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Protestorganisation "Campact"
Bürgerinitiative oder linke Lobbytruppe?

Auf der Internetplattform "Campact" kann man sich mit wenig Aufwand an verschiedensten Petitionen und Aktionen beteiligen: Die selbst ernannte Bürgerinitiative setzt sich beispielsweise für Tierschutz und gegen Atomkraft ein. Doch nun steht die Kampagnenorganisation selbst unter Beschuss: Sie sei intransparent, nicht gemeinnützig und gehe fragwürdig mit Daten um.

Von Daniela Siebert | 20.01.2016
    Demonstranten
    Demonstranten am 20.09.2014 vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin an einer Protestaktion von Campact zu den Handelsabkommen CETA und TTIP teil. (dpa/picture-alliance/Wolfgang Kumm)
    Aktuell trommelt Campact gerade für einen Appell an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Deutschland solle aus dem Abbau von Kohle und dem Betrieb entsprechender Kraftwerke aussteigen. Zahlreiche Politiker waren schon mit den Kampagnen konfrontiert, die der Berliner Verein mit Verwaltungssitz im niedersächsischen Verden stets mit zahlreichen Unterstützerunterschriften unterfüttern kann. Doch immer mehr Politiker äußern sich dazu kritisch. Etwa Dirk Wiese von der SPD.
    "Was mich gestört hat im Dezember 2014, da wurde suggeriert über Campact, dass angeblich eine Abstimmung in der SPD-Bundestagsfraktion zum Freihandelsabkommen CETA, man musste sagen dass Campact da eine Falschmeldung gestreut hat, es hat keine Abstimmung gegeben."
    Kritik oder Kampagne?
    Dafür aber ungezählte Anrufe und E-Mails von Campact-Unterstützern, die bei sämtlichen SPD-Bundestags-Abgeordneten nachfragten und protestierten.
    Zu den größten Campact-Kritikern gehört Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Er sei quasi täglich mit Campact-Forderungen konfrontiert, manches davon sei sehr grenzwertig. Etwa wenn in seinem Wahlkreisbüro Unterschriften überreicht würden, wenn er gar nicht dort sei.
    Pfeiffer geht aber noch einen entscheidenden Schritt weiter. Der Politiker aus der Region Stuttgart zweifelt die Gemeinnützigkeit von Campact an und betont, dass der Verein nur 12 Mitglieder hat:
    "Das ist ein Geschäftsmodell, wo einige wenige sich dort engagieren, mit Angst letztlich Geld machen, das ist eben keine unabhängige breit getragene Institution, und das stellt sich halt auch die Frage nach der Gemeinnützigkeit, in der Abgabenordnung ist klar geregelt, dass das das Verfolgen von politischen Zwecken eben nicht gemeinnützig ist."
    Campact sieht sich durch solche Äußerungen, die mittlerweile auch von vielen Zeitungsartikeln so oder so ähnlich transportiert wurden, diffamiert. Günter Metzges-Diez, einer der Geschäftsführer von Campact ist sich nicht sicher, ob es sich um eine Kampagne gegen seine Organisation handelt:
    "Artikel zum Beispiel in den "Stuttgarter Nachrichten" oder auch ein Gastbeitrag auf "Zeit online" deuten ein Stück weit darauf hin, wo TTIP-Befürworter versuchen Campact zu diskreditieren, zu sagen wir würden es mit dem Datenschutz nicht so genau nehmen, zu sagen, wir würden gemeinnützig sein, ohne dass es uns zusteht, aus unserer Sicht sind das Versuche der Diskreditierung."
    Zweck des Vereins Campact sei politische Bildung betont Metzges-Diez. Das schließe politischen Druck nicht aus, man sei aber keine "linke Lobbytruppe" wie Joachim Pfeiffer sie auch schon betitelt hatte:
    "Wir sind keine linke Lobby-Truppe. Campact, das sind 1,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger, die sich für Politik interessieren und an der Stelle von einer linken Lobby-Truppe zu sprechen, das ist einfach Unsinn. Die Wirkung von Campact ergibt sich dadurch, dass Menschen vor Ort mit Politikern in Kontakt treten, dass sie Politiker anfragen, telefonieren oder sich an Demonstrationen beteiligen und dass dadurch eine Meinung deutlich wird, die wichtig ist für den politischen Diskurs."
    Geschäftsführer sorgt sich um den Ruf
    Der Organisation Attac war 2014 die Gemeinnützigkeit von den zuständigen Finanzbehörden in Frankfurt am Main aberkannt worden. Sogar rückwirkend. Begründung: sie sei politisch aktiv gewesen, was von den Gemeinnützigkeitsregularien nicht erlaubt wird. Ein ähnliches Schicksal für Campact schließt Metzges-Diez jedoch aus und selbst wenn, dann sei das für die Organisation nicht existenzbedrohlich.
    Um den Ruf der Organisation sorgt sich der Geschäftsführer aber schon. Denn zum Beispiel werde immer noch kolportiert, man arbeite beim Datenschutz unsauber. Tatsächlich wurde letztes Jahr die niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel aktiv. Sie monierte eine Voreinstellung bei den Kampagnenaufrufen von Campact im Internet. Dort gab es ein bereits gesetztes Häkchen, womit sie sich die Unterstützer für weitere Informationen zu dieser und anderen Kampagnen anmeldeten.
    "Campact hatte eine rechtlich in der Regel unzulässige Opt-out-Lösung vorgegeben. Ich ordne das so ein, dass es sich dabei um einen Verstoß gegen den Zweckbindungsgrundsatz des Bundesdatenschutzgesetzes gehandelt hat, insgesamt würde ich das Verhalten von Campact als sehr kooperativ und konstruktiv bewerten und für uns ist der Fall abgeschlossen und das schon seit einiger Zeit."
    Mittlerweile setzt Campact keine Häkchen mehr vorab und die Unterstützer müssen ihre Zustimmung für weitere Infos an zwei verschiedenen Stellen aktiv anklicken.
    Campact wehrt sich gegen sämtliche Anwürfe auf seine Art: Es hat die Problemlage als Kampagne über seinen Verteiler geschickt und ruft die Unterstützer auf, Förderer zu werden. Mit 10 Euro pro Monat.