus Jerusalem.

    HAARETZ aus Tel Aviv klingt besonders besorgt.

    "Es ist beunruhigend, dass die israelische Führung schon wieder denselben Fehler macht: Anstatt die palästinensische Autonomiebehörde und ihren Präsidenten Mahmud Abbas zu stärken, arbeitet sie daran, beide zu schwächen. Abbas hat während der Entführungsaffäre außergewöhnlichen Mut und Führungsstärke bewiesen. Und er hat immer wieder seit seinem Amtsantritt 2005 unter Beweis gestellt, dass er ein echter Partner für ein Abkommen wäre. Indem er ihn schwächt, stärkt Ministerpräsident Netanjahu seine extremistischen Rivalen. Abbas zu unterstützen, wäre dagegen nicht nur im palästinensischen, sondern auch im israelischen Interesse",

    unterstreicht die israelische Zeitung HAARETZ.

    THE GUARDIAN aus London rät Israel von übertriebenen Reaktionen ab.

    "Auf dem Tisch liegen eine Reihe von Ideen. Die meisten sind jedoch schlecht und bergen das Risiko, die Spannungen noch weiter anzuheizen. Das Motiv von Ministerpräsident Netanjahu sollte es sein, die Verantwortlichen für das Verbrechen zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen - anstatt wahllos auszukeilen, und das auch noch auf eine Weise, die alle Palästinenser kollektiv bestraft. Für das Ausland bleibt die düstere Wahrheit: Es gibt keine Diplomatie, und nach dem Scheitern von John Kerrys Initiative gibt es auch keinen Friedensprozess mehr. Und dennoch war nie so klar: Für diesen Konflikt gibt es keine militärische Lösung",

    hebt die britische Zeitung THE GUARDIAN hervor.

    "Ein palästinensischer Staat rückt mit jeder Terrortat weiter in die Ferne",

    befürchtet DAGENS NYHETER aus Schweden - und fügt hinzu:

    "Dabei ist eine Zweistaatenlösung das Einzige, das auf Dauer Israels Sicherheit garantieren kann."

    DER STANDARD aus Wien sieht die Hamas grundsätzlich als geschwächt an.

    "Der Iran hat ihr den Rücken zugekehrt, als die Hamas gegen den syrischen Präsidenten Assad Partei ergriffen hat. Und Ägypten blockiert die Nachschubkanäle in den Gazastreifen, seit die kurze Blüte der Muslimbrüder wieder vorüber ist. Gerade diese Schwäche war wohl der Hauptgrund dafür, dass die Hamas im April in die innerpalästinensische 'Aussöhnung' eingewilligt hat. Die Entführung markiert jetzt vielleicht den Anfang vom Ende der Aussöhnung, weil Palästinenserpräsident Abbas – will er sein Ansehen bewahren – mit einer Gruppe, die Teenager entführt und ermordet, nicht zusammenarbeiten kann",

    zeigt sich DER STANDARD aus Wien überzeugt.

    In Hongkong sind hunderttausende Menschen für mehr Demokratie auf die Straße gegangen. Die Zeitung MINGPAO, die dort erscheint, kritisiert die chinesische Führung.

    "Die Zentralregierung in Peking stempelt die Bewegung einfach als Gefahr für die Stabilität ab und betrachtet auch das Referendum, bei dem 800.000 Menschen über mehr Demokratie abstimmten, als illegal. Den Willen der Einwohner der Sonderverwaltungszone darf Peking nicht mehr ignorieren. Es ist Zeit, dass die Zentralregierung einen Reformentwurf vorlegt, der den Hongkonger echte demokratische Wahlen ermöglicht",

    verlangt MINGPAO.

    TAKUNGPAO - ebenfalls aus Hongkong - ist zurückhaltender.

    "Ohne jeden Zweifel sollen die Stimmen der Menschen gehört werden. Dennoch müssen die Oppositionellen in der Sonderverwaltungszone wissen, dass wilde Konfrontation nur das Gegenteil bewirken kann und eine echte Wahlreform gefährdet. Die Verbrennung des Grundgesetztes beim gestrigen Protest ist ein Zeichen dafür, dass die Bewegung auf einen irrationalen Weg gesteuert wird",

    kritisiert TAKUNGPAO und folgert:

    "Über all die Wünsche der Protestierenden muss mit Peking verhandelt werden. Nur ein Miteinander kann Hongkong weiterbringen."