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Probefahrt des angeblich sichersten Doppelhüllen-Tankers

Das Großtankerunglück vor Spanien macht deutlich wie schnell es zu riesigen Ölkatastrophen kommen kann. Die Forderungen nach mehr Sicherheit auf Schifffahrtswegen werden lauter. Die Kieler Lindenau Werft baut schon seit Jahren Doppelhüllentanker. Im Zusammenarbeit mit einem Hamburger Reeder gibt es jetzt aber einen Tanker, der noch mehr Sicherheit bietet. Heute Nachmittag kam der nagelneue Tanker durch den Nord-Ostsee Kanal und machte in der Lindenau Werft fest.

von Claudia Thoma |
    Es ist der erste von sechs hochmodernen und vor allem hoch sicheren Frachtern weltweit. Ausgestattet nicht nur mit Doppelhüllentanks, sagt Dirk Lindenau, der Geschäftsführer der Kieler Lindenau Werft. Hier werden schon seit über 25 Jahren Doppelhüllentanker baut:

    Dass was diesen Doppelhüllentanker zusätzlich auszeichnet, ist das der Tanker im Maschinenraum zwei Antriebsanlagen hat, die von einander vollständig getrennt sind, so dass der Versagensfall durch Kollision oder Flutung oder Feuer vollständig abgesichert ist, indem der zweite Maschinenraum vollständig geschützt ist.

    Auf dem neuen Spezialfrachter ist alles doppelt: Zwei Ruderblätter gibt es, zwei Propeller, zwei Schalttafelräume und zwei Hauptmaschinen. Fällt also eine Maschine mal aus, was oft Ursache von schweren Unfällen ist, kann die Fahrt mit der anderen Maschine problemlos fortgesetzt werden:

    Entscheidend ist, dass die Antriebsanlage des Schiffes in Takt bleibt und hier ist sozusagen das Maximum gemacht worden, um die maximale Sicherheit des Schiffes zu gewährleisten.

    Wie sich Tankerhavarien auswirken können, das konnte der Kapitän des neuen Schiffes auf der Überfahrt von Rumänien nach Kiel mit eigenen Augen sehen. Vor Spanien passierte er die Untergangsstelle des Tankers Prestige. Erste Erfahrungen mit dem Schiff hat er also bereits. Und die ersten Tests im schwarzen Meer, die sind auch bestanden. Kapitän Kai Niemann:

    Im schwarzen Meer haben wir die durchgeführt. Mit beiden Maschinen voll voraus, einen Motor stehen lassen und mit dem anderen versucht, Kurs zu halten. Das ging wunderbar.

    In 16 verschiedenen Tanks und genauso vielen Leitungen und Pumpen kann der Tanker 8.000 Tonnen laden. Jeder einzelne Tank ist mit einer eigenen Lade- und Löscheinrichtungen versehen und je nach Stoff mit speziellen Beschichtungen.

    Interessant ist, dass bei einem Schiff, dass sie gerade jetzt hier anlegen sehen, in jedem dieser Ladetanks eine unterschiedliche Ladung gefahren werden kann. Das ist ein Doppelhüllen-Öl- und Chemikalientanker, der also Öle, Ölprodukte und eine riesige Anzahl von Chemikalien transportieren kann. Darüber hinaus auch eine große Anzahl von Stoffen die geheizt transportiert werden, wir haben eine Heizungsanlage an Bord, weil viele Stoffe bei Umgebungstemperatur so flüssig sind, dass man sie gut pumpen kann.

    Es sind vor allem hochwertige Produkte, die mit dem Tanker transportiert werden, sagt der Kapitän.

    Schmieröle, alles was auf dem Mineralölsektor ist, Speiseöl geht auch. Rohöl geht natürlich auch, aber das werden wir wohl kaum fahren, dafür ist das Schiff zu schade.

    ”Wappen von Hamburg” wird der Tanker, nach der Taufe in der nächsten Woche, heißen. Fast zwei Jahre lang wurde dieses Spezialschiff entwickelt und etwa ein Jahr lang dauerte die Bauzeit auf einer Werft in Rumänien.

    Der Hauptgrund ist leider der, dass wir eine kleine Werft sind und zur Zeit sehr gut ausgelastet sind. Gerne hätten wir natürlich auch dieses Schiff gebaut. Das war aus terminlichen Gründen einfach nicht möglich.

    Gebaut ist das Schiff für den weltweiten Einsatz, fahren wird es wohl aber vor allem in Küstennähe. Und genau da sind die doppelten Absicherungen auch am wichtigsten. Strandet in Küstennähe ein Schiff oder tritt Ladung aus, dann kann das verheerende Folgen haben, wie jetzt in Spanien. Diese Gefahren sind bei diesem Tanker fast unmöglich. Allein die Doppelhülle des hochmodernen Tankers bietet höchstmögliche Sicherheit, von innen und außen, und damit auch Umweltschutz. Die Doppelhülle ist praktisch ein Schiff im Schiff.

    Den Schutz der Doppelhülle sollte man sich so vorstellen wie die Knautschzone beim Auto. Entscheidend ist nämlich wie viel Energie kann so eine Doppelhülle aufnehmen bei einer Kollision oder Grundberührung ohne verletzt zu werden. Entscheidend ist darüber hinaus, wenn eine Verletzung passiert ist, dass sie bitte in der äußeren Hülle stattfindet, so dass in der inneren Hülle trotzdem noch die Ladung sicher transportiert werden kann.

    Und sollte doch mal ein Tank innerhalb des Schiffes verletzt sein, kann kein Öl ins Meer laufen. Dann wird es in der Doppelhülle aufgefangen oder in den Seitenhüllen. Ein Tanker der Zukunft, davon sind Kapitän und Schiffbauer überzeugt.

    Wenn man überlegt, dass heute etwa 8.600 Tanker im weltweiten Markt sind und etwa 20 Prozent erst eine Doppelhülle haben, und wir eine hohe Überalterung in der Tonnage haben, ist ein großer Ersatzbedarf bei Tankern da. Es ist das Maximale, was man an Tankersicherheit machen kann und diese kostet auch eine Menge Geld

    Die hohe Sicherheit, da sind sich Reeder und Schiffsbauer einig, wird von den großen Ölgesellschaften, in Form von Aufträgen, honoriert werden. Denn im Falle einer Havarie sind sie dran. Und schon vor der Übergabe an die Hamburger Reederei "Wappen" steht fest, dass das Schiff für seinen hohen Sicherheitsstandard eine weltweit einmalige Auszeichnung erhält. das der Germanische Lloyd, der TÜV der Schiffe, wird diesem Tanker das höchste Klassenzertifikat verleihen. Anfang nächster Woche wird der über 100 Meter lange Tanker dann nach Hamburg gehen und dort getauft werden. Und wohin es dann gehen wird, das weiß selbst der Kapitän noch nicht.

    Das würde ich auch gerne wissen.