Die Idee ist schon zehn Jahre alt. Sie habe viele auf Anhieb begeistert, erinnert sich die belgische Mikrobiologin Annick Mercenier. Doch niemand habe so recht geglaubt, dass es wirklich klappen könnte ...
"Milchsäurebakterien! Jeder kennt sie. Aus Joghurt, Käse und anderen Lebensmitteln. Wir überlegten, ob man sie nicht als lebendige Vehikel benutzen könnte, um medizinische Wirkstoffe in den Verdauungstrakt zu bringen. Das war damals eine völlig neue Idee. Wir stellten uns kleine Zell-Fabriken vor: Die Milchsäurebakterien gelangen in den Darm, nisten sich dort ein und fangen an, nützliche Moleküle zu produzieren."
Allerdings ging es um Wirkstoffe, die die Mikroben nicht von Natur aus produzieren. Sie sollten erst dazu gebracht werden - mit Hilfe der Gentechnik. Mercenier und ihre Kollegen packten also ein heisses Eisen an: Sie begannen, fremde Gene in das Erbmaterial von Milchsäurebakterien einzubauen. Mit dem Ziel, dass die transgenen Lactobazillen dann Substanzen produzieren und abgeben, die zum Beispiel gegen Darmentzündungen wirken. Das war das Konzept. Im Rahmen eines europäischen Forschungsprojektes wurde versucht, diese Vision zu verwirklichen. Annick Mercenier leitete die Arbeiten, am Pasteur-Institut in Lille in Frankreich:
"Uns ist wirklich ein Durchbruch gelungen. Inzwischen haben wir die erste klinische Studie an Patienten durchgeführt, mit einem probiotischen Bakterienstamm, der ein menschliches Gen trägt. Uns ging es erst einmal darum zu zeigen, dass die Anwendung ohne Risiko ist. Und das konnten wir prinzipiell bestätigen."
Die klinische Studie wurde erst kürzlich abgeschlossen. Sie lief in den Niederlanden, mit dem Einverständnis einer Ethik-Kommission. Zehn Patienten nahmen teil. Alle leiden an Morbus Crohn, einer chronischen Entzündung des Darmes. Und alle schluckten sie den genetisch veränderten Bakterienstamm - als probiotische Medizin gewissermaßen. Mercenier:
"Dieser Stamm trägt in seinem Erbgut ein Gen, das die Synthese eines Interleukins erlaubt. Interleukine sind Botenstoffe des menschlichen Immunsystems. Man kann sie gegen die Entzündung einsetzen. Also, unser Versuchsstamm trägt ein menschliches Gen. Und die Studie hat gezeigt, dass es fest im bakteriellen Erbgut verankert ist. Es kann also nicht auf irgendeine Weise freigesetzt werden. Der unkontrollierte Transfer des Gens auf andere Mitglieder der Darmflora ist dadurch ausgeschlossen."
Den medizinischen Ergebnissen der Studie möchte die Forscherin nicht vorgreifen. Dazu werde es in Kürze eine Fachveröffentlichung von Kollegen geben. Aber wenn Annick Mercenier sagt, dass sie ganz enthusiastisch sei, darf man davon ausgehen, dass das Resultat auch hier positiv ist. Dass die bakteriellen Arznei-Fabriken im Darm von Kranken tatsächlich einen Gesundheitseffekt haben. Das EU-Projekt zeigt, wo vielleicht die Zukunft von Probiotika liegen könnte: Man wird den lebenden Kulturen wie gehabt im Supermarkt begegnen. Das ist die Anwendung in Lebensmitteln. Man wird Milchsäurebakterien vielleicht aber auch vom Arzt verschrieben bekommen. Das wäre dann die neue Anwendung als Arzneimittel. Mercenier:
"Bei Morbus Crohn etwa ruft die Behandlung oft starke Nebenwirkungen hervor. Wir hoffen, dass wir sie mit den Milchsäurebakterien vermeiden können. Denn sie würden nur sehr geringe Wirkstoff-Mengen direkt vor Ort freisetzen."
Transgene Bakterienstämme könnten auch noch anderes produzieren. Zum Beispiel Impfstoffe gegen Viren, die Durchfallerkrankungen auslösen. Oder Enzyme, die die Bauchspeicheldrüse bei einer Unterfunktion nicht mehr liefern kann. All das ist denkbar und wird im Tierversuch auch bereits erprobt. Ob sich eine probiotische Medizin am Ende durchsetzt, hängt aber davon ab, ob Patienten sie auch akzeptieren. Ob sie bereit sind, Arzneien zu schlucken, die genetisch veränderte Mikororganismen enthalten.
"Milchsäurebakterien! Jeder kennt sie. Aus Joghurt, Käse und anderen Lebensmitteln. Wir überlegten, ob man sie nicht als lebendige Vehikel benutzen könnte, um medizinische Wirkstoffe in den Verdauungstrakt zu bringen. Das war damals eine völlig neue Idee. Wir stellten uns kleine Zell-Fabriken vor: Die Milchsäurebakterien gelangen in den Darm, nisten sich dort ein und fangen an, nützliche Moleküle zu produzieren."
Allerdings ging es um Wirkstoffe, die die Mikroben nicht von Natur aus produzieren. Sie sollten erst dazu gebracht werden - mit Hilfe der Gentechnik. Mercenier und ihre Kollegen packten also ein heisses Eisen an: Sie begannen, fremde Gene in das Erbmaterial von Milchsäurebakterien einzubauen. Mit dem Ziel, dass die transgenen Lactobazillen dann Substanzen produzieren und abgeben, die zum Beispiel gegen Darmentzündungen wirken. Das war das Konzept. Im Rahmen eines europäischen Forschungsprojektes wurde versucht, diese Vision zu verwirklichen. Annick Mercenier leitete die Arbeiten, am Pasteur-Institut in Lille in Frankreich:
"Uns ist wirklich ein Durchbruch gelungen. Inzwischen haben wir die erste klinische Studie an Patienten durchgeführt, mit einem probiotischen Bakterienstamm, der ein menschliches Gen trägt. Uns ging es erst einmal darum zu zeigen, dass die Anwendung ohne Risiko ist. Und das konnten wir prinzipiell bestätigen."
Die klinische Studie wurde erst kürzlich abgeschlossen. Sie lief in den Niederlanden, mit dem Einverständnis einer Ethik-Kommission. Zehn Patienten nahmen teil. Alle leiden an Morbus Crohn, einer chronischen Entzündung des Darmes. Und alle schluckten sie den genetisch veränderten Bakterienstamm - als probiotische Medizin gewissermaßen. Mercenier:
"Dieser Stamm trägt in seinem Erbgut ein Gen, das die Synthese eines Interleukins erlaubt. Interleukine sind Botenstoffe des menschlichen Immunsystems. Man kann sie gegen die Entzündung einsetzen. Also, unser Versuchsstamm trägt ein menschliches Gen. Und die Studie hat gezeigt, dass es fest im bakteriellen Erbgut verankert ist. Es kann also nicht auf irgendeine Weise freigesetzt werden. Der unkontrollierte Transfer des Gens auf andere Mitglieder der Darmflora ist dadurch ausgeschlossen."
Den medizinischen Ergebnissen der Studie möchte die Forscherin nicht vorgreifen. Dazu werde es in Kürze eine Fachveröffentlichung von Kollegen geben. Aber wenn Annick Mercenier sagt, dass sie ganz enthusiastisch sei, darf man davon ausgehen, dass das Resultat auch hier positiv ist. Dass die bakteriellen Arznei-Fabriken im Darm von Kranken tatsächlich einen Gesundheitseffekt haben. Das EU-Projekt zeigt, wo vielleicht die Zukunft von Probiotika liegen könnte: Man wird den lebenden Kulturen wie gehabt im Supermarkt begegnen. Das ist die Anwendung in Lebensmitteln. Man wird Milchsäurebakterien vielleicht aber auch vom Arzt verschrieben bekommen. Das wäre dann die neue Anwendung als Arzneimittel. Mercenier:
"Bei Morbus Crohn etwa ruft die Behandlung oft starke Nebenwirkungen hervor. Wir hoffen, dass wir sie mit den Milchsäurebakterien vermeiden können. Denn sie würden nur sehr geringe Wirkstoff-Mengen direkt vor Ort freisetzen."
Transgene Bakterienstämme könnten auch noch anderes produzieren. Zum Beispiel Impfstoffe gegen Viren, die Durchfallerkrankungen auslösen. Oder Enzyme, die die Bauchspeicheldrüse bei einer Unterfunktion nicht mehr liefern kann. All das ist denkbar und wird im Tierversuch auch bereits erprobt. Ob sich eine probiotische Medizin am Ende durchsetzt, hängt aber davon ab, ob Patienten sie auch akzeptieren. Ob sie bereit sind, Arzneien zu schlucken, die genetisch veränderte Mikororganismen enthalten.