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Produkte aus Pflanzenproteinen

Gesunde Ernährung ist in den letzten 20 Jahren für einen Großteil der Bevölkerung immer wichtiger geworden. Die Aufschrift "BIO" hatte bis zum Nitrofen-Skandal enorm verkaufsfördernde Wirkung – der Schriftzug "gentechnisch verändert" hingegen macht Lebensmittel meist zu Ladenhütern. Irgendwo dazwischen gibt es dann auch noch das sog. "functional food" – Nahrungsmittel, die neben dem Effekt satt zu machen noch eine positive Wirkung für die Gesundheit haben – meistens aber auch aus dem Labor stammen und deshalb mit "gentechnisch verändert" oft fälschlicherweise gleichgesetzt werden. In Erding bei München debattieren seit gestern Nachmittag Experten aus aller Welt auf einem Symposium über Chancen und Risiken der funktionellen Lebensmittel.

von Wolfgang Nitschke |
    Functional Food kann durchaus etwas mit Gentechnik zu tun haben, die meisten Nahrungsmittel, die bislang im Supermarkt käuflich zu erwerben sind und zu den Funktions-Lebensmitteln gehören, erreichen den Effekt schlicht durch die Rezeptur bei ihrer Herstellung. Margarine, die den Cholesterinspiegel niedrig hält, wird nicht aus veränderten Pflanzen hergestellt – ihr wird nur der Inhaltsstoff beigemischt, der den positiven Effekt bewirkt. Obstsäfte mit hohem Calciumgehalt oder besonders fettarme Milchprodukte – bei denen Fette durch andere Stoffe ersetzt werden, sind auch Functional Food, und es gibt auch schon den sog. Goldenen Reis mit erhöhtem Gehalt an Vitamin A und Eisen, der insbesondere in der dritten Welt für die Ernährung und Gesundheit Vorteile bieten soll. Doch mit Blutdrucksenkenden Tomaten oder Anti-Rheuma-Kartoffeln müssen die Verbraucher in Zukunft nicht rechnen. Dr. Wolfgang Holley, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising:

    Ich glaube nicht, dass es auf der Ebene der Urpflanze passiert. Ich kann mir vorstellen, dass man secundäre Pflanzenstoffe findet, die eine antirheumatische Wirkung besitzen und dass man diesen Stoff oder diese Stoffkombination dann als Bestandteile von ganz normalen Lebensmitteln verarbeiten wird. Ich sage mal – einen Kartoffelknödel, den man als Fertigprodukt herstellt und der von der Hausfrau oder dem Hausmann ganz normal zubereitet wird, aber den Zusatznutzen enthält. So und dann haben wir ein Functional Food auf der Basis Kartoffel.

    Eine weitere Möglichkeit, Nahrungsmitteln eigentlich nicht darin vorhandene Stoffe zukommen zu lassen hat die Landwirtschaft – Omega-3-Fettsäuren – haben erwiesenermaßen vorbeugende Wirkung gegen Arteriosklerose und Herzinfarkt. Es gibt sie reichlich im Fisch oder im Leinsamen - in Eiern oder Hühnerfleisch sind sie in der Natur aber nicht vorhanden. Dr. Christine Kroner vom Unilever-Health-Institut in Vlaadingen / Niederlande:

    Es gibt inzwischen eine Menge DesignerFoods, die eine erhöhte Konzentration von diesen Omega-3-Fettsäuren enthalten. Es gibt Eier, Hühnerfleisch, Wurstwaren. Wenn man die Omega-3-Fettsäuren in Eiern erhöhen will, dann füttert man die Hühner mit Leinsamen oder mischt Leinöl unter ihr Futter.

    Meistens wird dem Hühnerfutter jedoch Fischmehl zugefügt – was diverse Nachteile hat, und deshalb denken die Forscher dann beim Functional Food doch an die Gentechnik Wolfgang Holley:

    Wenn Sie einen Schritt weitergehen und sagen, dass ist eine relativ teure Quelle, wir haben geringe Fischbestände, wir haben hohe Preise für Fischmehl und wir haben sensorische Probleme mit Fischmehl – unerwünschte Nebeneffekte geschmacklicher Art – dann wäre es doch eine Möglichkeit mal hinzugehen und zu versuchen, mit gentechnischen Methoden einer Pflanze die Fähigkeit Omega-3-Fettsäuren herzustellen zu lehren. Und dann hätte ich eine Futterquelle, die denselben Nutzen hat ernährungsphysiologisch, die billiger ist, die geschmackliche Nachteile vermeidet und in der Nahrungskette beim Verbraucher den zusätzlichen Nutzen sicherstellt.

    Der ganz große Durchbruch ist den Funktionsnahrungsmitteln bislang allerdings nicht gelungen – die Zahl derer, die die Sache mit Skepsis betrachten, ist besonders in den älteren Generationen groß und hinzu kommt, dass die Lebensmittel oft noch deutlich teurer sind, als die herkömmlichen.