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Protest gegen digitales Sportstudio des WDR

Täglich wollte der WDR per DAB+ über besondere Sportereignisse wie etwa die Fußball-Europameisterschaft berichten. Man wolle dem aufstrebenden privaten Fußballkanal 90elf "etwas entgegensetzen", zitierte die Süddeutsche Zeitung aus einem Papier. Mit dem darauf folgenden Proteststurm hatte der WDR offensichtlich nicht gerechnet.

Von Marcus Engert |
    "Nee, in der Art und Weise haben wir damit nicht gerechnet."

    Britta Frielingsdorf, Leiterin der "Hauptabteilung Zentrale Aufgaben" beim WDR-Hörfunk, meint den Protest gegen das geplante ARD-Sportradio. Das sollte während der Fußball-EM senden: auf Mittelwelle, im Netz und im neuen Digitalradio DAB+. Doch nachdem die Proteste hochkochten, ruderte der WDR zurück. Gestern teilte man in drei kurzen Sätzen mit, man wolle an der Übertragung im Netz und auf Mittelwelle festhalten - auf die Ausstrahlung im Digitalradio DAB+ aber verzichten.

    "Es ist eine Reaktion, um die komischen Spekulationen über angebliche Pläne für ein bundesweites Sportradio zu beenden."

    Was so unaufgeregt klingt, ist Ergebnis einer hitzigen Diskussion. So hitzig, dass die Pressestelle des WDR Interviewfragen in dieser Sache lieber vorher sehen und abnicken will. Auch die Verantwortlichen haben Mühe, den zentralen Kritikpunkt zu entkräften. Der lautet: Die ARD habe in Wirklichkeit viel größere Pläne mit dem Projekt. Claus Grewenig, Geschäftsführer des Verbands der privaten Hörfunk- und Fernsehsender (VPRT):

    "Der größte Kritikpunkt ist, dass dieses Projekt so initiiert worden ist, dass schon offensichtlich wurde, dass dahinter eine Intention steht, einen Testlauf zu starten für ein möglicherweise bundesweites Spartenprogramm Sport. Und das ganze dann noch unter dem Deckmantel der Förderung der Digitalradioaktivitäten der ARD."

    Zwei Punkte in dem Papier bringen die Kritiker zu diesem Schluss. Zum einen soll die WDR Medienforschung das Projekt begleiten. Man will herausfinden, wie viele Kapazitäten öffentlich-rechtliches Sportradio zu bestimmten Events brauchen und was den Hörern an einem digitalen Angebot eigentlich gefällt. Das Projekt sei also nur ein Testlauf.

    Der zweite Punkt liest sich schon deutlicher. So stünde, will die Süddeutsche Zeitung wissen, wortwörtlich in dem Papier, man wolle dem privaten Fußballkanal "90elf etwas entgegensetzen". Für Florian Fritsche, Geschäftsführer bei 90elf, ein Skandal:

    "Natürlich stehen wir nicht unter Artenschutz. Aber wir haben das angefangen vor fünf Jahren, weil wir wussten, national wird die ARD das nicht hinbekommen und auch gesetzlich nicht dürfen. Und auf einmal lesen wir in so einem Papier: Es ist gegen 90elf, wir testen das, es gibt Fußball. Und dagegen wehren wir uns, sie merken ja auch bei mir eine gewisse Involviertheit. Weil das natürlich 90elf chancenlos machen würde, wenn das System ARD loslegen würde. Weil das keine gleichberechtige, oder in irgendeiner Form Konkurrenz ist."

    Laut Rundfunkstaatsvertrag darf allein das Deutschlandradio ein bundesweites Programm veranstalten. Und das Rundfunkgesetz für den WDR schreibt vor: Wenn ein neues Radio entwickelt wird, muss eine andere Welle eingestellt werden. Indem man WDR Event, als Ereignisprogramm für besondere Anlässe nutzt, hofft man scheinbar, das zu umgehen. Britta Frielingsdorf vom WDR.:

    "Wir sind davon ausgegangen, dass wir auch mit den Kolleginnen der kommerziellen Rundfunkveranstalter, mit denen wir ja insgesamt sehr gut gemeinsam das digitale Radio vorantreiben, an der Stelle auch gemeinsam das Programmangebot beziehungsweise das Digitalradio vorantreiben können. Das vorübergehende Angebot richtet sich nicht gegen 90elf. 90elf ist ja ein kontinuierliches Angebot. Die machen Bundesliga-Radio. Und wir machen mit WDR 2 Liga Live und auch mit anderen Angeboten bei anderen Anstalten und der Bundesligakonferenz seit zig Jahren ja ebenfalls kompetente Fußballberichterstattung. Das ist ein vorübergehendes Angebot, das wir immer dann, wenn es etwas live zu erleben gibt, aufschalten und wieder abschalten."

    Was im Falle der Bundesliga natürlich beinahe jede Woche der Fall ist. Dass die Privaten jedenfalls keine Ruhe geben werden, macht Florian Fritsche von 90elf deutlich.

    "Rechtlich ist das immer so eine Sache gegen die ARD. Das wird schwierig. Uns geht es eher um eine Grundsatzfrage. Und das heißt Medienpolitik. Das heißt, wir sprechen mit den Staatskanzleien. Und dann gucken wir mal, wie sich das Thema weiter entwickelt. Ob das nicht von vornherein zu verhindern ist."