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Protest gegen Geschäftsgebaren spanischer Banken

Spaniens Regierung hat versichert, dass die Sparguthaben auf den Konten der spanischen Banken sicher sind. Für viele Kleinanleger in Aktien gilt das Versprechen der Regierung allerdings nicht. Sie beginnen jetzt, sich zu organisieren.

Von Hans-Günter Keller | 21.05.2012
    Mehr als 300 Menschen sind dem ersten Aufruf zur Versammlung der Kleinanleger von Bankia der "Vereinigung der Kunden von Sparkassen und Banken – Adicae - gefolgt. Die meisten sind Rentner. Sie meinen, die ehemalige Madrider Sparkasse habe sie mit der Aktienempfehlung über den Tisch gezogen. Adicae-Sprecher Fernando Herrero:

    "Die EU-Richtlinie zum Anlegerschutz wurde klar verletzt, auch die Regeln der Börsenaufsicht. Dagegen werden wir vorgehen. 500.000 Familien haben jetzt Aktien von Bankia. Wir wollen, dass diese Aktionäre ihr Recht bekommen und die Verantwortlichen des Unternehmens zur Rechenschaft ziehen können."

    Bringen sie fünf Prozent des Kapitals hinter sich, könnten die Verbraucherschützer eine Aktionärsversammlung erzwingen. Die Bank hat zudem vor Jahren, als sie noch als Sparkasse firmierte, wie viele andere Institute begonnen, Papiere ohne Stimmrecht, also Vorzugsaktien auszugeben. Dieser Renter klagt:

    "Gestern haben sie mir dieses Papier geschickt. Von 42.000 Euro sind jetzt noch 31.500 übrig."

    Eine Frau rät ihm:

    "Wenn Sie jetzt verkaufen, ist das höchstens noch 30 Prozent wert. Es sei denn, Bankia bietet uns eine andere Lösung an. Im Augenblick würden wir nur 30 Prozent bekommen."

    Sie berichten von falschen Versprechungen, von Filialleitern, die sie schon seit Jahren kannten, die sie zu den Vorzugsaktien drängten. Zahlreiche Kunden haben ihre gesamten Ersparnisse in die Papiere investiert – die 80-jährige Concepción López 15.000 Euro:

    "Sie riefen mich an. Ich sollte runter kommen und mit ihnen sprechen. Ich hatte einen Sparvertrag auf fünf Jahre abgeschlossen. Sie sagten, es gibt diese Vorzugsaktien. 'Wir geben dafür sieben Prozent.' 'Risiken?', fragte ich. 'Überhaupt keine', versicherte mir die Filialleiterin. 'Hier musst Du unterschreiben.' Ich bekam weder Papiere zu lesen, noch wurde mir sonst etwas erklärt."

    Eigentlich braucht sie das Geld dringend zur Ergänzung der mageren Rente ihres Mannes von 700 Euro. Kein Problem, die Papiere würden ihr jederzeit aus der Hand gerissen, habe die Filialleiterin beim Abschluss versichert, erzählt Concepción. In Wahrheit will heute niemand Vorzugsaktien. Und bei der Alternative, sie gegen börsennotierte Aktien der Bank zu tauschen und diese zu verkaufen, würde sie noch mehr Geld verlieren. Concepcions Tochter Manuela ist längst vollkommen desillusioniert:

    "Früher war hier ein Handschlag heilig, so viel wert wie ein Vertrag. Heute ist das nicht mehr so. Meine Eltern verstehen nicht, dass jemand ihnen etwas verspricht, und sie dabei anlügt. Die Welt ist einfach eine andere, man darf niemandem trauen. Am allerwenigsten den Banken."

    Guten Glaubens unterschrieb auch Antonio Barahona bei Bankia. Erst als eine Hörerin im Radio berichtete, dass sie nicht mehr an ihr Vermögen komme, wurde er stutzig:

    "Ich dachte, ich hätte ein Festgeldkonto mit fester Laufzeit. Ich sah mir nach der Sendung die Papiere genauer an. Da sah ich: Das sind Vorzugsaktien mit einer Laufzeit bis ins Jahr 2999! Da fühlt man sich wie ein Vollidiot. Das sind alle Verbrecher. Sie wussten genau, wem sie diese Papiere anbieten mussten, wie sie zum Kauf überreden konnten. Ich habe einen großen Fehler begangen. Ich habe jemandem vertraut."

    Die Aktien und Vorzugsaktien haben für die Banken den Vorteil, als Teil des Eigenkapitals in den Bilanzen als Gegenwicht für die vielen faulen Wohnungskredite gewertet zu werden. Doch die Anleger an der Börse schrecken gerade vor den ehemaligen spanischen Sparkassen als riskante Anlagepapiere zurück. So haben die Institute die Kapitalbeteiligungen ihren Kunden angeboten, von denen sie wussten, dass sie etwas gespart hatten. Betroffen sind nach Schätzungen der Verbraucherschützer von Adicae zufolge insgesamt rund eine Millionen Sparer in Spanien. So zornig Rentner Antonio Barahona auch ist, er hätte auch einen Vorschlag zur Güte - auf den sich die Bank aber nicht einlassen will:

    "Den Banken fehlt Geld, aber sie haben auch viel zu viele Immobilien in den Bilanzen. Tauschen wir einfach. Sie schulden mir 68.000 Euro. Geben Sie mir dafür eine Wohnung. Problem gelöst!"