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Prostatakrebs

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung beim Mann. Über 33.000 Männer werden allein in Deutschland jedes Jahr mit der Diagnose konfrontiert. Durch gezielte Vorsorgeuntersuchungen könnte der Krebs heute in über 70 Prozent der Fälle im Frühstadium erkannt werden und dann durch geeignete Therapien geheilt werden. Doch nur 17 Prozent der Männer nehmen bislang die Vorsorge wahr. Dabei gibt es heute sogar Behandlungsformen, die eine Operation überflüssig machen. In den USA hat sich mittlerweile eine besondere Strahlentherapie als Standardbehandlung etabliert - die Brachytherapie - die auch in Deutschland immer mehr Verbreitung findet.

Stephanie Kowalewski |
    Das Problem bei einer herkömmlichen Strahlentherapie ist immer, dass die Strahlen ihren Weg von außen durch den Körper bis hin zu dem erkrankten Organ finden müssen. Dabei wird auch gesundes Gewebe belastet. Bei der so genannten Brachytherapie wird die Strahlenquelle hingegen direkt in den Tumor implantiert, erklärt Pedram Derakshani, Urologe an der Kölner Klinik am Ring.

    Diese Strahlenquellen werden durch kleine Hohlnadeln, die man unter Ultraschallkontrolle in die Prostata einführt in das Organ eingebracht und zerstören dann den Tumor von innen heraus. Sie können sich das vorstellen wie eine Glühbirne. Wenn sie nah an der Glühbirne dran sind ist die Strahlung heiß und hell und wenn sie weiter entfernt sind ist sie entsprechend schwächer und kalt. Und genauso ist es auch mit den Strahlenquellen in der Prostata. Dort wo der Tumor ist, ist die Strahlenquelle sehr stark und in der Umgebung, wo sie Nachbarorgane haben, die sie schonen wollen, ist die Strahlung entsprechend geringer.

    Seeds – also Körnchen – nennen sich die winzig kleinen Implantate die ganz individuell für jeden Patienten mit der für ihn nötigen Strahlenmenge beladen werden. Einmal eingesetzt bleiben sie dauerhaft in der Prostata und geben dort über einen Zeitraum von bis zu einem halben Jahr ihre Strahlenenergie ab. Wird der Prostatakrebs früh erkannt, können diese Seeds dem Patienten eine Operation ersparen, sagt der Urologe Stephan Neubauer.

    Es kommt für jeden Patienten in Frage, für den auch die Operation in Frage kommt, denn durch eine Operation ist der Patient nur im Frühstadium heilbar und genau dieselben Heilungsraten erreichen sie auch mit der Seed–Implantation. Also es richtet sich an genau dieselbe Patientengruppe.

    Weil die Operation bei der inneren Strahlentherapie entfällt, ist auch keine Rehabilitation nötig. Die Strahlenquellen werden unter Narkose ambulant eingesetzt und der Patient kann die Klinik nach wenigen Stunden verlassen. Er kann seinen normalen Tagesablauf ohne Unterbrechung weiterleben und wird quasi während des Alltags permanent unbemerkt behandelt. Allerdings hat diese Technik ihren Preis. Mit bis zu 9.000 Euro ist sie ungefähr so teuer, wie die Prostataoperation, wird aber – anders als in den meisten EU–Ländern – in Deutschland nicht automatisch von den Krankenkassen bezahlt. Deshalb stellen die Ärzte für jede Behandlung Anträge auf Kostenübernahme, sagt Stephan Neubauer.

    Die in einer Vielzahl der Fälle positiv aber leider in der Mehrzahl der Fälle negativ beschieden werden.

    Im Gegensatz dazu werden die Kosten für die zweite Variante der inneren Bestrahlung – die so genannte Afterloading–Therapie – problemlos übernommen. Auch hierbei werden die Strahlen im Körper direkt an den Tumor abgegeben, aber nur für einen sehr kurzen Moment. Die Therapie muss je nach Krankheitsbild zwei bis dreimal wiederholt werden, ist immer mit einer äußeren Bestrahlung kombiniert und wird meist bei einem fortgeschrittenen Krebsstadium angewandt, erklärt der Strahlentherapeut der Kölner Klinik am Ring, Gregor Spira.

    Man kann es auch bei Patienten einsetzten mit einem niedrigen Risiko, wenn z.B. Kontraindikationen gegen so eine Permanentimplantation... bestehen. Wenn die z.B. eine zu große Prostata haben, oder wenn die schon mal ausgeschält worden sind, dann kann man die Seed– Implantation nicht durchführen. Dann ist das auch hier ein geeignetes Verfahren.

    Während einer Narkose werden Hohlnadeln in die Prostata geleitet, über die dann für nur wenige Minuten die hoch dosierten Strahlen abgegeben werden.

    Wenn diese Nadeln dann alle drin sind, wird über einen speziellen Planungsrechner ... dreidimensional berechnet an welchen Stellen der Nadel diese Strahlenquelle, wieviel Zeit verbringen muss um eine genau definierte Strahlung, möglichst hoch für den Tumor, möglichst niedrig für die Risikoorgane, erreicht wird.

    Vorteil der sehr hohen aber kurzen Strahlendosis im inneren des Tumors ist, dass die äußerlich angewandte Bestrahlung entsprechend geringer dosiert werden kann. Das umliegende Gewebe wird geschont. Durch die zeitgleiche Überwachung der Behandlung per Ultraschall und die permanente Überprüfung per Computer können die hoch dosierten Strahlen sehr genau plaziert werden. Selbst die mitten in der Prostata liegende Harnröhre kann so vor den Strahlen bewahrt bleiben. Das ist heute mit keiner anderen Technik möglich. Überhaupt ist die Afterloading–Strahlentherapie für den Patienten nahezu risikolos, sagt Gregor Spira.

    Das tolle daran ist, es ist weniger belastend als die eigentlich Biopsie zur Gewinnung des Gewebes um Krebs zu diagnostizieren. Denn die wird durch den Darm gemacht und wir stechen nur durch die haut und das ist minimal invasiv. Das ist das tolle. Für den Patienten wenig belastend aber wirklich eine hoch effektive Strahlentherapie, die mindestens genauso gute Heilungsraten hat, wie eine Operation.

    Beide inneren Strahlentherapien haben gegenüber der noch üblichen Operation weitere entscheidende Vorteile. So tritt das Problem der Inkontinenz kaum noch auf und auch die Gefahr der Impotenz sinkt erheblich, sagt der Strahlentherapeut.

    Die Impotenzrate bei der Operation, gerade bei den fortgeschrittenen Stadien, ist 100 Prozent. Bei der Strahlentherapie nur 10 bis 30 Prozent. Das sind also klare Vorteile.

    Die Afterloading–Therapie wird übrigens neben der Behandlung von Prostatakrebs auch bei gynäkologischen Tumoren, bei Bronchial– und Speiseröhrenkrebs und bei Tumoren im Hals–Nasen–Ohren–Bereich eingesetzt.

    Beitrag als Real-Audio

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