Dienstag, 30. April 2024

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Prokofjew an der Staatsoper Unter den Linden
Heilung für Opern-Süchtige

Rarität: "Die Verlobung im Kloster" des russischen Komponisten Sergej Prokofjew wird selten gespielt. Regisseur Dmitri Tcherniakov inszeniert sie jetzt als Therapiesitzung für Opern-Abhängige. Alles in allem: eine lohnende Entdeckung.

Julia Spinola im Gespräch mit Michael Köhler | 14.04.2019
Prokofjew DIE VERLOBUNG IM KLOSTER Lauri Vasar (Don Carlos), Goran Jurić (Mendoza), Violeta Urmana (Die Duenna), Aida Garifullina (Luisa) und Bogdan Volkov (Don Antonio)
Szene aus "Die Verlobung im Kloster" von Sergej Prokofjew an der Berliner Staatsoper (Ruth und Martin Walz)
Sergej Prokofjews lyrisch-komische Oper steht in der Tradition jener Verwechslungs- und Verkleidungskomödien, bei denen man Mühe hat, nicht den Überblick zu verlieren. Mira Mendelson, Prokofjews zweite Ehefrau, schrieb das Libretto nach einer erfolgreichen Komödie des irischen Dichters Richard Brinsley Sheridan. Prokofjew betonte, dass er das lyrische Moment als das wesentliche ansah. Dennoch zeigt er auch in dieser 1941 vollendeten Oper die aufsässig-groteske Seite seines Komponierens.
Alles ist nur ein Spiel im Spiel
In der Inszenierung an der Berliner Staatsoper Unter den Linden ergänzt der russische Regisseur Dmitri Tcherniakov die verworrene Handlung durch eine Meta-Ebene: Alles ist nur ein Spiel innerhalb einer Therapiegruppe, die "anonyme Opernabhängige" von ihrer Sucht heilen soll. Reklamespots versprechen ein befreites Leben, in dem der von seiner Sucht Geheilte auch wieder Zeit habe, mit seinen Kindern "Mensch-ärgere-Dich-nicht" zu spielen.
Die detailreiche Regie schlägt manchen komischen Funken aus dieser Inszenierungsidee, die jedoch nicht den gesamten Abend ohne Spannungslöcher trägt. Ein herausragendes Sängerensemble und die unter Dirigent und Generalmusikdirektor Daniel Barenboim klangsinnlich und strömend spielende Staatskapelle Berlin machen Prokofjews selten gespielte Oper an diesem Abend jedoch zu einer lohnenden Entdeckung.