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Programm für umweltgerechtes Recycling von Elektroschrott

Erst boomt die Elektronik- und Mobilfunkbranche, dann folgt die Elektroschrottlawine. Dabei produziert Deutschland schon heute 1,8 Millionen Tonnen Elektromüll im Jahr. Mit einer europaweiten Elektroschrottverordnung soll die stetig wachsende Schrotthalde eingedämmt werden. Wer ein Produkt in die Welt setzt, muss es auch am Ende wieder entsorgen. Jetzt wird es darum gehen, Elektrogeräte zu konstruieren, die leicht zu entsorgen sind. Recyclingspezialisten der Technischen Universität Braunschweig haben eine Software entwickelt, die Produktdesignern helfen soll, umweltgerechte und leicht zu verschrottende Geräte zu entwerfen.

von Markus Götte |
    Telefonhörer, Computer, Fernseher und Radios liegen verstreut auf Tischen in der Halle. Hier quellen die Innereien eines Staubsaugers heraus, dort baumelt eine Leiterplatte aus einem Regal. Martin Ohlendorf vom Braunschweiger Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik schnappt sich ein Handy und demonstriert, wie schnell er es in seine Einzelteile zerlegen kann.

    Die erste Demontageoperation wäre vier Schrauben auf der Rückseite des Gerätes zu lösen, da sieht man schon vier Schrauben, ist vom Zeitaufwand recht lange. So das ist jetzt die Operation, die man bei seinem normalen Handy nicht machen sollte. Das LCD Display sitzt auf der Leiterplatte, was mit einer Schnappverbindung hier auf der Leiterplatte sitzt. Diese Schnappverbindung zu lösen, das geht recht schnell, Demontagezeit unterhalb einer Sekunde, also schon recht gut konstruiert das Produkt von demontagetechnischen Gesichtspunkten aus.

    Zeit ist Geld bei der Wiederverwertung. Denn später muss alles per Hand auseinandergebaut werden - automatisiertes Recycling gibt es fast nicht, erklärt Elektroschrottexperte Ohlendorf. In den vergangen Jahren haben die Braunschweiger darum immer wieder die Zeit gestoppt, wie schnell sich Elektrogeräte zerlegen lassen. Welche Materialarten verwandt werden, und ob diese wieder verwertbar sind. Aus den ermittelten Daten haben die Wissenschaftler ein Programm geschrieben, das es den Elektrogeräteherstellern unter anderem erleichtern soll, die ab 2005 geltenden europäische Recycling-Quoten für Elektrogeräte einzuhalten. Wer beim Design schon ans Verschrotten denkt, spart Entsorgungskosten und vermeidet Abfall, sagt der Ingenieur Christoph Herrmann.

    Die Kostenverantwortung für das Recycling liegt zukünftig bei den Herstellern und Importeuren und wenn man für die Kosten verantwortlich ist, dann will man natürlich auch sehen, dass man diese reduzieren kann. So ist der Einsatz einer solchen Software eben auch gerade damit verbunden, dass ich vor ermitteln kann, welche Recyclingquoten für mein Produkt möglich sind, mit welchen Kosten ich zu rechnen habe, wenn dieses Produkt zur Entsorgung oder zum Recycling ansteht.

    Die Idee der Elektroschrottexperten: Konstrukteure nutzen das Programm als Ratgeber. Dazu müssen sie es zunächst mit Daten füttern: Welche Materialien sie benutzen wollen, wie groß und wie schwer diese sind. Daraus ergeben sich entweder Entsorgungskosten bei schadstoffhaltigen Bauteilen wie Kadmium und Blei oder Erlöse bei Edelmetalle in Leiterplatten, wie Gold oder Silber. Das Programm ermittelt die Recycling-Quote, rechnet Demontagezeiten und Demontagekosten aus und bewertet die Konstruktion. Ein Analysekriterium, sagt Herrmann, ist der Zugang zu schadstoffhaltigen Bauteilen im Gehäuse eines Elektrogeräts.

    Wie viele Bauteile müssen demontiert werden, um ein schadstoffträgerhaltiges Bauteil zu demontieren, und so gibt es eine ganze Reihe weiterer Kriterien, von der Schwierigkeit der Trennbarkeit von bestimmter Verbindungen bis hin, dass natürlich Bauteilen, die zu einer Wiederverwendung anstehen, sollten möglichst zerstörungsfrei abbaubar sein sollten und so weiter.

    So deckt das Programm nicht nur Schwachstellern auf, sondern macht auch Verbesserungsvorschläge. Bei Klebeverbindungen rät es zu demontagefreundlichen Steckverbindungen, warnt vor dem sorglosen Einsatz von Lötblei und legt die Verwendung weniger Kunststoffsorten nahe, so Herrmann.

    Auch da ist sicherlich immer noch Optimierungspotenzial, wir haben in Produkten durchaus vier bis zu zehn verschiedene Kunststoffe. Und die Kunststoffvielfalt macht es natürlich auch wieder schwieriger letztendlich, dass ein Kunststoffrecycling möglich wird. Kunststoffe müssen eben in der Regel sortenrein getrennt werden, um ein hochwertige Verwertung zu erlauben und wir brauchen eine ausreichende Menge.

    In Südkorea arbeitet ein großer Elektrokonzern schon mit der Software. In Deutschland sind die Braunschweiger Wissenschaftler noch auf der Suche nach interessierten Firmen.