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Prima Klima im Internet

"Green IT" steht für Energieeffizienz in der Computerbranche. Denn Server, Drucker und Monitore gehören zu den größten Stromfressern. Und wenn ein Unternehmen 27.000 Server in seinem Rechenzentrum stehen hat, macht sich Energieeffizienz im großen Stil bemerkbar - wie bei der Strato AG, Europas zweitgrößtem Webhoster, der etwa ein Viertel aller deutschen Internet-Domains verwaltet.

Von Mirko Smiljanic |
    Berlin Charlottenburg, Technologiepark Spreebogen. Die Technische Universität hat hier Institute, die Fraunhofer-Gesellschaft, T-Systems und viele andere Technologieanbieter. Unter anderem auch die Strato AG, deren Firmensitz die Form eines Kuchenstücks mit abgeschnittener Spitze hat.

    "Die Strato AG besteht seit zehn Jahren. Sie ist mit dreieinhalb Millionen Domains und über einer Million Kunden der zweitgrößte Webhoster in Europa","

    sagt Damian Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Strato AG. 1997 wurde das Unternehmen gegründet, noch im selben Jahr aber an die Firma Teles verkauft. Ende 2004 übernahm Freenet den Domainanbieter für 132 Millionen Euro. Ein gutes Geschäft war das, sagen Kenner der Szene, die Strato AG entwickelt sich rasant.

    Knapp 500 Mitarbeiter arbeiten an den Standorten Berlin und Karlsruhe, die Kundenzahlen klettern pro Jahr zweistellig, der Umsatz ebenfalls. 27.000 Server stehen in den Rechenzentren, pro Monat wird ein Datenvolumen von 3,5 Millionen Gigabyte bewegt. Betriebswirtschaftlich läuft alles rund - und umwelttechnisch auch. Die Strato AG hat sich schon vor zwei Jahren einen radikalen ökolo-gischen Umbau verordnet.

    ""Der konkrete Auslöser waren die stark explodierenden Energiepreise, vor zwei Jahren waren die ja massiv sprunghaft angestiegen. Das hat uns in einer Runde mit Technikern bewogen, zu überlegen, wo bekommt man billigere Energie her, was nicht geht in Europa. Man kann nicht mit seinem Rechenzentrum umziehen, was andere Anbieter in den USA gemacht haben, sondern wir haben gesagt, wenn wir das nicht können, müssen wir Energie sparen, also Energieeffizienz erhöhen, mit weniger Energie pro Kunde auskommen."

    Strom ist im IT-Bereich mittlerweile der größte Kostenfaktor. Zwischen 2000 und 2005 hat sich der Verbrauch weltweit auf 180 Terawattstunden verdoppelt. Das sind 1,2 Prozent des globalen Strombedarfs und entspricht der Leistung von 18 Atomkraftwerken. Angesichts solcher Zahlen hilft nur ein konsequentes Sparprogramm, sagt Technikvorstand René Wienholtz beim Rundgang durch das Rechenzentrum:

    "Was wir hier sehen, ist einer von sechs Trafoblöcken, die wir hier im Strato-Rechenzentrum in Betrieb haben: Das sind sehr moderne Geräte mit offener Bauweise. Das heißt, wir sehen hier die offenen Spulen, von vorneherein kommt der Strom von der Stadt, 12 kV, hinten greifen wir dann Mittelspannung ab, die wir zusammenzuführen, sodass wir die Transformatoren so zusammen schalten, dass sie endlos eins redundant sind."

    René Wienholtz gerät ins Schwärmen, wenn er Besuchern das Rechenzentrum zeigt. Vor allem, wenn sein Lieblingsprojekt zur Sprache kommt: Strom sparen, wo immer es geht! Drei Möglichkeiten hat er dafür ausgemacht.

    "Das Erste, woran man denkt, ist die Hardware an sich: Strom fressende CPUs gibt es, Strom fressende Speicher, Strom fressende Lüfter. Hier haben wir Systeme im Einsatz, die sehr energieeffizient arbeiten seitens der Stromzuführung, also seitens der Netzteile, seitens der CPUs."

    Das zweite Standbein ist die Software. Ist sie gut geschrieben, verbraucht der Rechner weniger Strom, weil er die Befehle schneller abarbeitet. 80 Prozent der bei Strato eingesetzten Programme sind selbst geschrieben.

    "Und an dritter Stelle - und man kann fast sagen, eher energieseitig betrachtet, an erster Stelle - geht es um den Facilitybereich, also den Betrieb der Anlagen, um Strom und Klima im Rechenzentrum. Da haben wir einige sehr interessante Konzepte im Bereich der Aufstellung der Systeme und im Bereich der Luftzuführung."

    Im Allerheiligsten: Die Halle misst 900 Quadratmeter, es ist angenehm warm, Regal steht neben Regal, 5000 Rechner blinken im Halbdunkel, 5000 Rechner, die ständig gekühlt werden müssen! Dafür haben sich die Strato-Ingenieure einen genialen Trick ausgedacht: Sie teilen die Halle in warme und kalte Zonen ein.

    "Die Klimaanlage saugt die Luft von oben ein, wird dann die Luft kühlen und verteilt sie durch den Doppelboden - also wir stehen hier ungefähr einen Meter über dem eigentlichen Boden - verteilt sie dann durch den Doppelboden zu den Servern hin."

    Und zwar an deren Rückseite. Dort sind die Gänge zwischen den Regalen durch Schwingtüren und Decken so isoliert, dass die kalte Luft nicht entweicht und ausschließlich von den Servern angesaugt werden kann, die die warme Abluft dann nach vorne abgeben.

    "Wichtig ist auch, dass wir das Luftvolumen richtig berechnen, das für diesen Gang gebraucht wird: dass nicht kalte Luft überproduziert wird, in warme Gänge abwandert."

    30 Prozent Energieersparnis pro Kunde hat die Strato AG mit diesen Methoden erreicht, die Ersparnis in Euro gibt Wienholtz allerdings nicht preis. Lieber spricht er darüber, dass Strato auch Wert darauf legt, woher der Strom kommt.

    Seit Jahresbeginn bezieht die Strato AG seinen Strom aus Wasserkraftwerken. Dadurch ver-meidet sie einen jährlichen CO2-Ausstoß von 15.000 Tonnen. Diese Maßnahmen sind auch ein Verkaufsargument: Immer mehr Kunden suchen gezielt Webhoster unter Umweltgesichtspunkten aus, und diesen bietet Strato jetzt den CO2-freien Internetauftritt an.

    "Natürlich sind das wirtschaftliche Zwänge, in denen jedes Unternehmen arbeitet, und natürlich arbeiten auch viele innerhalb wirtschaftlicher Zwänge. Aber wenn es gleich läuft, wenn man durch die steigenden Energiekosten eben dazukommt, dass man sich anstrengt und sich überlegt, wo muss ich investieren, um Kosten zu sparen, dann ist das, glaube ich, eine gute Sache."