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Professionelle Hilfsbereitschaft

Verkehrsunfälle, Überschwemmungen, Erdbeben, Gasexplosionen, Monsterwellen - die Liste der Katastrophen ist lang, bei und nach denen die Experten des Technischen Hilfswerks zum Einsatz kommen. Das THW ist weltweit einzigartig, weil es zu 98 Prozent aus Freiwilligen besteht. Über 76.000 "blaue Engel" gibt es in Deutschland, die sich letztes Jahr zusammen für knapp eine Million Stunden ehrenamtlich engagierten.

Von Michael Fischer |
    Eine leichte Brise weht über das weite Feld. Die Sonne strahlt vom fast wolkenlosen Himmel. Mehrere junge Männer in blauer Uniform arbeiten auf einem zehn Meter hohen Metallgerüst. Sie sind angeseilt, damit sie beim Aufbau des Sicherheitsturms nicht abstürzen. Drei Männer und eine Frau reichen auf Kommando von unten neue Metallstangen nach.

    "Ich denke schon, dass ich probieren dürfte, aber im Moment trau ich mir das selber noch nicht zu. Ich helf halt mit, so weit ich kann. Und hab halt mein Spaß dabei auch."

    Michaela Schmidt ist eine der wenigen jungen Frauen, die beim Technischen Hilfswerk mitarbeiten. Geht das mit so vielen Männern?

    "Das ist nicht schlimm mittlerweile, da gewöhnt man sich dran. Es ist locker. Ne Mitschülerin ist auch im THW, im Ortsverband Vermutkirchen, die hat mich auch mal mitgenommen, und das hat Interesse irgendwie geweckt. Wir haben da einfach die zwei Samstage acht Stunden gearbeitet, und ich fand's eigentlich recht nett so, mit den Leuten was zusammen zu machen. Teamarbeit, halt, na ja, Achtung."

    Während des Papstbesuchs beim Weltjugendtag in Köln waren rund 1400 ehrenamtliche THW-Kräfte großflächig auf dem Marienfeld in Aktion. Sie lenkten zusammen mit anderen Sicherheitsleuten die Pilgerströme, sorgten für Strom und Licht, brachten warme Decken und verteilten Wasser.

    Verkehrsunfälle, Überschwemmungen, Erdbeben, Gasexplosionen, Monsterwellen - die Liste der Katastrophen ist lang, bei und nach denen die Experten des Technischen Hilfswerks zum Einsatz kommen. Was sind das für Menschen, die ihre Freizeit damit verbringen, unentgeltlich anderen Leuten zu helfen, die von Katastrophen heimgesucht wurden? Möchtegern-Soldaten, die in ihrer Freizeit gerne Abenteuer bestehen? Supermänner und Frauen, die statt eines roten Anzugs blaue Arbeitskleidung tragen?

    Die Samariter des Katastrophenschutzes sind wenig bekannt, obwohl oder gerade weil sie Menschen in Not zur Seite stehen – auch im Ausland zum Beispiel bei Wiederaufbauarbeiten im Kosovo oder nach der Flutwelle in Sri Lanka und Indonesien. Das THW ist weltweit einzigartig, weil es zu 98 Prozent aus Freiwilligen besteht. Über 76.000 blaue Engel gibt es in Deutschland, die sich letztes Jahr zusammen für knapp eine Million Stunden ehrenamtlich engagierten. Viele von ihnen verpflichten sich lieber beim THW, als zur Bundeswehr gehen zu müssen, weswegen sie lange Zeit mit dem Vorurteil zu kämpfen hatten, eine Drückeberger-Organisation zu sein.

    Einige Meter neben dem Gerüstturm steht eine Gruppe Männer vor dem blauen Mini-Bus des ebenfalls blau gekleideten Einsatzleiters. Klaus Huland ist braungebrannt und wirkt sportlich, die Haare sind schon leicht ergraut.

    "Das ist ein Gerüstsystem, was eigentlich in der Bauindustrie üblich ist, was aber jetzt vom Technischen Hilfswerk speziell auf besondere Einsatzaufgaben her weiterentwickelt wurde. Unsere Stärken sind einmal das Abstützen von einsturzgefährdeten Gebäuden oder Gebäudeteilen, zum anderen eben dieser Bau von Arbeitsplattformen und als dritte Einsatzoption kommt der Stegebau wie wir’s zum Beispiel vom Hochwasser her kennen."

    Klaus Huland ist, wie seine 26 Mitarbeiter, Freiwilliger - seit mehr als 25 Jahren. Das heißt zwei bis vier Mal pro Monat am Abend vier Stunden und hin und wieder den Samstag für Übungen und Lehrgänge opfern, von den eigentlichen Einsätzen, die meistens nachts passieren, ganz zu schweigen. Dass es heute noch so viele Leute gibt, die sich sozial engagieren, ist für viele überraschend.

    "Da ist sehr viel Freizeit draufgegangen, aber dadurch, dass ich eben schon 25 Jahre dabei bin, sehen Sie auch, dass es natürlich auch ne Sache ist, die Spaß macht. Spaß macht deshalb, weil man irgendwo auch den Dank der Leute bekommt, denen man helfen kann, wie wir’s im Hochwasser erlebt haben. Natürlich spielt auch die Kameradschaft untereinander eine große Rolle. Und last not least: Man lernt auch ne Menge."

    Per Funk kündigt die Küchenabteilung an, dass das Mittagessen in 25 Minuten serviert wird. Mit einem Teil seines Teams fährt Klaus Huland daraufhin am Kölner Papsthügel vorbei zum THW-Einsatzlager. Sein letzter großer Einsatz war während des Elbhochwassers 2002, ein Ereignis, das in die Annalen des THW einging. Damals waren mehrere Wochen um die 24.000 Helfer im Einsatz. In der Regel rückt Klaus Huland jedoch mit seinem Team bei Bränden aus, um einstürzende Gebäude abzustützen.

    "Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten, davon zu hören, entweder von der zuständigen Einsatzleitung oder direkt von unserer Geschäftsstelle bekommen wir den Auftrag, einen Einsatz wahrzunehmen. Die Einsatzleitung ist in unserem Falle in der Regel die Berufsfeuerwehr. Dann werden die Helfer alarmiert. Die treffen dann am Ortsverband ein. Das erste Fahrzeug kann in der Regel nach 15 Minuten ausrücken."

    Die Vorgängerorganisation des THW, die 1919 gegründete "Technische Nothilfe", machte als Vereinigung von Streikbrechern von sich reden. Sie wurde bei kommunistischen Arbeitskämpfen eingesetzt. Mit technisch versierten Freiwilligen sollte das öffentliche Leben auch bei Streiks in strategisch wichtigen Versorgungs- und Verkehrsbetrieben aufrechterhalten werden. In der Zeit des Nationalsozialismus diente sich die Nothilfe dann den Machthabern an und wurde folgerichtig nach Kriegsende von den Alliierten aufgelöst, weiß Wolf Dombrowsky:

    "1945/46 sind durch alliierte Direktiven ja alle Organisationen verboten worden, die das Dritte Reich kriegs- und überlebensfähig machten, und dazu gehörten eben auch alle Einrichtungen des Zivilschutzes, der Luftschutz gehörte dazu, die Technische Nothilfe, die später THW geworden ist."

    So wurde das THW 1950 als Bundesorganisation für Zivilschutz neu gegründet,

    "…die satzungsgemäß nur für den Verteidigungsfall vorgesehen ist, die aber, das ist das Prinzip in der BRD, in Friedenszeiten durch den so genannten Doppelnutzen auch herangezogen werden kann für Aufgaben im Katastrophenschutz, aber dies ausschließlich bei Anforderung durch die Länder."

    Denn Katastrophenschutz ist dezentral den Bundesländern unterstellt. Das bringt jedoch Koordinierungsprobleme bei Katastrophen wie der Elbeüberschwemmung mit sich, die Bundesländergrenzen überschreiten.

    Verantwortlich dafür ist die Konkurrenz unter den verschiedenen für Katastrophenschutz zuständigen staatlichen, halbstaatlichen und privaten Organisationen wie die Feuerwehren, das Rote Kreuz oder das THW. Das gilt auch für das internationale Hilfegeschäft, so Wolf Dombrowsky, wo die Konkurrenz zwischen Regierungs- und Nichtregierungsorganisation um Aufträge für die UNO oder die EU zunimmt.

    Aus dem neu gewonnenen Renommee im Ausland schlägt das THW auch innenpolitisch Kapital, sagt Wolf Dombrowsky:

    "Die Feuerwehren in der Bundesrepublik sind ein ganz massiver Gegner des THW. Da wird mit harten Bandagen gekämpft. Und eines der Argumente war immer: "Ja, bis das THW alarmiert ist und bis die im Einsatzgebiet sind und bis die sich sortiert haben, da sind die Feuerwehren mit dem Einsatz schon fertig". Das heißt aber, zunehmend sind hier auslandserprobte Helfer mit hoher Kompetenz, mit guter Führungsstruktur, und nun fürchtet man, dass eine Verschiebung stattfindet. Das Interessante ist nämlich, dass die Feuerwehren national mittlerweile bis 80 Prozent ihrer Einsätze technische Hilfe sind, und nur noch zehn bis 15 Prozent wirklich originäre Brandschutzaufgaben. Und im Bereich technischer Hilfe drängt immer mehr das THW nach."

    Auf solche Vorwürfe reagiert man bei den Feuerwehren gelassen. Kein Wunder: Schließlich gibt es in Deutschland etwa 1,3 Millionen Feuerwehrmänner und nur knapp 76.000 THW-Mitarbeiter. Außerdem, so erklärt der Vorsitzende des Ausschusses Katastrophenschutz im Landesfeuerwehrverband Nordhein-Westfalen, Klaus-Thomas Riedel, ist die Gesetzeslage ganz eindeutig:

    "Ich glaube auch gar nicht so sehr, dass es um Anfeindungen aus dem Bereich der Feuerwehren geht. Ich glaube, dass es eine große Rolle spielt, dass die Feuerwehren für die kommunale Gefahrenabwehr zuständig sind und zunächst einmal alleine tätig sein müssen auf Grund der gesetzlichen Vorgaben, die wir haben. Zu dem Zeitpunkt interessiert das keinen Kreis, kein Land, keine Bundesregierung, was sich vor Ort abspielt. Und für die vor Ort vorhandenen Risiken müssen die Feuerwehren entsprechend aufgestellt sein. Das ist irreal, so etwas anzunehmen, und darauf weisen Feuerwehren natürlich hin. Das sich aus einer lokalen Lage anschließend eine größere Lage ergeben kann, das ist unbestritten. Hier kommt es auf eine sinnvolle und zügige und auch unbürokratische Zusammenarbeit an. Aber es wäre ein Trugschluss, zu meinen, dass man für die alltägliche Gefahrenabwehr durch irgendwelche außergewöhnlichen Strukturen, die für den Großschadensfall geplant sind, dass man für die alltägliche Gefahrenabwehr daraus Honig saugen könnte."

    Adressat dieses verschlüsselten Vorwurfs ist nicht nur das THW, sondern auch das vor einem Jahr gegründete Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. BBK-Präsident Christoph Unger gibt dann auch zu:

    "Es hat möglicherweise in der Vergangenheit Animositäten gegeben, aber wir sind gerade dabei, hier die Kooperation zu verbessern."

    Das neue Amt mit Sitz in Bonn - Tür an Tür mit der THW-Bundeszentrale - soll mit dem Wirrwarr der Zuständigkeiten zwischen Bundesbehörden und Bundesländern aufräumen und die nicht mehr zeitgemäße Trennung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz aufheben. Doch der Plan von Innenminister Otto Schily scheiterte bislang an den Machtstreitereien mit den Ländern in der Föderalismuskommission. Christoph Unger:

    "Das Amt ist nach den Erfahrungen aus den Anschlägen vom 11. September, aber auch gerade nach den Erfahrungen aus dem Elbe-Hochwasser im Jahre 2002 errichtet worden. Man hat festgestellt, dass die bis dahin bestehende Parallelität - Zivilschutz als Sache des Bundes, Katastrophenschutz als Sache der Länder - aufgehoben werden muss. Es muss enger zusammengearbeitet werden zwischen Bund und Ländern. Hier besteht die zentrale Aufgabenstellung des Amtes. Es gibt eine aktuelle Diskussion auch über eine Verfassungsänderung. Der Bundesminister des Inneren, Otto Schily, hat mehr Kompetenzen des Bundes bis hin zu Weisungsrechten gefordert. Dieses ist aber in der Föderalismusdiskussion gescheitert. Wir werden sehen, was jetzt nach der Bundestagswahl daraus wird."

    Neben der Koordinierung bundesländerübergreifender Katastropheneinsätze ist vor allem die Vorbereitung auf mögliche terroristische Angriffe während der Fußball-Weltmeisterschaft nächstes Jahr ein wichtiges Aufgabengebiet des BBK, sagt Georg Unger:

    "Wir haben ganz konkret ausgewertet die Anschläge von Madrid oder aus London. Ich bin gerade von einer Veranstaltung gekommen, bei der Mitarbeiter des Health Service aus London uns vorgetragen haben, wie das gelaufen ist, was gelaufen ist, was schlecht gelaufen ist. Diese Erfahrungen werden von uns ausgewertet, werden bei uns auch ganz konkret umgesetzt, zum Beispiel bei den Planungen Weltmeisterschaft 2006. Was haben wir zu erwarten, wovon müssen wir ausgehen, was heißt das für unsere Vorsorgeleistungen. Wir haben das in Übungen umgesetzt, in Ausbildung der Stäbe der Ausrichterstädte. Wir schauen, selbst wenn wir derartige Ereignisse nicht in der BRD hatten in der letzten Zeit, uns natürlich weltweit die Ereignisse an, lernen daraus und setzen konkrete Maßnahmen um."

    Das BBK arbeitet dabei eng mit dem Informations- und Beobachtungszentrum der Europäischen Kommission für Naturkatastrophen und technologische Unfälle zusammen. In seinem hellen Großraumbüro am Stadtrand von Brüssel erklärt der Dienst tuende Koordinator Peter Billing den so genannten europäischen Zivilschutzmechanismus.

    "Das Zentrum wurde 2001 eingerichtet, um die Koordinierung zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Falle von größeren Katastrophen zu verbessern. Der Mechanismus, an dem 30 europäische Staaten teilnehmen, kann auf Ersuchen eines der Mitgliedstaaten aktiviert werden. Es gibt in den meisten europäischen Ländern staatliche, halbstaatliche oder auch private Einrichtungen, die sich dem Katastrophenschutz zugeschrieben haben. In manchen Ländern ist das Innenministerium zuständig, in anderen Ländern ist das Verteidigungsministerium. Hier auf Kommissionsebene sind sie in den Räumen der Generalsdirektion für Umwelt."

    In Italien ist der Katastrophenschutz so ähnlich organisiert wie in Deutschland, dezentral und mit vielen Freiwilligen. In Frankreich hingegen fällt er in den Aufgabenbereich einer kleinen Spezialtruppe von extra dafür trainierten Berufssoldaten. In England werden ebenfalls Profis eingesetzt. Sie sind direkt dem Premierminister unterstellt. Diese unterschiedlichen Strukturen, Kommandoebenen und Sprachen können bei gemeinsamen Einsätzen zu Problemen führen, die die Zentrale in Brüssel ausräumen helfen soll. Die EU-Beamten werden aber auch bei großen Unglücken in aller Welt aktiv, zum Beispiel nach Erdbeben, Monsterwellen oder Hurrikans.

    "Wir bedienen uns hier auch wissenschaftlicher Erkenntnisse, um die Frühwarn- und Warnfähigkeiten zu verbessern."

    Peter Billing zeigt auf einen der vielen Bildschirme in seinem Büro.

    "Das hier ist das Daily Monitoring and Alert Service, das ist eine Dienstleistung, die wir in Kürze anbieten werden, einen täglichen Lagebericht über die Situation im Bereich von Katastrophen weltweit. Sie müssen wissen, dass der Mechanismus in erster Linie zwar innereuropäisch tätig ist, aber bei größeren Katastrophen wie letztes Jahr beim Tsunami wir auch in Drittländern Einsätze vorbereiten und begleiten können."

    Auch das Technische Hilfswerk ist in Brüssel präsent. Auf einem Empfang im Europäischen Parlament stellt THW-Präsident Georg Thiel einigen Abgeordneten die Arbeit seiner Organisation vor.

    "Katastrophen machen vor Grenzen keinen Halt und gehen uns letztlich alle an. Auf der anderen Seite muss man natürlich sagen, dass hier sehr viel Geld umgesetzt wird von allen Organisationen der Welt, und es ist natürlich auch, neben der Hilfe, auch ein Geschäft. Das THW ist ja eine Non-Profit-Organisation, wir werden vom deutschen Steuerzahler bezahlt, wir müssen nicht davon leben und sind deshalb auf diese geschäftlichen Interessen nicht angewiesen."

    Deswegen ist das THW ein starker Konkurrent für die vielen Nichtregierungsorganisationen, die sich weltweit beim Wiederaufbau von durch Krieg oder Umweltkatastrophen zerstörten Gebieten engagieren. Für das THW ist das Auslandsengagement relativ neu, aber stark im Kommen, sagt Georg Thiel.

    "Wir setzen pro Jahr ungefähr 15-20 Millionen in diesem Auslandsgeschäft um. Wir bekommen Geld von der EU, von europäischen Nationen, vom Auswärtigen Amt und der Zeit, bei der Partnerschaftsinitiative der Bundesregierung sehr viel über Städte und Gemeinden, die in Südostasien ein Projekt aufbauen, Häuser wieder herrichten oder Schulen und Kindergärten einrichten. In Afrika sind wir hauptsächlich für das Auswärtige Amt und die UNO tätig, in Afghanistan sind wir Teil der Wiederaufbauhilfe der Staatengemeinschaft für den afghanischen Staat, und in Südostasien arbeiten wir im Auftrag des Auswärtigen Amtes, der EU und für die Partnerschaftsinitiative vieler deutschen Städte."

    Auf dem sandigen Platz des THW-Einsatzlagers auf dem Marienfeld stehen mehrere Männer in blauer Arbeitskleidung an zwei Reihen aufgestellter Klapptische Schlange.

    "Alles noch da: Nudeln und Gulasch, Wasser, Apfelschorle.
    - Alkohol haben wir nicht?
    - Mit Sicherheit. (Lacht)
    - Ist das Band jetzt gelaufen ..."

    Karsten Herzberger ist nicht der einzige im THW, der sich um das Bild seiner Organisation in der Öffentlichkeit sorgt. Dass sich ein Reporter auf dem Gelände der zwar zivilen, aber doch straff militärisch geführten Organisation herumtreibt, macht manche THWler nervös. Warum den normalen Alltag, zu dem vielleicht auch ein Bier nach getaner Arbeit oder eine kritische Bemerkung zum Arbeitsablauf gehört, geheim halten wollen? Schließlich nimmt sich der große Mann im mittleren Alter aber doch noch ein Brötchen mit Wurst und Käse und eine Flasche Apfelschorle. Wie um sich zu entschuldigen, sagt er:

    "Für mich ist eine der faszinierenden Momente beim THW, dass wir uns, weil wir alle ehrenamtlich in unserer Feizeit beim THW mitarbeiten, uns aus vielen Berufen, aus vielen Richtungen treffen. Das hat im Einsatzfall immense Vorteile, weil sich im Zweifelsfall das Wissen und das Können der Helfer ergänzt. Irgendeiner hat immer eine Idee, der in einer Situation helfen kann. Das ist ein tolles Zusammenspiel. Aber auch im Alltagsleben in den Ortsverbänden bedeutet das, dass man mit Menschen zusammenkommt, mit denen man sonst vielleicht nie den Kontakt hätte."

    Allen Unkenrufen zum trotz gibt es also noch soziales Engagement in Deutschland. Und das nicht zu gering: Etwa 1,7 Millionen Menschen engagieren sich als Freiwillige in den verschiedenen Hilfsorganisationen im Bereich Zivil- und Katastrophenschutz. Es sind Männer und zunehmend auch Frauen aus allen Schichten und Berufsgruppen, wobei technische Berufe dominieren. Sie begründen ihre Hilfsbereitschaft mit der Faszination der Technik, die sie einsetzen lernen, mit Kameradschaft, die sie während der Einsätze und Ausbildungskurse erleben, aber auch mit der Dankbarkeit, die sie bei ihren oft anstrengenden und sogar gefährlichen Einsätzen erfahren.