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Pro und Contra von "Frankenfood"

Umwelt. - "Frankenfood", so nennen Kritiker Produkte der grünen Gentechnik - also genetisch veränderter Pflanzen. Während in Europa vor allem Risiken der Gentechnik auf dem Acker diskutiert werden, steigen weltweit die Anbauflächen genetisch veränderter Pflanzen immer weiter. Die Forschergemeinschaft sucht bis Dezember nach einem gemeinsamen Standpunkt.

Von Volkart Wildermuth |
    Sie kamen aus der Schweiz und aus Südafrika, aus China und den USA, aus Frankreich und Deutschland - ein Dutzend Pflanzenexperten aus aller Welt. Ihre Aufgabe: kurz und knapp die Position der Wissenschaft zur grünen Gentechnik zusammenzufassen. Nun gibt es schon seit Jahren eine umfangreiche Diskussion unter Forschern, doch Professor Bernd Müller Röber vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam ist dennoch davon überzeugt, dass eine erneute Stellungnahme notwendig ist.

    "Wir als Wissenschaftler erleben leider immer wieder, dass in der Öffentlichkeit immer noch fehlerhaft über die Technologie diskutiert wird, mit viel Unwissen auch. Das kann uns nicht zufrieden stellen, zumal wir Kenntnisse haben, gerade in den letzten Jahren, die eindeutig belegen, dass gentechnisch veränderte Pflanzen durchaus sehr positive Effekte in der Landwirtschaft haben können."

    Davon aber würden die Medien weit seltener berichten als über die wenigen Studien, die Gefahren der genetisch veränderten Pflanzen zeigen. Einer der ihren Nutzen aus erster Hand kennt ist Professor Yufa Peng von der Chinesischen Akademie für Agrarwissenschaften in Peking.

    "Viele Kleinbauern pflanzen insektenresistente Baumwolle an. Dabei steigt ihr Einkommen deutlich an, zusätzlich verbessert sich auch ihre Lebensqualität und Gesundheit, weil sie weniger chemische Insektenvernichtungsmittel versprühen."

    Die Zahl der Vergiftungen ist deshalb messbar zurückgegangen. In der dritten Welt wird die Forschung nicht von den Großkonzernen dominiert, hier gibt es in vielen Ländern öffentliche Institute, die die Gentechnik gezielt für die nationalen Bedürfnisse nutzen. Am Agrarforschungszentrum in Kairo wird an einer breiten Palette genetisch veränderten Pflanzen gearbeitet, erläutert selbstbewusst Dr. Ismail Abdel Hamid.

    "Wir arbeiten an unseren eigenen Nutzpflanzen, mit unseren eigenen Händen, mit unseren eigenen Forschern und wir haben Erfolg. Feldversuche zeigen, dass diese Pflanzen zum Beispiel vor Viren geschützt sind, und dass sie im Vergleich zu den konventionellen Sorten höhere Erträge und eine bessere Qualität bieten. Man muss an den nationalen Problemen arbeiten, dann hat man auch Erfolg."

    Die Bedenken der Europäer kann er nicht nachvollziehen.

    "Europa ist eine einsame Insel, isoliert durch diese Furcht. Hier glaubt man, dass die Gentechnik Monster erzeugen wird. Wir in Ägypten haben diesen Ängste nicht. Wir arbeiten an Gesetzen zur Biosicherheit, die sicherstellen, dass die genetisch veränderten Pflanzen so sicher wie konventionelle Sorten sind. "

    Die Bedenken der Europäer behindern den Einsatz der grünen Gentechnik in der Dritten Welt. Dabei sind Nahrungsmittel aus genetisch veränderten Pflanzen besonders sicher, meint Professor Klaus Ammann, bis vor kurzem Direkter des Botanischen Gartens Bern, nach intensivem Studium der wissenschaftlichen Literatur.

    "Es ist so, dass schlicht und einfach diese Gentech-Nahrungsmittel die sichereren sind als die normalen Nahrungsmittel, weil man genau gewusst hat, was getestet werden soll und die ganz wenigen, raren Fälle, wo man gesehen hat, das sind Allergene oder sonstige Probleme, die hat man eben eliminieren können."

    Bei der Einführung der ganz natürlichen Kiwi kam es in Europa dagegen zu Todesfällen durch Allergien. Auch die negativen Umweltauswirkungen der Gen-Tech-Pflanzen halten die Wissenschaftler in Berlin für völlig übertreiben. In dem Entwurf für die Erklärung des internationalen Forums der Akademien der Wissenschaften sollen Regierungen und Umweltorganisationen aufgefordert werden, ihren Kampf gegen die genetisch veränderten Pflanzen einzustellen. Ein wenig überraschendes Fazit, schließlich haben in Berlin vor allem Pflanzenforscher miteinander diskutiert. Kritiker waren nicht geladen. Die Debatte geht also sicher weiter. Es wird interessant sein zu sehen, mit welchen wissenschaftlichen Studien Greenpeace oder Friends of the Earth dem in Berlin gefundenen Konsens der Akademien der Wissenschaften antworten wollen.