Von Tobias Müller
Nicht nur in Frankfurt, an fast allen deutschen Universitäten ist das Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern alarmierend gering. Ulrike Helbig, als Biologin Studienberaterin an der Frankfurter Goethe-Uni, sieht das Juniorstudium als Werbung für ein Studium mit mehr Zukunftsaussichten als noch vor ein paar Jahren: In den Neunzigerjahren war eigentlich ein Chemie- oder Physikstudium ein Freifahrtschein in die Arbeitslosigkeit, und das hält sich noch in den Köpfen. Der Arbeitsmarkt hat sich seit 98 drastisch gewandelt, zum einen, weil wir weniger Absolventen haben, aber zum andern auch, weil mehr Leute gebraucht werden.
Ulrike Helbig hat für das ''Studium auf Probe'' im vergangenen Jahr 60 Schüler aus den Gymnasien des Rhein-Main-Gebiets gewinnen können. In diesem Jahr sind es schon 160 Juniorstudenten. Die Universität will mit diesem von einer Stiftung gesponserten ''Schnupperstudium'' für später vorbauen - denn die Abbrecherquoten sind immer noch zu hoch.
Uns ist auch wichtig, dass wir Studierende bekommen, die eine klare Studienentscheidung getroffen haben, die genau wissen, ich will diesen Studiengang studieren. Wir haben die Zielvereinbarungen mit dem Land Hessen, wir müssen die Studienabbrecherzahlen senken und bei den Langzeitstudierenden die Studienzeiten senken.
Vier Wochen lang können die Juniorstudenten jetzt herausfinden, welche Wahl sie denn nun treffen wollen. Nicht wenigen geht es da wie Elisabeth Schock, die aus Geppertsheim in Rheinland-Pfalz nach Frankfurt gekommen ist.
Ich persönlich interessiere mich sehr für Medizin, aber auch für Biochemie. Ich wollte eigentlich auch ganz gerne mal in die Meteorologie hineinhören, und das habe ich jetzt auch schon gemacht. Das war klasse, da haben wir an einem Instrumentenpraktikum teilnehmen dürfen, Windgeschwindigkeiten gemessen und später dann auch eine Kurve erstellt. Das hat sehr viel Spaß gemacht.
Elisabeth kommt gerade von einer Biologie-Veranstaltung. In einem Glas hat sie kleine Käfer-Körperteile, die sie dort unterm Elektronen-Rastermikroskop untersuchen konnte. Nach anderthalb Wochen möchte Elisabeth immer noch am liebsten alles besuchen. Aber irgendwie muss sie sich ja entscheiden.
Es ist eine schwere Entscheidung, weil das die ganzen nächsten Lebensjahre beeinflussen und später auch den Charakter prägen wird. Und deswegen finde ich es Klasse, dass die Uni das anbietet. Denn auf der einen Seite wird man dann vielleicht bewahrt, sein Studium abzubrechen, oder man kann seine Entscheidung noch einmal testen und sagen: Ja, das ist es wirklich.
Der häufigste Grund, warum Studierende ihr Studium aufgeben oder abbrechen, ist Orientierungslosigkeit. Ulrike Helbig kann das aus Erfahrung bestätigen:
Viele fühlen sich sehr allein gelassen. Es kommen auch sehr viele mit falschen Vorstellungen zu uns. Es gibt wirklich Leute, die glauben, man könnte ein Medizinstudium ohne Physik und Chemiekenntnisse durchziehen, aber das geht nicht. Aufzuklären und den Übergang von Schule zu Hochschule etwas weicher zu machen, das steckt hier im Juniorstudium mit drin.
Nadine Plegge ist Lehramtsstudentin für Physik im zweiten Studienjahr. Bevor sie ihr Studium in Mainz anfing, konnte sie nicht vorher ausprobieren, ob es auch passt. In Mainz passte es ihr nicht, sie kam nach Frankfurt. Jetzt gehört sie zu den 16 Mentoren, die sich um die Juniorstudenten kümmern. Rundgänge durch die wichtigsten zentralen Einrichtungen gehören genauso dazu wie Erklärungen praktischer Fragen des Studienalltags. Was fällt einem am schwersten, wenn man gerade von der Schule kommt? Nadine Plegge:
Die Selbstorganisation des Studiums. Und leider auch die Anonymität, die am Anfang vorherrscht, wenn man am Anfang von der Schule kommt. Vielleicht studiert keiner das gleiche Fach, und da muss man sich erst mal Freundschaften aufbauen. Man muss erst mal die ganzen Wege herausfinden, wie komme ich am besten von einem Saal in den anderen. Man muss sich selbst seinen Stundenplan schreiben - gut, das hat man jetzt hier beim Juniorstudium nicht - aber man ist auf sich selbst gestellt.
Die Erfahrungen mit dem letzten Jahrgang haben gezeigt, dass sich die Juniorstudenten im ersten Semester viel leichter zurecht gefunden haben. Auch Elisabeth Schock kennt inzwischen die wichtigsten Einrichtungen der Mediziner.
Die anatomischen Vorlesungen, das ist einfach sehr, sehr viel Einzelwissen. Da denkt man irgendwann: okay, jetzt kann ich es mir nicht mehr merken. Aber ich glaube, das lernt man dann auch. Man muss wirklich sehen, dass man die wichtigen Dinge selektiert. Was ganz toll war, die haben in einer Pause eine Live-Operation gezeigt, und das war ein Raucher, 32 Jahre alt, der schon nicht mehr gehen konnte, und dann wurde aus seiner Arterie ein zwei Zentimeter langes Plaque-Stück entfernt. Spätestens da haben alle gesagt, die noch nicht geraucht haben: ich werde es auch nie tun. Es war überzeugend.
Drei bis vier Vorlesungen täglich sollen die Juniorstudenten besuchen, dazu kommen die Experimente und Exkursionen. Nach dem Probestudium beurteilen sie ihre Erfahrungen in einem Fragebogen, den die Studienberater auswerten. Ulrike Helbig:
Es waren letztes Jahr aber auch zwei Teilnehmer, die haben mir auf die Evaluationsbögen geschrieben ''Nie wieder Uni''. Sie haben aber eben rechtzeitig vor Studienbeginn festgestellt, dass das Ganze hier nichts für sie ist. Auch das ist eine klare Entscheidung, die ich durchaus gut heiße.
Nicht nur in Frankfurt, an fast allen deutschen Universitäten ist das Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern alarmierend gering. Ulrike Helbig, als Biologin Studienberaterin an der Frankfurter Goethe-Uni, sieht das Juniorstudium als Werbung für ein Studium mit mehr Zukunftsaussichten als noch vor ein paar Jahren: In den Neunzigerjahren war eigentlich ein Chemie- oder Physikstudium ein Freifahrtschein in die Arbeitslosigkeit, und das hält sich noch in den Köpfen. Der Arbeitsmarkt hat sich seit 98 drastisch gewandelt, zum einen, weil wir weniger Absolventen haben, aber zum andern auch, weil mehr Leute gebraucht werden.
Ulrike Helbig hat für das ''Studium auf Probe'' im vergangenen Jahr 60 Schüler aus den Gymnasien des Rhein-Main-Gebiets gewinnen können. In diesem Jahr sind es schon 160 Juniorstudenten. Die Universität will mit diesem von einer Stiftung gesponserten ''Schnupperstudium'' für später vorbauen - denn die Abbrecherquoten sind immer noch zu hoch.
Uns ist auch wichtig, dass wir Studierende bekommen, die eine klare Studienentscheidung getroffen haben, die genau wissen, ich will diesen Studiengang studieren. Wir haben die Zielvereinbarungen mit dem Land Hessen, wir müssen die Studienabbrecherzahlen senken und bei den Langzeitstudierenden die Studienzeiten senken.
Vier Wochen lang können die Juniorstudenten jetzt herausfinden, welche Wahl sie denn nun treffen wollen. Nicht wenigen geht es da wie Elisabeth Schock, die aus Geppertsheim in Rheinland-Pfalz nach Frankfurt gekommen ist.
Ich persönlich interessiere mich sehr für Medizin, aber auch für Biochemie. Ich wollte eigentlich auch ganz gerne mal in die Meteorologie hineinhören, und das habe ich jetzt auch schon gemacht. Das war klasse, da haben wir an einem Instrumentenpraktikum teilnehmen dürfen, Windgeschwindigkeiten gemessen und später dann auch eine Kurve erstellt. Das hat sehr viel Spaß gemacht.
Elisabeth kommt gerade von einer Biologie-Veranstaltung. In einem Glas hat sie kleine Käfer-Körperteile, die sie dort unterm Elektronen-Rastermikroskop untersuchen konnte. Nach anderthalb Wochen möchte Elisabeth immer noch am liebsten alles besuchen. Aber irgendwie muss sie sich ja entscheiden.
Es ist eine schwere Entscheidung, weil das die ganzen nächsten Lebensjahre beeinflussen und später auch den Charakter prägen wird. Und deswegen finde ich es Klasse, dass die Uni das anbietet. Denn auf der einen Seite wird man dann vielleicht bewahrt, sein Studium abzubrechen, oder man kann seine Entscheidung noch einmal testen und sagen: Ja, das ist es wirklich.
Der häufigste Grund, warum Studierende ihr Studium aufgeben oder abbrechen, ist Orientierungslosigkeit. Ulrike Helbig kann das aus Erfahrung bestätigen:
Viele fühlen sich sehr allein gelassen. Es kommen auch sehr viele mit falschen Vorstellungen zu uns. Es gibt wirklich Leute, die glauben, man könnte ein Medizinstudium ohne Physik und Chemiekenntnisse durchziehen, aber das geht nicht. Aufzuklären und den Übergang von Schule zu Hochschule etwas weicher zu machen, das steckt hier im Juniorstudium mit drin.
Nadine Plegge ist Lehramtsstudentin für Physik im zweiten Studienjahr. Bevor sie ihr Studium in Mainz anfing, konnte sie nicht vorher ausprobieren, ob es auch passt. In Mainz passte es ihr nicht, sie kam nach Frankfurt. Jetzt gehört sie zu den 16 Mentoren, die sich um die Juniorstudenten kümmern. Rundgänge durch die wichtigsten zentralen Einrichtungen gehören genauso dazu wie Erklärungen praktischer Fragen des Studienalltags. Was fällt einem am schwersten, wenn man gerade von der Schule kommt? Nadine Plegge:
Die Selbstorganisation des Studiums. Und leider auch die Anonymität, die am Anfang vorherrscht, wenn man am Anfang von der Schule kommt. Vielleicht studiert keiner das gleiche Fach, und da muss man sich erst mal Freundschaften aufbauen. Man muss erst mal die ganzen Wege herausfinden, wie komme ich am besten von einem Saal in den anderen. Man muss sich selbst seinen Stundenplan schreiben - gut, das hat man jetzt hier beim Juniorstudium nicht - aber man ist auf sich selbst gestellt.
Die Erfahrungen mit dem letzten Jahrgang haben gezeigt, dass sich die Juniorstudenten im ersten Semester viel leichter zurecht gefunden haben. Auch Elisabeth Schock kennt inzwischen die wichtigsten Einrichtungen der Mediziner.
Die anatomischen Vorlesungen, das ist einfach sehr, sehr viel Einzelwissen. Da denkt man irgendwann: okay, jetzt kann ich es mir nicht mehr merken. Aber ich glaube, das lernt man dann auch. Man muss wirklich sehen, dass man die wichtigen Dinge selektiert. Was ganz toll war, die haben in einer Pause eine Live-Operation gezeigt, und das war ein Raucher, 32 Jahre alt, der schon nicht mehr gehen konnte, und dann wurde aus seiner Arterie ein zwei Zentimeter langes Plaque-Stück entfernt. Spätestens da haben alle gesagt, die noch nicht geraucht haben: ich werde es auch nie tun. Es war überzeugend.
Drei bis vier Vorlesungen täglich sollen die Juniorstudenten besuchen, dazu kommen die Experimente und Exkursionen. Nach dem Probestudium beurteilen sie ihre Erfahrungen in einem Fragebogen, den die Studienberater auswerten. Ulrike Helbig:
Es waren letztes Jahr aber auch zwei Teilnehmer, die haben mir auf die Evaluationsbögen geschrieben ''Nie wieder Uni''. Sie haben aber eben rechtzeitig vor Studienbeginn festgestellt, dass das Ganze hier nichts für sie ist. Auch das ist eine klare Entscheidung, die ich durchaus gut heiße.