Was sich wohl der Intendant Alexander Pereira gedacht und vor allem erhofft hat, als er die Regie von Schumanns "Faust"-Szenen dem Wiener Aktionisten Hermann Nitsch übertrug. Ein Wunder? Oder vielleicht doch eher einen handfesten Skandal?
Nitsch, der sonst bei sich zuhause bei seinem Orgien-Mysterien-Theater Opferprozessionen mit rituellen Tierschlachtungen inszeniert, dazu auch die Texte und die Musik selber schreibt und überhaupt das Gesamtkunstwerk schlechthin anstrebt, hatte eigentlich keine Lust mehr, sich mit Fremdmaterial abzugeben. Aber seine Frau habe ihn dazu überredet. Dem Intendanten musste er darüber hinaus das Versprechen abgeben, dass kein richtiges Blut auf der Bühne fließen werde.
Daran hat er sich gehalten. Trotzdem wird halt eben eine Kunst-Sau geschlitzt, quellen täuschend echte Kunst-Därme gefüllt mit Kunst-Kot aus ihr heraus, fließt Theater-Blut und wird schließlich alles von weiß gekleideten Menschen wieder in den Tierbauch hineingestopft. Obschon es ziemlich eklig ausschaut und vor allem klingt, muss man doch die Werkstätten für diese wirklich präzise Arbeit loben. Zu dieser Aktion betet vorne Gretchen, kniet im Dom und bereut, während sie Mephisto mit Worten abschlachtet.
Nein, zwischen der Sau und Gretchen, zwischen ihrem werdenden Kind und den schweinischen Innereien gibt es keinen Zusammenhang. Nitsch will ebenso wenig wie Schumann -eine Geschichte bebildern. Aber er will Menschen von Verdrängung befreien, sagt er, mit solchen Bildern Intensität schaffen.
In Zürich ist das nicht geglückt. Zu groß die Kompromisse, zu beliebig die Video-Projektionen mit eingefärbten Sujets von Trauben und Gärten und Bergspitzen, zu plakativ die immer wiederkehrende Kreuz-Symbolik, zu lächerlich schließlich die ganze Ausstattung. Bisweilen glaubte man sich in einer antroposophischen "Faust"-Aufführung der 50er Jahre. Sackartige geschlechtslose Gewänder, die Haare mit Badehauben bedeckt, dafür die Füße nackt. Und wenn dann doch einmal die Statik durchbrochen wurde, dann schrieb die Choreografie das Ausstrecken der Arme vor. Einmal umarmten sich die Menschen. Mephisto trug eine Art Nachthemd, rot und grün gestreift.
Auch der Ko-Regisseur Andreas Zimmermann, den man Nitsch zur Seite stellte, war keine große Hilfe. Sonst Schauspieler im Leben tat er hier seine ersten Musiktheater-Schritte als Regisseur und hat sich immer wieder von technischen Vorgängen überrollen lassen. Karabinerhaken ein- oder aushängen, damit das Flugwerk ein weiteres Mal betätigt werden kann, Kleider an- oder ausziehen, weil alles voll Farbe ist et cetera. Das sind keine Aktionen, die etwas erzählen, die sich aber unschön in den Vordergrund drängen, wenn es sonst gerade leer ist.
Indes, was das Opernhaus an Sängerinnen und Sängern aufbot, die meisten aus dem Ensemble, das durfte sich hören und sehen lassen. Malin Hartelius berührend in Gretchens Gesang, Günther Groissböck ein stimmlich imposanter Mephisto, obschon dieser Rolle ja bei Schumann arg die Zähne gezogen sind, Ruben Drole mit jugendlicher Kraft als Pater Seraphicus, Roberto Saccà als Ariel leider eine Fehlbesetzung - viel zu belcantohaft!. Dafür Eva Liebau souverän als Sorge und schließlich rundum wunderbar Simon Keenlyside als Faust. Körperlich entspannt aber stets präsent glättete er die oft holperigen Übergänge der Inszenierung, erstaunte immer wieder mit seinem Körperbewusstsein ja gar tänzerischen Qualitäten, ganz zu schweigen von seiner vokalen Performance, die von samt-zarten Piano-Höhen bis zupackendes Forte alles bot, wobei es ihm in allererster Linie um Text, Sprachverständlichkeit und klare Diktion ging.
Franz Welser-Möst, der sich bereits zum zweiten Mal innerhalb der letzten paar Monate mit dieser Partitur befasst, meint es sicherlich ernst mit Schumanns Musik. Indes, so richtig in die Tiefe ist er nicht gedrungen: zu glatt, zu poliert, und im entscheidenden Moment ließen ihn auch noch die Bläser im Stich. Da war es dann wirklich aus mit der Hoffnung auf einen magic moment.
Nitsch, der sonst bei sich zuhause bei seinem Orgien-Mysterien-Theater Opferprozessionen mit rituellen Tierschlachtungen inszeniert, dazu auch die Texte und die Musik selber schreibt und überhaupt das Gesamtkunstwerk schlechthin anstrebt, hatte eigentlich keine Lust mehr, sich mit Fremdmaterial abzugeben. Aber seine Frau habe ihn dazu überredet. Dem Intendanten musste er darüber hinaus das Versprechen abgeben, dass kein richtiges Blut auf der Bühne fließen werde.
Daran hat er sich gehalten. Trotzdem wird halt eben eine Kunst-Sau geschlitzt, quellen täuschend echte Kunst-Därme gefüllt mit Kunst-Kot aus ihr heraus, fließt Theater-Blut und wird schließlich alles von weiß gekleideten Menschen wieder in den Tierbauch hineingestopft. Obschon es ziemlich eklig ausschaut und vor allem klingt, muss man doch die Werkstätten für diese wirklich präzise Arbeit loben. Zu dieser Aktion betet vorne Gretchen, kniet im Dom und bereut, während sie Mephisto mit Worten abschlachtet.
Nein, zwischen der Sau und Gretchen, zwischen ihrem werdenden Kind und den schweinischen Innereien gibt es keinen Zusammenhang. Nitsch will ebenso wenig wie Schumann -eine Geschichte bebildern. Aber er will Menschen von Verdrängung befreien, sagt er, mit solchen Bildern Intensität schaffen.
In Zürich ist das nicht geglückt. Zu groß die Kompromisse, zu beliebig die Video-Projektionen mit eingefärbten Sujets von Trauben und Gärten und Bergspitzen, zu plakativ die immer wiederkehrende Kreuz-Symbolik, zu lächerlich schließlich die ganze Ausstattung. Bisweilen glaubte man sich in einer antroposophischen "Faust"-Aufführung der 50er Jahre. Sackartige geschlechtslose Gewänder, die Haare mit Badehauben bedeckt, dafür die Füße nackt. Und wenn dann doch einmal die Statik durchbrochen wurde, dann schrieb die Choreografie das Ausstrecken der Arme vor. Einmal umarmten sich die Menschen. Mephisto trug eine Art Nachthemd, rot und grün gestreift.
Auch der Ko-Regisseur Andreas Zimmermann, den man Nitsch zur Seite stellte, war keine große Hilfe. Sonst Schauspieler im Leben tat er hier seine ersten Musiktheater-Schritte als Regisseur und hat sich immer wieder von technischen Vorgängen überrollen lassen. Karabinerhaken ein- oder aushängen, damit das Flugwerk ein weiteres Mal betätigt werden kann, Kleider an- oder ausziehen, weil alles voll Farbe ist et cetera. Das sind keine Aktionen, die etwas erzählen, die sich aber unschön in den Vordergrund drängen, wenn es sonst gerade leer ist.
Indes, was das Opernhaus an Sängerinnen und Sängern aufbot, die meisten aus dem Ensemble, das durfte sich hören und sehen lassen. Malin Hartelius berührend in Gretchens Gesang, Günther Groissböck ein stimmlich imposanter Mephisto, obschon dieser Rolle ja bei Schumann arg die Zähne gezogen sind, Ruben Drole mit jugendlicher Kraft als Pater Seraphicus, Roberto Saccà als Ariel leider eine Fehlbesetzung - viel zu belcantohaft!. Dafür Eva Liebau souverän als Sorge und schließlich rundum wunderbar Simon Keenlyside als Faust. Körperlich entspannt aber stets präsent glättete er die oft holperigen Übergänge der Inszenierung, erstaunte immer wieder mit seinem Körperbewusstsein ja gar tänzerischen Qualitäten, ganz zu schweigen von seiner vokalen Performance, die von samt-zarten Piano-Höhen bis zupackendes Forte alles bot, wobei es ihm in allererster Linie um Text, Sprachverständlichkeit und klare Diktion ging.
Franz Welser-Möst, der sich bereits zum zweiten Mal innerhalb der letzten paar Monate mit dieser Partitur befasst, meint es sicherlich ernst mit Schumanns Musik. Indes, so richtig in die Tiefe ist er nicht gedrungen: zu glatt, zu poliert, und im entscheidenden Moment ließen ihn auch noch die Bläser im Stich. Da war es dann wirklich aus mit der Hoffnung auf einen magic moment.