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Prestigeobjekt und Firlefanz

Die Kassen der Kommunen sind leer und es muss gespart werden. Betroffen davon sind auch die Museen im Land. Die finanzielle Lage vieler traditionsreicher Häuser und Einrichtungen ist angespannt und sie kämpfen ums Überleben.

Von Jörg Biesler und Verena Herb |
    Das Altonaer Museum bleibt. Ausrufezeichen. Steht schwarz auf weiß auf den großen Stoffbannern, die einige der rund 350 Demonstranten vor dem gläsernen Eingang des Museums aufgespannt haben.

    "Es ist gut, dass Ihr gekommen seid. Herzlichen Dank dafür."

    Dröhnt die Stimme von Museumschef Torkild Hinrichsen, durch das Megafon. Der Mann mit dem weißen Rauschebart kämpft: Für sich, für seine Mitarbeiter und für die 640.000 Schätze seines Museums.

    "Was vorgesehen ist, ist die völlige Demontage und Liquidation des Altonaer Museums"

    Nicht nur die Museumsmitarbeiter demonstrieren, auch Einwohner des Stadtteils Altona und andere Kulturschaffende aus der Stadt sind dabei. Die Gewerkschaften und die Oppositionsparteien schließen sich den Protesten an, prangern die Sparpolitik des schwarz-grünen Senats an. Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Gabriele Dobusch.

    "Wir stehen hier in der Museumsstraße. Seit über 100 Jahren steht hier ein Museum. Hier ist eine kleine Perlenkette der besonderen Art, der anderen Art. Nämlich eine kulturelle Perlenkette. Das ist es, was wir wollen und das gilt es zu bewahren. Und ich hoffe, dass wir alle zusammen stehen um das auch hinzubekommen."

    Das Museum soll zum Ende des Jahres geschlossen werden. Kultursenator Reinhard Stuth will dadurch 3,5 Millionen Euro einsparen. Eine Fehlkalkulation, erklärt Museumsdirektor Hinrichsen.

    "Maximal kann man hier sicherlich 'ne halbe Million einsparen oder beziehungsweise nicht ausgeben. Die Personalkosten sind fix, es wird ja zum Glück niemand entlassen. Das sind anderthalb Millionen. Die werden dann einfach verlagert von der Kulturbehörde auf die Finanzbehörde. Damit ist aber der Gesamttopf natürlich gleich voll oder gleich leer."

    Im Endeffekt werde die Schließung des Hauses die Stadt sogar teurer kommen, sagt er: Denn die über 600.000 Exponate müssen ja irgendwo hin.

    "Und da es in die anderen Häuser nicht rein kann, weil die alle voll sind, muss ein professionelles Lager irgendwo entstehen. Und das wird erstmal in die Investitionskosten gehen, wo einem das Blaue vom Himmel vor Verwunderung fällt. Und zweitens muss das dann auch gemietet werden müssen, oder neu gebaut. Das heißt, letzten Endes, wenn Sie genau rechnen, kann sich herausstellen, dass es ein Vielfaches von dem kostet, was scheinbar gespart wird, als wenn man es einfach hier ließe."


    Seitdem bekannt wurde, dass das Traditionshaus geschlossen werden soll, sind die Besucherzahlen rapide gestiegen. Viele Gäste kommen, um die Ausstellung ein letztes Mal zu sehen. Sie dokumentieren ihre Solidarität in den ausliegenden Gästebüchern oder setzen ihre Namen auf die Protestlisten. Über 40.000 Unterschriften gegen die beabsichtigte Schließung des knapp 110 Jahre alten historischen norddeutschen Landesmuseums sind schon zusammen gekommen. Auch Reiner Donand hat unterschrieben. Er bedauert die Schließung:

    "Denn die Sammlung ist bedeutend. Und hier sind auch viele Stücke von denen ich mir nicht vorstellen kann, dass sie in anderen Hamburger Museen leicht unterzubringen sind. Also ich glaube, bei dieser Sparaktion wird letztlich mehr ausgegeben, als eingespart."

    Der Hamburger schlendert mit einem Freund durch die Ausstellung. Sie soll die kulturhistorische Entwicklung der Elbregion um Altona und Schleswig-Holstein erläutern, den Besuchern die Küstenregionen näherbringen. Fischerei und Schifffahrt sind zentrale Themen. Der Einbaum in der Mitte der Eingangshalle stehe da schon ewig, erinnert sich Reiner Donand und spricht damit unbeabsichtigt das Hauptproblem des Hauses an: Das Museum wirkt in großen Teilen verstaubt und altbacken. Die meisten Exponate hängen oder stehen einfach herum. Holger Brückle kommt aus Zürich und besucht das Museum zum ersten Mal:

    "Ich hatte in einigen Räumen den Eindruck, das sei ein bisschen traurig. Das liegt aber zum Teil daran, dass die Sachen nicht mehr in den Vitrinen sind und die Handzettel nicht mehr da sind. Anderes gefällt mir wiederum gut. Sogar an Stellen, wo die Ausstellung noch sehr traditionell wirkt. Das macht einem solchen Museum gar nicht viel aus, finde ich."

    Nur etwa drei Prozent des Museumsbestandes sind auf den 7200 Quadratmetern ausgestellt. Für Innovationen fehle es schlicht an Geld, für Reparaturen sowieso. Da es keinen Hausmeister gibt, müssten die Restauratoren ran, wenn etwas kaputt gehe. Der Etat reiche nicht mal mehr für einen Eimer Farbe, erklärt ein Museumsmitarbeiter. Nicht von ungefähr heißt eine der zahlreichen Sonderausstellungen "Knappe Zeiten". An mannshohen Glaskästen voller Kinderspielzeug aus Blech und Holz nähert man sich am Ende des Rundgangs dem "Kinderolymp", einem multimedialen Lern –und Spielzentrum. Hier zeigt das Museum, was es wirklich kann: Kinder, die häufig noch nicht einmal lesen können, für Neues und Unbekanntes zu begeistern: Anfassen und ausprobieren ausdrücklich erlaubt. Und genau das ist das Pfund, mit dem die streitbaren Museaner wuchern können.

    Viele Kinder werden das Museum vermissen, so der Museumsdirektor, Torkild Hinrichsen:

    "Demnächst werden hier nicht 350 Menschen stehen, sondern die 24.000 Kinder, die im Jahr bei uns erwartet werden und die nicht mehr hineinkönnen."

    Die Proteste zeigen erste Erfolge: Kommenden Mittwoch findet ein "Kulturgipfel" statt. Politiker wollen sich mit den von den Sparbeschlüssen betroffenen Institutionen an den Tisch setzen, um erstmals gemeinsam zu beraten, wie es weiter gehen wird. Die Hamburger Demonstranten geben sich kämpferisch, wissen sie doch um die Wirkung ihrer Proteste über die Grenzen der Hansestadt hinaus:

    "Liebe Altonaerinnen und Altonaer, liebe Freundinnen und Freunde des Museums. Es ist nicht nur dieses Museum, das bedroht ist. Es geht wirklich um mehr. Viele, viele traditionsreiche Häuser und Einrichtungen haben Risse."

    Tatsächlich ist die Lage vieler Museen im ganzen Land angespannt. Die Kommunen sind verpflichtet, ihre Haushalte mittelfristig auszugleichen. Sparen ist also unbedingt nötig und das geht nur bei den freiwilligen Leistungen. Dazu zählt eben auch die Kultur. In Köln wird an diesem Wochenende zwar ein Museumsneubau eröffnet, das Rautenstrauch-Joest-Museum für Völkerkunde, aber gleich zur Eröffnung gibt es ein finanzielles Streichkonzert. Alle städtischen Einrichtungen müssen in diesem Jahr 12,5 Prozent sparen, auch die Museen. Wie Hamburg hat auch die Stadt Köln vor nicht allzu langer Zeit mit dem Gedanken gespielt, ein Haus zu schließen. Das Museum für Angewandte Kunst. Design des 20. Jahrhunderts, Art déco Möbel, Porzellan und Glas, das schien verzichtbar zu sein, jedenfalls für den damaligen Kämmerer und heutigen Landesfinanzminister in NRW Norbert Walter-Borjans. Ohnehin steckte das Museum seit Jahren in der Krise. Eine Mehrheit für die Schließung kam aber nicht zustande, obwohl auch Köln arge Geldsorgen hat. Der Fehlbetrag des Jahres 2010 macht etwa 270 Millionen Euro aus. Gespart wird nun überall. Der städtische Zuschuss für alle Kölner Museen sinkt von 40 auf 31 Millionen Euro. Andreas Blühm ist Direktor des Wallraf-Richartz-Museums.

    "Wir sind in der Tat schon auf unter das Existenzminimum heruntergekürzt worden. Der Kulturdezernent Professor Quander hat sich erfolgreich bemüht, die Tendenz zu wenden. Dass es nicht immer weniger wird, sondern wenigstens so bleibt und sogar ein bisschen sich erhöht. Er hat es meiner Ansicht nach auch noch geschafft, dass die Kürzungsorgie, die hier drohte immer noch schmerzhaft, aber einigermaßen glimpflich abgegangen ist."

    Die Stadtkämmerei nämlich hatte gleich 30 Prozent bei der Kultur kürzen wollen. Obwohl Köln im Städtevergleich mit etwas mehr als 120 Euro je Einwohner ohnehin schon vergleichsweise wenig für Kultur ausgibt. Durch die Kürzungen sind nun die schrittweisen Erhöhungen der vergangenen Jahre wieder rückgängig gemacht worden. Ein Haus geschlossen hat Köln aber nicht.

    "Weil man auch in Köln gemerkt hat, der Oberbürgermeister hat es sicherlich gemerkt, dass es sinnlos ist, dass man Dinge, die man vielleicht seit 20 oder 100 Jahren angesammelt hat, in einem Handstreich zu zerstören, die dann unwiederbringlich sind. Während so einer Krise, durch die wir natürlich alle durchmüssen und man kann das Geld auch nicht einfach erfinden, dass man etwas vernichten würde, was eventuell in zwei oder drei Jahren wieder eine Überlebenschance hätte, da muss man höllisch aufpassen."

    Das sehen die Kommunalpolitiker in Hamburg offenbar anders, und auch die in Leipzig. Dort ist ebenfalls ein Traditionshaus betroffen. Volker Rodekamp ist Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums in Leipzig und Vorsitzender des deutschen Museumsbundes.

    "Wir haben in Leipzig zur Zeit eine überaus schwierige Situation. Sogar ein Museum steht zur Disposition, ein 100 Jahre altes, mittelgroßes naturwissenschaftliches Museum, das es in den letzten Jahren nicht richtig geschafft hat, sich neu zu profilieren, sich unentbehrlich zu machen, neue Besucher- und Öffentlichkeitsgruppen zu erschließen, also ein Museum eher klassischer Art. Von dem man nicht mehr so richtig sieht, wie es vorangeht und was man damit bewirken kann im positiven Sinne. Es ist aber zugleich ein Haus, das in den letzten Jahren finanziell nicht richtig unterstützt worden ist. Und hier haben wir das Problem, das Erscheinungs- und Begründungszusammenhang nicht mehr auseinandergehalten wird in der aktuellen Diskussion. Ich wünsche mir sehr, dass wir in Leipzig uns dazu durchringen, dass wir die kulturelle Substanz, so wie wir sie jetzt haben, in der Breite und in der Vielfalt und in der Qualität nicht bedrohen."

    Diese Vielfalt, die jetzt zur finanziellen Belastung wird, haben die Kommunen in den letzten 20 Jahren mit Eifer gefördert. Jetzt fehlt ihnen das Geld, die schönen Spielzeuge am Laufen zu halten. In den 80er und 90er-Jahren wollte jede noch so kleine Stadt ihr Museum, auch wenn manchmal gar nicht recht klar war, wozu das Haus dienen sollte - über den oberflächlichen Prestigegewinn hinaus. Im westfälischen Herford ließ man gar den Stararchitekten Frank O. Gehry bauen und hoffte darauf, dass das neue Museum die Touristen ähnlich anziehen würde, wie dessen aufsehenerregendes Haus im spanischen Bilbao. In diesem Jahr kürzte die Stadt ihre Zuschüsse um 20 Prozent und: was inhaltlich im Herforder Museum Marta passieren soll, dafür fehlt bislang ein überzeugendes Konzept.

    "Viele Städte haben im Wettbewerb auch viele Dinge gegründet und sich damit geziert. Man hat ein Museum eröffnet, einen Bindfaden durchgeschnitten und sich in die Zeitung mit dem Foto begeben und danach das Museum seinem Schicksal überlassen",

    sagt Andreas Blühm vom Kölner Wallraf-Richartz-Museum. Genaue Statistiken gibt es nicht. Aber seit den 80er-Jahren ist die Zahl der Museen in Deutschland erheblich gestiegen. 1998 erfasste der deutsche Museumsbund knapp 5400 Museen, vom kleinen Heimatmuseum bis zur Staatsgemäldesammlung, 2008 waren es mehr als 6000. Hinzu kommen mehr als 400 Ausstellungshallen ohne eigene Sammlung. Viele davon sind nicht nur gegründet worden, um Kommunalpolitikern Denkmäler zu setzen. Sie sollen den Kommunen helfen, im zunehmenden Konkurrenzkampf attraktiv zu bleiben für Investoren und Einwohner.

    "Deshalb ist eine Investition in Kunst nicht einfach nur ein Luxus, sondern wirklich ein Lebensbedürfnis und auch gut für die Stadt. Da sieht es in Köln gar nicht mal so schlecht aus. Köln ist eine der wenigen Städte, die sogar wachsen an Bevölkerungszahlen. Und da ist vielleicht auch ein kleiner Beitrag der Kultur dafür geleistet worden. Jetzt mit dem Kahlschlag da durch zu gehen, ist langfristig gesehen eigentlich eine ganz schlechte Politik."

    Das Gros der Museen befindet sich in kommunaler Trägerschaft. Sollten die Kommunen langfristig Finanzprobleme haben, würde das für die Kulturlandschaft eine epochale Veränderung bedeuten.

    "Wir müssen schauen, wie wir uns positionieren in diesen vielen Diskussionen, die ja nicht mehr nur kulturelle Diskussionen sind, sondern hier werden ja Themen an uns herangetragen, die ja aufgrund der katastrophalen Finanzlage insbesondere der Städte und Kommune so gegeben ist. Uns wird immer wieder gesagt: Wir können es nicht finanzieren, es muss preisgünstiger gehen, wir müssen neue Strukturen finden, wir müssen über die Profile nachdenken, wir müssen einfach Ausschau halten nach Finanzierungsstrategien."

    Wie dramatisch die Situation ist, zeigt der Wandel, den Volker Rodekamp im Verhandlungsstil der kommunalen Entscheidungsträger ausmacht.

    "Die Finanzpolitiker fragen nicht mehr, wie viel könnt ihr mir geben. So waren die Fragen eher in den letzten drei bis fünf Jahren. Sondern sie kommen mit ganz harten Vorgaben. Es werden Budgets vorgeschrieben, die einzuhalten sind und entsprechend der Budgetlage ist die inhaltliche Arbeit zu organisieren. Das ist zum Teil für die Museen außerordentlich schwierig. Weil wir natürlich auch langfristig planen und uns um Bestände kümmern und auch langfristige Investitionen tätigen wollen, die vielleicht an der Oberfläche erst einmal so gar nicht positive Effekte zeigen. Ich habe ein bisschen die Sorge, dass wir sehr populär, um nicht zu sagen: populistisch diskutieren."

    Das Problem der Museen ist, dass sich Museumsarbeit, die jenseits publikumswirksamer Ausstellungen im Verborgenen stattfindet, nicht leicht vermitteln lässt. Regina Hanemann ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bayerischer Museen und Direktorin der Museen im fränkischen Bamberg.

    "Wie oft wird man gefragt, was tun sie eigentlich montags. Montags haben die meisten Museen zu, natürlich arbeiten wir montags genauso wie dienstags, mittwochs, donnerstags und freitags. Die Verwaltungsleute, die die Sachen in die Hand nehmen, die sind samstags und sonntags nicht im Museum. Das ist eigentlich wie ein normaler Bürobetrieb. Alle die Forschung und Vorbereitung für die Ausstellungen, man muss sehr weit im Voraus planen, man muss viele Dinge parallel im Kopf haben. Also die Sachen die morgen anfangen und die nächstes Jahr anfangen und in zwei und drei und fünf Jahren anfangen, die muss man alle schon irgendwie im Hinterstübchen haben. Ich denke, das ist schon schwierig, diese Dinge zu vermitteln."

    In der Museologie, also der Wissenschaft vom Museum, sind die Aufgaben der Häuser so definiert: Sie sollen sammeln, bewahren, erforschen und vermitteln. Vom eigenständigen Sammeln mussten sich die meisten Museen schon längst verabschieden. Seit der Explosion der Kunstpreise in den achtziger Jahren kann kein Museum mehr aus dem eigenen Etat namhafte Ankäufe bezahlen. Sie sind angewiesen auf Geld von Freundeskreisen oder Schenkungen von Stiftern. Regina Hanemann macht regelmäßig Umfragen unter ihren bayerischen Kolleginnen und Kollegen.

    "Mir haben viele, viele Kollegen geschrieben, dass sie keinerlei Möglichkeit mehr haben, irgendwas anzukaufen. Und bewahren: Viele, viele haben auch mir vermeldet, dass sie auch ihr Depot nicht mehr so einrichten können, wie sie es gerne wollten, oder sie hatten die Planungen ein Museumsdepot einzurichten. Das bedeutet natürlich einen Verlust, das bedeutet einen Wertverlust. Wenn ich mein Gut da drin habe und sie haben Holzwürmer oder Schimmel, oder es ist nicht so bewahrt: Hitze und Kälte. Museumsdepots sind leider sehr häufig auf Speichern oder in Kellern und Museen sind sehr häufig in sehr alten Gebäuden, weil man nicht weiß, was man sonst mit dem Schloss oder dem alten Rathaus oder was weiß ich sonst anfangen soll. Also hat man auch das Handicap, dass man in diesen alten Gemäuern auch sein Depot noch irgendwo einrichten muss und das bedeutet natürlich Substanzverlust und das kann auch Wertverlust beinhalten."

    Probleme mit der Erhaltung haben nicht nur kleine Museen in der Provinz. Auch das Kölner Wallraf-Richartz-Museum kann sich nicht jede Restaurierung leisten. Damit gerät unter Umständen auch der städtischen Haushalt unter Druck. Denn die Kunstwerke der Kölner Museen sind als städtischer Besitz von schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro Teil der Haushaltssicherung und stehen als Werte der Kreditaufnahme gegenüber. Andreas Blühm:

    "Es ist jetzt nicht so, dass die Dinge von der Wand bröckeln aber es gibt einige Dinge, da juckt es uns in den Fingern, die bedürfen wirklich einer Restaurierung, oder die würde man gerne so restaurieren, dass man sie in der Sammlung zeigen kann oder besser zeigen kann. Also Restaurierungen verschieben wir am laufenden Band, weil wir die Mittel nicht haben, um all die Dinge zu tun, die wir tun müssten. Aber zum Beispiel man hat uns ja gesagt, in Köln die Museen oder alle Kultureinrichtungen müssen 12,5 Prozent ihres Budgets einsparen, außer Personalkosten. Da bleibt nicht mehr so viel übrig."

    Die Situation ist in den einzelnen Häusern sehr unterschiedlich. Manche kleinere Museen haben nicht mal mehr einen Etat für Ausstellungen und müssen sämtliche Kosten von Spendern und Sponsoren einwerben. Grundsätzlich aber sind die Möglichkeiten zur Kostensenkung gering, weil fast das gesamte Budget für Personalkosten gebraucht wird. Volker Rodekamp vom Deutschen Museumsbund.

    "Im Regelfall sind ja unsere Mittel, die wir zur Verfügung haben, die in der Einzelfallbetrachtung ja gar nicht so klein sind, aber sie sind am Ende alles gebundene Mittel. Wir haben doch heutzutage, und das ist die Realität, in den Museen heute kaum mehr einen zweistelligen%betrag, des Gesamtbudgets, das wir für die eigentliche Museumsarbeit ausgeben können. Und an dieser sogenannten freien Spitze könnte man vielleicht das ein oder andere sparen. An anderen Stellen geht es schon gar nicht mehr. Wir haben gar nicht mehr die Stellschrauben, um darauf reagieren zu können. Da ist dann eine drei oder fünfprozentige Einsparungsquote schon fast das Aus für die qualitätvolle Museumsarbeit. Wir möchten die Basis des Museums öffentlich finanziert haben. Wir finden, dass wir keine amerikanischen Zustände haben möchten, wo die großen Museen zum Teil ja wesentlich von privaten Leuten finanziert werden. das klingt sehr attraktiv, aber sobald da die Krise zuschlägt, wie im Metropolitan oder im Guggenheim. Auf einmal werden da 40 Prozent der Leute entlassen. Die Substanz des Museums sollte gesichert sein. Sicherheit, Klima, Öffnung des Museums, das sind öffentliche Aufgaben."

    Die Sicht der Gesellschaft auf die Museen hat sich verändert und die Übereinkunft, das solche Einrichtungen voraussetzungslos gut und nötig sind, die seit dem 19. Jahrhundert galt, bedarf heute einer Begründung. Die Zahl der Besucher ist wie die der Museen in den letzten 20 Jahren ständig gestiegen. Dennoch reicht es nicht mehr, dass ein Museum einfach da ist, sagt Volker Rodekamp vom deutschen Museumsbund.

    "Ich bin schon der Meinung, dass die Museen auch ein Stück weit verantwortlich sind für ihre eigene Misere im Jetzt und Hier. Die Museen haben es auch versäumt, der Politik gegenüber deutlich zu machen und selbstbewusst deutlich zu machen, wozu sie eigentlich nützlich sind und was sie können und was ihr ureigenstes Metier ist und welchen Beitrag sie bei der Bildungsarbeit in der Republik leisten können."

    Dass die positive wirtschaftliche Entwicklung schnell bei den Kommunen ankommt und auch die Museen erreicht, darauf können sie sich jedenfalls nicht verlassen.