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Problematische Fortpflanzung

Fortpflanzungsbiologie. - Vor 70 Jahren begann man, Bullensperma für die Befruchtung von Kühen tiefzufrieren. Damit wurde der Grundstein zur künstlichen Besamung gelegt, die heutzutage bei allen Haustierrassen üblich ist und inzwischen sogar beim Menschen eingesetzt wird. Auf der 34. Jahrestagung zur Physiologie und Pathologie der Fortpflanzung diskutieren Tier- und Humanmediziner in Gießen neue Aspekte der künstlichen Befruchtung.

    In flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad gelingt heute das Konservieren von Bullen- oder Hengstsperma relativ gut. Eine polnische Studie zeigt, dass es mindestens 25 Jahre haltbar ist. Der Gießener Veterinär Hartwig Bostedt hält grundsätzlich sogar 50 bis 100 Jahre für denkbar. Allerdings gibt es aus bisher unbekannten Gründen eine stark schwankende Erfolgsquote. So eignet sich das Sperma jedes fünften Hengstes nicht für das Tieffrieren, bei Ebern ist es sogar bei vier von fünf Tieren ungeeignet. Die Fortpflanzungsexperten diskutierten daher auf ihrem Treffen in Gießen die Rolle der Verdünnermedien. Momentan wird Eigelb verwendet um das Sperma so zu strecken, dass es für bis zu 1000 weibliche Tiere reicht. Es soll die Spermien mit der notwendigen Minimalernährung versorgen. "Allerdings ist es ein Fremdeiweiß und kann daher zu allergischen Reaktionen führen", erklärt Tiermedizin-Professor Bostedt. Daher müsse an neuen Medien gearbeitet werden, die eine bessere Erfolgsquote zeigen.

    Die künstliche Besamung soll künftig auch für Wildtiere erprobt werden, um bei diesen seltenen Arten ausreichend große Populationen zu erhalten. Am Beispiel der namibischen Straußen haben die Giessener Veterinäre das Vorgehen durchexerziert. Angefangen beim nicht ganz ungefährlichen Gewinnen des Spermas bis zu geglückten Befruchtung eines Weibchens konnten sie eine künstliche Befruchtung durchführen. "Der nächst Schritt wäre jetzt, in die Tiefgefrierkonservierung zu gehen", so Bostedt.

    [Quelle: Wolfgang Preßl]