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Profifußball in Serbien
"Schamlose Missachtung fundamentaler Rechte"

Von einer fundamentalen Missachtung der Rechte spricht die internationale Spielergewerkschaft FIFPro, wenn es um Profifußball in Serbien geht. Unter anderem werden dort Gehälter nicht pünktlich gezahlt oder Spieler zum Vereinswechsel gedrängt.

Von Andrea Beer | 25.01.2017
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    Der Präsident der internationalen Spielervereinigung FIFPro, Theo van Seggelen (rechts), warnt Profifußballer vor einem Wechsel nach Serbien. (picture alliance / dpa / Olivier Hoslet / EPA)
    Ein Belgrader Derby Roter Stern gegen Partizan sorgt zwar oft für Gewalt, aber auch verlässlich für Stimmung im Stadion. Es sind die beiden größten Clubs in Serbien und für Profispieler entsprechend attraktiv. Nun warnt die internationale Spielervereinigung FIFPro vor einem Wechsel nach Serbien. Der Grund: Eine Umfrage bei der Hälfte der etwa 500 serbischen Profispieler, die ein ernüchterndes Ergebnis hatte. Fast 70 Prozent bekommen ihr Gehalt nicht pünktlich, 89 Prozent wechseln den Verein, weil sie dazu gedrängt werden. Theo van Seggelen ist Generalserkerät der FIFpro und er ließ empört erklären:
    "Das ist eine schamlose Missachtung fundamentaler Rechte professioneller Spieler in Serbien, die nun effektiv in einem gesetzlosen Umfeld spielen. Bis die Situation geklärt ist, raten wir Spielern dringend davon ab, in Serbien zu spielen."
    Viele serbische Spieler sind wegen dieser Schwierigkeiten vor ein Schiedsgericht gezogen. Dies wurde vom serbischen Fußballverband nun umorganisiert. Betroffene Spieler, die sich dort wehren, müssen weit höhere Tarife zahlen als bisher.
    Der serbische Verband schweigt
    Öffentlich schweigen die Betroffenen dazu. Mirko Poledica ist Präsident der serbischen Spielergewerkschaft Nezavisnost in Belgrad und er erklärt das so:
    "Es herrscht Angst bei den Spielern. Oft kommen sie mit ihren Eltern zu mir, mit ihren Familien. Ich sehe die Angst in ihren Augen. Ich verstehe sie: Sie sind jung, haben keine große Lebenserfahrung. Als Mensch, der in dieses Land zurückgekehrt ist, um hier zu leben, schmerzt mich das. Ich fühle mich sogar schuldig, weil ich Teil einer Gesellschaft bin, in die Dinge leider so funktionieren."
    "Es gab Drohungen, die die Spieler ernst nehmen"
    Poledica war selbst Profifußballer, spielte in Polen, Tschechien und Serbien und war der erste Spieler, der sich dort wehrte, weil er kein Gehalt bekam. Dabei merkte er, dass systematische Unterstützung fehlte. Die will er mit der Spielergewerkschaft Nezavisnost wettmachen. Darin sind fast 90 Prozent der serbischen Spieler Mitglied. Für knapp 70 Euro jährlich werden sie beraten. Dass Spieler um ihre Gehälter kämpfen müssen, sei kein Geheimnis, meint Mirko Poledica:
    "Alle in Serbien wissen, dass es so läuft. Mir macht in der letzten Zeit allerdings noch etwas Sorgen: Einzelne Vereine, die den Spielern Geld schulden, fangen an, Druck auszuüben. Sie wollen, dass die Spieler auf ihr Geld verzichten. Und es gab Drohungen, die die Spieler ernst nehmen. Diese Informationen habe ich persönlich von den Spielern bekommen."
    Diese Fußballspieler sind jung. Doch die Struktur, mit der Sie kämpfen müssen, ist ein Erbe aus jugoslawischer Zeit. Denn bis heute sind serbische Fußballvereine rein rechtlich öffentliche Einrichtungen, an die entsprechend Gelder fließen. Serbische Fußbalfunktionäre hängen also am Tropf der Belgrader Politik. Viele reden mit und für Kritiker ist das ein gravierender Teil des Problems. Der Staat könne die Profis deswegen auch nicht schützen, meint Spielervertreter Poledica. Der serbische Fußballverband war auf ARD Anfrage nicht zu einem Gespräch bereit.
    Fußballverein Partizan Belgrad von der UEFA gesperrt
    Und er hat zurzeit noch weitere Sorgen. Denn die UEFA verhängte gerade eine Sperre über den einflussreichen Verein Partizan Belgrad. Der serbische Meister von 2015 hat fast 2,5 Millionen Euro Schulden bei den Sozial- und Steuerbehörden angehäuft. Partizan Belgrad ist nun für eine Saison von der Champions League und der Europa League ausgeschlossen.
    Laut UEFA ist der Club ein Wiederholungstäter. Der Verein habe die Vorschriften in den letzten fünf Jahren gleich dreimal gebrochen. Die Sperre bedeutet für den Belgrader Club einen enormen Einnahmeverlust - denn die Teilnahme an der Champions League lässt die Kasse klingeln. Für junge serbische Fußballprofispieler gilt das eher nicht. Sie müssen wieder um ihre Gehälter kämpfen. Am 6. Februar will sich die UEFA mit der FIFPro treffen und über die Situation in Serbien weiter beraten.