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Projekt „Saubere Spiele“

Umwelt. - Pekings Abgasglocke ist berüchtigt. Während der Olympischen Spiele sollen daher durch Zwangsstilllegungen und andere Verbote die Luftwerte verbessert werden. Die wissenschaftlichen Grundlagen für diese Maßnahmen wurden unter anderem von Atmosphärenforschern des Forschunszentrums Jülich gelegt.

Von Volker Mrasek |
    "Ja, dann zeig’ ich Ihnen kurz, wie wir ins Labor kommen."

    Andreas Wahner an seinem gewohnten Arbeitsplatz, im Forschungszentrum Jülich. Der Physikochemiker und Meteorologe ist Direktor am Institut für Chemie und Dynamik der Geosphäre. Hier betreibt man Atmosphärenforschung.

    "Hier gehen wir am besten rein."

    Das Institutslabor. Eher eine geräumige Werkhalle. Ein klobiges Metallgestell füllt sie zur Hälfte aus. Es wirkt wie ein Jahrmarkts-Wagen, ist aber ein Instrumententräger. Darin: jede Menge Messgeräte, Kabel, Pumpen und durchsichtige Schläuche. In ihnen zirkuliert ein auffälliger Farbstoff.

    "Der ist so knallig-rot. Also, wir haben jetzt Farbstoff gelöst in Ethanol. Und Sie können froh sein, dass es hier noch so sauber aussieht."

    Andreas Oebel ist Doktorand am Institut. Der Physiker verrät das Geheimnis des Apparate-Aufbaus. Es ist ein Farbstoff-Laser. Mit dem UV-Licht, das der Laser aussendet, kann man Hydroxyl-Radikale messen. Das sind reaktionsfreudige Moleküle aus Wasser- und Sauerstoff, die Luftschadstoffe abbauen. Man nennt sie deshalb auch das Waschmittel der Atmosphäre. Andreas Wahners Arbeitsgruppe ist darauf spezialisiert, diese Radikale zu messen. Nicht nur daheim. Wahner:

    "Die gleiche Apparatur war auch dann in China."

    Wenn von Smog in Peking die Rede ist, jetzt zu Beginn der Olympischen Sommerspiele, dann ist Andreas Wahner ein idealer Ansprechpartner. Der Jülicher Institutschef kennt die Verhältnisse vor Ort ganz gut. Schon vor zwei Jahren hat seine Arbeitsgruppe eine Messkampagne in der chinesischen Hauptstadt durchgeführt, gemeinsam mit Forschern aus Taiwan, Japan und China. Jetzt folgt Teil 2. Wahner:

    "An Ende dieser Woche fahr’ ich da hin, gucke mir mal die Werte an und gucke an, wie es läuft."

    Vor gut anderthalb Wochen steckte Peking noch unter einer trüben Smog-Glocke. Es war windstill, dichter Feinstaub hing in der Luft. Dann änderte sich das Wetter. Die Stadt wurde kräftig durchgelüftet. Wahner:

    "Jetzt sind auch die Werte deutlich noch mal gefallen. Wobei man sagen muss: Selbst als der – sichtbare – Smog so hoch war, waren die Werte schon deutlich niedriger als 2006."

    Allerdings ist es auch nicht der Feinstaub, der den Athleten akut auf die Lunge schlagen könnte. Es sind eher unsichtbare Luftbestandteile, wie die Messungen in Peking ergaben:

    "In Peking ist - das haben wir eben herausgefunden - die Hauptbelastung eigentlich durch Kohlenmonoxid. Und das Kohlenmonoxid ist ein klarer Indikator von Energie-Erzeugungsprozessen, die nicht sehr effizient ablaufen. Konkret heißt das, dass veraltete Feuerungsanlagen betrieben werden. Aber eben auch die Art und Weise, wie viele Chinesen in dem Großraum Peking – ihr tägliches Essen kochen. Das machen die vielfach auf glühender Kohle. Das ist nicht-vollständige Verbrennung. Und da entsteht ziemlich viel Kohlenmonoxid."

    Das Schadgas behindert die Aufnahme und den Transport von Sauerstoff im Blut Wahner:

    "Anschaulich ist das so zu vergleichen, als würde ein Sportler plötzlich ein leichter Raucher sein."

    Kohlenmonoxid zu vermindern – das empfahlen die Wissenschaftler denn auch als dringlichste Maßnahme, um die Luftqualität in Peking während der Olympischen Spiele zu verbessern. Wie Andreas Wahner sagt, wurden auch verschiedene Kraftwerke und Industrieanlagen in dem Ballungsraum vorübergehend geschlossen. Wahner:

    "Wir haben nicht den detaillierten Plan, welche Industrieunternehmen nun stillgelegt worden sind oder nicht. Aber wir wissen, auch von unseren chinesischen Partnern ganz deutlich, dass diese Empfehlungen aufgenommen und umgesetzt worden sind. Wir können das ja auch überprüfen, mit den Messungen. Die Werte sind jetzt durchaus vergleichbar wie bei den Olympischen Spielen zum Beispiel in Atlanta oder Athen."

    Der Jülicher China-Reisende ist sicher, dass das keine vorübergehende Umwelt-Kosmetik bleiben wird:

    "Es ist zu erwarten, dass nun mit dem zusätzlichen Wissen, was diese wissenschaftlichen Messungen gebracht haben, sukzessive darangegangen wird, eben ineffiziente Energieproduktionsstätten zu erneuern. Insofern hat das auch eine Langzeitwirkung für den Großraum Peking."