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Prionen in der Milch?

Medizin. - Die wachsende Zahl an BSE-Fällen unter deutschen Rindern hat Verbraucher, Politik und Wissenschaftler gleichermaßen aufgestört. Eine der brennenden Fragen ist jetzt, wodurch die gefährlichen Prionen von den Rindern auf Menschen übertragen werden können. Unter Verdacht sind jetzt auch Milch und Milchprodukte geraten. Ärzte der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gehen der Hypothese nach.

    99,9 Prozent der BSE-auslösenden Eiweißkörper kommen im Gehirn und Rückenmark vor. Allerdings vagabundieren die restlichen Prionen mit dem Blut durch den Körper - und das legt den Verdacht nahe, dass sie mit dem Blut auch in den Kuheuter gelangen und dort in der Milch angereichert werden. Schließlich müssen 400 bis 500 Liter Kuhblut durch die Milchdrüsen zirkulieren, um einen Liter Milch zu bilden. Dabei werden dem Blut Vitamine, Mineralstoffe, Fett und Eiweiß entzogen, außerdem durchkämmen weiße Blutkörperchen die Milch nach Krankheitserregern. Professor Jörg Hamann von der MHH hat die Leukozyten gezählt und ist auf 30.000 bis 50.000 pro Kubikzentimeter Milch gekommen. Doch die an sich löbliche Funktion der Blutkörperchen könnte sie zur Bedrohung für die Milch machen. Hamann: "Die Trägerfunktionen von Leukozyten oder auch anderen Blutkörperchen legt natürlich die Vermutung nahe, dass diese bei erkrankten Kühen auch Prionen transportieren und mit diesen aus der Blutbahn in die Milchdrüsen übergehen." Der Mediziner glaubt zwar, dass die so bepackten Leukozyten zu groß sind, um durch die Blut-Euter-Schranke zu wandern, allerdings kann diese Annahme bisher mangels geeigneter Analyseverfahren nicht untermauert werden. Hamann plädiert trotzdem für besonnenes Vorgehen: "Nach allen vorliegenden Informationen sehe ich kein Risiko für den Verbraucher."

    [Quelle: Michael Engel]