Der erste Gentherapie-Heilversuch 1990 in den USA gilt bis heute als Pioniertat.
"Ein sehr couragierter Versuch, mit einer ganz neuen Methode am Patienten Behandlung zu versuchen. "
Klaus Cichutek, der stellvertretende Direktor des Paul Ehrlich-Instituts in Langen bei Frankfurt.
"Das ist vielleicht ein bisschen die Problematik der frühen Jahre, dass mit der Gentherapie gleich ein sehr hoher Heilungsdruck, ein hoher Heilungserwartung verbunden war. "
Innerhalb weniger Jahre starteten weltweit über hundert Gentherapie-Studien.
Mitte der Neunziger Jahre stellten sich die ersten Mißerfolge ein. Bei Krankheiten wie der Mukoviszidose oder der angeborenen Muskelschwäche blieb die Gentherapie wirkungslos. Auch im Kampf gegen den Krebs fehlten die erhofften Erfolge.
"Am Ende der 90er Jahre ergab sich, dass die Öffentlichkeit mit besonders scharfen Augen die Gentherapie ansah. Auf der einen Seite befand sich hier die Gruppe der Leute, die immer noch euphorisch waren, auf der anderen Seite gab es inzwischen schon viele Skeptiker, und ich glaube, es passte einfach ins Bild, dass damals dann unglücklicherweise der erste Patient, der im Rahmen einer klinischen Prüfung mit einem Gentherapeutikum behandelt worden war, der Patient Gelsinger, verstarb. "
Jesse Gelsinger litt an einer angeborenen Stoffwechselstörung. Seine Ärzte in Pittsburgh wählten als Vektoren Adeno-Viren und spritzten sie in einer sehr hohen Dosis. Die Folge war eine akute Leberentzündung. Eine überschießende Reaktion des Immunsystems führte innerhalb eines Tages zum Versagen von Leber, Niere und Lunge. Die Ärzte konnten Jesse Gelsinger nicht retten.
"Es war ein Medizinskandal im Hinblick darauf, dass die klinische Prüfung nicht ordentlich durchführt wurde, und der entsprechende klinische Prüfleiter, dem ist verboten worden, weiterhin klinische Prüfungen zu machen. (Das ist ein Skandal.) Der Skandal besteht aber nicht darin, die Gentherapie gewagt zu haben, sondern darin, dass hier nicht ordentlich nach Standards, die üblich sind, gearbeitet wurde."
Nach dem Todesfall in den USA wurden alle Gentherapiestudien mit Adenoviren als Vektoren vorübergehend gestoppt. Seit dem Fall Gelsinger sind die Mediziner bei der Dosierung der gespritzten Viren vorsichtiger geworden.
Erst im Jahr 2000 gelang der erste allgemein anerkannte Erfolg einer Gentherapie. Der französische Kinderarzt Alain Fischer vom Hopital Necker in Paris behandelte Kinder mit der angeborenen Immunschwächekrankheit: X-Scid.
"Bei den Patienten, bei denen es klappt, (…) bedeutet das, dass diese Kinder dann normal leben können, sie können raus aus dem Zelten, sie können nach Hause, sie haben eigentlich ein ganz normales Leben vor sich. (…) Insofern: eine richtige Anwendung der Gentherapie, ein toller Erfolg, aber auch danach Erkenntnisse darüber, dass diese spezielle Gentherapie mit Nebenwirkungen verbunden ist."
"Momentan sind die Zahlen so, dass wir bei drei von etwa 17 behandelten Kindern – 17 erfolgreich behandelten Kindern – eine Leukämie-Entwicklung hatten. Zwei der Kinder mit der Leukämie konnten konventionell behandelt werden, so dass die Leukämie zurück gedrängt wurde, ein Kind ist tragischerweise verstorben."
Für Klaus Cichutek vom Paul Ehrlich-Institut bedeuten die Ergebnisse der Gentherapie-Studie seines Pariser Kollegen Alain Fischer keinen Misserfolg. Seiner Meinung nach müssen die Risiken der Gentherapie mit den Risken herkömmlicher Behandlungen verglichen werden.
"Bei der entsprechenden Knochenmarktransplantation mit Spendern, die nicht genau die richtigen d.h. verträglichen Zellen übertragen würden, würde der Prozentsatz der versterbenden Kinder 30 bis 50 Prozent betragen. D.h. hier sind wir auch vom Risiko-Nutzen-Verhältnis eigentlich noch in einem Bereich, in dem man diese Therapie auch nach Kenntnis über die Leukämie vertreten kann. "
2004 ist in China erstmals eine Gentherapie offiziell zugelassen und auf den Markt gebracht worden: zur Behandlung einer in China besonders verbreiteten Krebskrankheit.
"Prinzipiell ist das toll, dass das erste Gentherapie-Arzneimittel zugelassen ist. Was nicht toll ist, ist, dass wir tatsächlich sehr wenig Information zu Verfügung haben. Eine große Unterlassungssünde der entsprechenden Firma, vielleicht auch eine Unterlassungssünde der entsprechenden Behörden in China, die uns besser hätten informieren sollen."
15 Jahre Gentherapie-Versuche am Menschen: Die Euphorie der frühen Jahre ist verflogen. Es gab viele Rückschläge, Fortschritte stellten sich langsamer ein als erwartet. Die größte Herausforderung bleibt nach wie vor, das therapeutische Gen exakt an den richtigen Ort im Erbgut zu bringen.
Die Zahl der Gentherapie-Studien ist heute deutlich kleiner als in den 90ger Jahren. Nur wer ausgereifte Konzepte vorlegt, bekommt auch Geld für neue Studien.
Hoffnung auf Erfolg haben die Gentherapeuten noch immer. Aber sie sind vorsichtiger geworden.
Klaus Cichutek, der stellvertretende Direktor des Paul Ehrlich-Instituts in Langen.
"Es wird nicht bei DER Gentherapie bleiben, sondern bei speziellen gentherapeutischen Anwendungen bei Krebs, Infektionskrankheiten, kardio-vaskulär, Erbkrankheiten, und das werden wir sehen in den nächsten Jahrzehnten, dass sich hier die Gentherapie ihren Platz verschafft. "
"Ein sehr couragierter Versuch, mit einer ganz neuen Methode am Patienten Behandlung zu versuchen. "
Klaus Cichutek, der stellvertretende Direktor des Paul Ehrlich-Instituts in Langen bei Frankfurt.
"Das ist vielleicht ein bisschen die Problematik der frühen Jahre, dass mit der Gentherapie gleich ein sehr hoher Heilungsdruck, ein hoher Heilungserwartung verbunden war. "
Innerhalb weniger Jahre starteten weltweit über hundert Gentherapie-Studien.
Mitte der Neunziger Jahre stellten sich die ersten Mißerfolge ein. Bei Krankheiten wie der Mukoviszidose oder der angeborenen Muskelschwäche blieb die Gentherapie wirkungslos. Auch im Kampf gegen den Krebs fehlten die erhofften Erfolge.
"Am Ende der 90er Jahre ergab sich, dass die Öffentlichkeit mit besonders scharfen Augen die Gentherapie ansah. Auf der einen Seite befand sich hier die Gruppe der Leute, die immer noch euphorisch waren, auf der anderen Seite gab es inzwischen schon viele Skeptiker, und ich glaube, es passte einfach ins Bild, dass damals dann unglücklicherweise der erste Patient, der im Rahmen einer klinischen Prüfung mit einem Gentherapeutikum behandelt worden war, der Patient Gelsinger, verstarb. "
Jesse Gelsinger litt an einer angeborenen Stoffwechselstörung. Seine Ärzte in Pittsburgh wählten als Vektoren Adeno-Viren und spritzten sie in einer sehr hohen Dosis. Die Folge war eine akute Leberentzündung. Eine überschießende Reaktion des Immunsystems führte innerhalb eines Tages zum Versagen von Leber, Niere und Lunge. Die Ärzte konnten Jesse Gelsinger nicht retten.
"Es war ein Medizinskandal im Hinblick darauf, dass die klinische Prüfung nicht ordentlich durchführt wurde, und der entsprechende klinische Prüfleiter, dem ist verboten worden, weiterhin klinische Prüfungen zu machen. (Das ist ein Skandal.) Der Skandal besteht aber nicht darin, die Gentherapie gewagt zu haben, sondern darin, dass hier nicht ordentlich nach Standards, die üblich sind, gearbeitet wurde."
Nach dem Todesfall in den USA wurden alle Gentherapiestudien mit Adenoviren als Vektoren vorübergehend gestoppt. Seit dem Fall Gelsinger sind die Mediziner bei der Dosierung der gespritzten Viren vorsichtiger geworden.
Erst im Jahr 2000 gelang der erste allgemein anerkannte Erfolg einer Gentherapie. Der französische Kinderarzt Alain Fischer vom Hopital Necker in Paris behandelte Kinder mit der angeborenen Immunschwächekrankheit: X-Scid.
"Bei den Patienten, bei denen es klappt, (…) bedeutet das, dass diese Kinder dann normal leben können, sie können raus aus dem Zelten, sie können nach Hause, sie haben eigentlich ein ganz normales Leben vor sich. (…) Insofern: eine richtige Anwendung der Gentherapie, ein toller Erfolg, aber auch danach Erkenntnisse darüber, dass diese spezielle Gentherapie mit Nebenwirkungen verbunden ist."
"Momentan sind die Zahlen so, dass wir bei drei von etwa 17 behandelten Kindern – 17 erfolgreich behandelten Kindern – eine Leukämie-Entwicklung hatten. Zwei der Kinder mit der Leukämie konnten konventionell behandelt werden, so dass die Leukämie zurück gedrängt wurde, ein Kind ist tragischerweise verstorben."
Für Klaus Cichutek vom Paul Ehrlich-Institut bedeuten die Ergebnisse der Gentherapie-Studie seines Pariser Kollegen Alain Fischer keinen Misserfolg. Seiner Meinung nach müssen die Risiken der Gentherapie mit den Risken herkömmlicher Behandlungen verglichen werden.
"Bei der entsprechenden Knochenmarktransplantation mit Spendern, die nicht genau die richtigen d.h. verträglichen Zellen übertragen würden, würde der Prozentsatz der versterbenden Kinder 30 bis 50 Prozent betragen. D.h. hier sind wir auch vom Risiko-Nutzen-Verhältnis eigentlich noch in einem Bereich, in dem man diese Therapie auch nach Kenntnis über die Leukämie vertreten kann. "
2004 ist in China erstmals eine Gentherapie offiziell zugelassen und auf den Markt gebracht worden: zur Behandlung einer in China besonders verbreiteten Krebskrankheit.
"Prinzipiell ist das toll, dass das erste Gentherapie-Arzneimittel zugelassen ist. Was nicht toll ist, ist, dass wir tatsächlich sehr wenig Information zu Verfügung haben. Eine große Unterlassungssünde der entsprechenden Firma, vielleicht auch eine Unterlassungssünde der entsprechenden Behörden in China, die uns besser hätten informieren sollen."
15 Jahre Gentherapie-Versuche am Menschen: Die Euphorie der frühen Jahre ist verflogen. Es gab viele Rückschläge, Fortschritte stellten sich langsamer ein als erwartet. Die größte Herausforderung bleibt nach wie vor, das therapeutische Gen exakt an den richtigen Ort im Erbgut zu bringen.
Die Zahl der Gentherapie-Studien ist heute deutlich kleiner als in den 90ger Jahren. Nur wer ausgereifte Konzepte vorlegt, bekommt auch Geld für neue Studien.
Hoffnung auf Erfolg haben die Gentherapeuten noch immer. Aber sie sind vorsichtiger geworden.
Klaus Cichutek, der stellvertretende Direktor des Paul Ehrlich-Instituts in Langen.
"Es wird nicht bei DER Gentherapie bleiben, sondern bei speziellen gentherapeutischen Anwendungen bei Krebs, Infektionskrankheiten, kardio-vaskulär, Erbkrankheiten, und das werden wir sehen in den nächsten Jahrzehnten, dass sich hier die Gentherapie ihren Platz verschafft. "