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Projekt Umverteilung

Nach wie vor wird ein Flüchtling, der mit dem Boot die europäische Küste erreicht, unterschiedlich behandelt je nachdem, wo er europäischen Boden betritt. Griechenland, Italien, Spanien oder Malta, die Mitglieder der Europäischen Union haben ihre Asyl- und Einwanderungspolitik kaum aufeinander abgestimmt. Der Versuch gemeinsame Richtlinien in der Flüchtlingspolitik festzulegen, ist schon mehrfach an den nationalen Interessen einzelner Länder gescheitert. Und so variiert die Anzahl der Flüchtlinge in den verschiedenen EU-Ländern stark. Auch die Vergabepraxis bei den Asylanträgen sieht unterschiedlich aus. Besonders die genannten südeuropäischen Länder fühlen sich überfordert durch die hohe Zahl an Bootsflüchtlingen und fordern die Unterstützung der anderen EU-Staaten, die dazu rechtlich allerdings nicht verpflichtet sind. Für eine Lastenteilung setzte sich schon 2006 der finnische EU-Vorsitz ein - ohne Erfolg. Nun hat die EU-Kommission ein Pilotprojekt gestartet, das auf eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU setzt.

Von Burkhard Birke |
    Wer die Idee hat, sollte mit gutem Beispiel vorangehen: 80 Flüchtlinge vom Horn von Afrika und aus der Elfenbeinküste wurden Anfang Juli bereits in Frankreich aufgenommen. Die Menschen hatten Zuflucht auf Malta gesucht und waren dort als schutzbedürftig anerkannt worden. Aufgrund seiner geografischen Lage und Größe ist die Mittelmeerinsel Malta mit dem Flüchtlingsstrom überfordert. Frankreich hatte deshalb ein Pilotprojekt auf europäischer Ebene angeregt. Ab 2010 sollten auf freiwilliger Basis andere EU-Staaten Malta Flüchtlinge abnehmen. Noch bevor das Pilotprojekt Flüchtlingsumverteilung offiziell läuft, hat Frankreich gehandelt, sicher auch um das durch Abschiebequoten illegaler Immigranten etwas ramponierte Image aufzupolieren.

    Frankreich sei stolz darauf, das erste Land für Asylbewerber zu sein und seiner republikanischen Tradition gerecht zu werden, gab Immigrationsminister Eric Besson im Mai auf Malta zu Protokoll. Die 80 Flüchtlinge werden jetzt in Gemeinschaftsunterkünften in Nanterre, Poitiers, Créteil und Oissel untergebracht. Alle haben einen sogenannten Contrat d'Accueil et d'Intégration - einen Vertrag zur Aufnahme und Integration - unterzeichnet. Dieser ermöglicht ihnen die Teilnahme an Französischintensivkursen, an Kursen über Bürgerrechte und -pflichten und sieht die Betreuung bei der beruflichen Eingliederung vor.

    Sie bekommen einen Aufenthaltstitel als Privatpersonen beziehungsweise Familienangehörige und Zugang zu den für Flüchtlinge vorgesehenen Sozialleistungen in Frankreich. Schon jetzt hat Immigrationsminister Eric Besson angekündigt, auch im kommenden Jahr Malta wieder Flüchtlinge abzunehmen.