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Prokofieff

Rückgriffe auf weiter zurückliegende Epochen finden sich häufig an Wendepunkten der Musikgeschichte, an Endpunkten von Entwicklungen. Sie sind der Versuch, aus den alten Quellen der Musik neue Kraft zu schöpfen, nachzudenken, ob von diesen alten, allgemein als hohe Kunst anerkannten Ausgangspunkten nicht auch andere Entwicklungen möglich gewesen wären. Der Protest gegen eine an ihren Schlusspunkt gekommene Musikrichtung muss nämlich nicht immer so offensichtlich revolutionär sein wie die skandalträchtige Uraufführung von Strawinskys "Sacre du Printemps", wo mit Wucht das Ende der Spätromantik verkündet wurde. Als verstecktere, vielleicht in ihrem Erscheinungsbild freundlichere, aber dennoch heftige Provokation wurde auch empfunden, dass Sergej Prokofieff dem spätromantisch-modernen Streben nach immer detaillierterer Verfeinerung des musikalischen Ausdrucks 1917 eine "Symphonie classique" entgegensetzte, die sich auf die heiter-gelassene Kunst eines Joseph Haydn besann, aus ihrer Übersichtlichkeit und Klarheit auch für die Zukunft neue Ideen zu gewinnen trachtete und damit mit zu einem Wegbereiter des Neoklassizismus in der Musik wurde. Termingerecht zum 50. Todestag Prokofieffs veröffentlicht RCA jetzt diese 1. Sinfonie des 1891 geborenen Musikers zusammen mit den beiden Suiten "Romeo und Julia" und "Die Liebe zu den drei Orangen". Es spielen die St. Petersburger Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Yuri Temirkanow - eine insgesamt sehr feurige, dynamische Studioproduktion, bei der nur die Frage offen bleibt, warum RCA uns diese glänzenden Aufnahmen, die bereits 1991/92 in St. Petersburg bzw. London gemacht wurden, mehr als 10 Jahre lang vorenthalten hat... * Sergej Prokofieff: aus: Klassische Sinfonie Die Neue Platte - heute mit Orchestermusik des 20. Jahrhunderts von Alfred Schnittke und Sergej Prokofieff, die von Musik des Barock bzw. der Wiener Klassik inspiriert worden ist. Zuletzt spielen die St. Petersburger Philharmoniker den letzten Satz aus der "Klassischen Sinfonie" von Sergej Prokofieff. Im Studio verabschiedet sich Ludwig Rink.

Ludwig Rink |