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Proteste in Warschau
Regierungskritiker hoffen auf zahlreiche Teilnehmer

Lange war es ruhig um die Opposition in Polen. Doch schlechte Umfragewerte der Regierungspartei PiS geben ihr neuen Aufwind. Zu den angekündigten Großdemonstration rechnen die Verantwortlichen mit mindestens 100.000 Teilnehmern.

Von Florian Kellermann | 06.05.2017
    Eine Menschenmenge vor dem Parlamentsgebäude in Warschau hält Banner und Fahnen in die Höhe.
    Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude in Warschau (picture alliance /dpa /Marcin Obara)
    Die rechtsliberale Oppositionspartei "Bürgerplattfrom", kurz PO, organisiert die Demonstration - die gleiche Partei, die bis 2015 an der Macht war. Acht Jahre lang hatte sie den Ministerpräsidenten gestellt, Donald Tusk, der heute EU-Ratspräsident ist, war ihr Vorsitzender.
    "Marsch der Freiheit" nennt die PO die Veranstaltung. Der PO-Vorsitzende und Ex-Außenminister Grzegorz Schetyna:
    "Wir laden alle ein, auch die anderen Oppositionsparteien. Die Opposition sollte jetzt versuchen, mit einer Stimme zu sprechen. Trotz aller Unterschiede - die Sache der Freiheit sollte für uns das Wichtigste sein und uns jetzt und in den kommenden Tagen verbinden."
    Angst vor einer Demontage des Rechtsstaates
    Freiheit ist das Motto, weil die Regierung, so meint die PO, in Polen nach und nach den Rechtsstaat demontiere. Zuerst legte die Regierung das Verfassungsgericht lahm, indem es dessen Urteile nicht veröffentlichte. Das änderte sich erst, als eine von der PiS-Mehrheit ins Gericht gewählte Juristin dort den Vorsitz übernahm.
    Nun mache sich die Regierung daran, auch die ordentlichen Gerichte an die Leine zu legen, so der Vorwurf der Opposition. Das Parlament und der Präsident sollen nämlich entscheidenden Einfluss auf den Landesjustizrat bekommen. Der wiederum ist dafür zuständig, welche Richter ernannt und befördert werden. Auch bei Disziplinarverfahren spielt er eine wichtige Rolle.
    Vorwurf einer scheinheiligen Debatte
    Die Regierung nennt das "demokratische Kontrolle" über den Justizapparats. Die Kritik der Opposition sei scheinheilig, so der PiS-Abgeordnete Lukasz Schreiber:
    "Die Falschheit und Heuchelei der Organisatoren sieht man schon am Motto des Marsches. Ihn organisiert eine Partei, die in acht Regierungsjahren die Freiheit bekämpft hat. Sie hat Polizisten mit Schlagstöcken gegen streikende Arbeiter losgeschickt. Sie hat rechtsgerichtete Demonstrationen zerschlagen, indem sie dort Leute vom Geheimdienst eingeschleust hat."
    Doch die Regierungszeit der PO und deren Wahlniederlage liegen inzwischen anderthalb Jahre zurück. Und seit einigen Wochen legen die Rechtsliberalen in Umfragen wieder deutlich zu, sie konnten fast mit der Regierungspartei PiS gleichziehen.
    Dafür sorgten weniger die großen Themen wie Freiheit und Demokratie, sondern eher Entscheidungen der PiS, die den Alltag betreffen. Vor allem eine Schulreform ist umstritten, der Lehrerverband hat über 900.000 Unterschriften für eine Volksabstimmung gesammelt, die diese Reform kippen soll.
    Von der heutigen Demonstration verspricht sich die Opposition weiteren Aufwind.