"Eine besondere Rolle nahmen die in der DDR akkreditieren elektronischen Medien der BRD, vor allem der ARD und des ZDF ein, insbesondere unter dem Aspekt der Druckausübung auf Staatsorgane und der Einflussnahme auf die Bevölkerung der DDR. Den provokatorischen Elementen wurde die Gewissheit gegeben, dass ihre Handlungen breit publiziert werden, was ja dann auch in großem Umfang realisiert wurde."
Dieser Ausschnitt aus einem - unfreiwillig komischen - Lehrfilm der Hauptabteilung Zwei der Staatssicherheit macht deutlich: Die westlichen Korrespondenten waren für die DDR ein handfestes Risiko und eine Bedrohung. Sie standen rund um die Uhr unter Beobachtung - durch Bespitzelung, Abhören der Telefone, Videoaufnahmen und so weiter.
Dennoch gelang es gerade in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre immer häufiger, Video- und Tonaufnahmen aus der DDR zu schmuggeln. Eine Handvoll mutiger Bürgerrechtler und Kameramänner machten Aufnahmen von gesundheitsgefährdenden Mülldeponien, illegalen Versammlungen in Kirchengemeinden, von Neonazis in der DDR und gegen Ende der achtziger Jahre auch von kleinen und größeren Demonstrationen publik:
"Sie können uns doch nicht sagen, wo wir lang zu laufen haben - wo sind wir denn, wo leben wir denn? Es könnte auch mal jemand kommen, und mit uns diskutieren! Immer nur die Polizei als Gegenüber! Was ist das?"
Einer dieser mutigen Kameraleute war Siegbert Schefke, der seine Bilder konspirativ vor allem an die Redaktion "Kontraste" beim Sender Freies Berlin, und an den "Spiegel" verkaufte:
"Es war für uns wichtig, in die DDR-Wohnzimmer rein zu senden, wie es denn wirklich in unseren Augen hier aussieht. Man hat doch, sind wir doch mal alle ehrlich, diesen ganzen Dreck, diesen ganzen Braunkohlengestank gar nicht mehr wahrgenommen, weil es eben immer so war. Und wenn wir das in Berlin noch wahrnehmen wollten, dann haben die Leute, die von der Kohle gelebt haben in Espenheim und Bitterfeld - denen wollten wir letztendlich zeigen, wie es hier aussieht."
Schefke machte - trotz Observation durch die Staatssicherheit – Interviews mit DDR-Oppositionellen, Bürgerrechtlern und Kirchenaktivisten, konspirativ aufgenommen, meist in Wohnungen in Berlin und Leipzig:
"Das ist jetzt für uns ein deutliches Zeichen, dass ,anders als in der Sowjetunion, in der DDR alles so bleiben soll, wie es bisher war, und dass es keine Möglichkeit gibt für alternative Meinungen, sich im Rahmen der geltenden politischen Ordnung zu äußern."
Die in den westlichen Medien geäußerte Kritik war für die DDR-Oppositionellen eine Art Rückkanal, erinnert sich Siegbert Schefke: Man sah, dass man nicht alleine war.
Nicht immer war die Berichterstattung über die DDR jedoch so kritisch, wie in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre. Im Gegenteil. Inhaltsanalysen des Forschungsverbunds SED-Staat belegen, dass die weit überwiegende Zahl der Berichte westlicher Korrespondenten durchaus wohlwollend war.
Dies verkennt jedoch die Realität des Arbeitsalltags der westlichen Korrespondenten in der DDR, meint Hansjürgen Börner, lange Jahre Korrespondent der ARD in Ost-Berlin. Wollte man von den DDR-Behörden die Drehgenehmigung erhalten für ein etwas heikleres Thema, wurde diese nur gegeben, wenn man in den Monaten zuvor durch Wohlverhalten aufgefallen ist:
"60 Prozent unserer Berichte waren kritisch, 40 Prozent waren positiv, im Sinne ’Schöne Dinge der DDR’, von Porzellanmalen über Tanzen über Sängerwettstreit musste man ja auch berichten, Alltagsgeschichten. Aber wenn wir über Versorgung geredet haben, im Weihnachtsgeschäft in Dresden gab es kaum Blumenkohl, die Apfelsinenfrage, das alles mit Intershop - für die DDR war das alles kritisch. Ich behaupte, dass also die Regelberichterstattung schon der DDR nicht passte."
Eine der meistgesehenen Sendungen in der DDR war "Kennzeichen D" des ZDF. Die im September 1971 erstmalig ausgestrahlte Sendung entwickelte sich im Laufe der Jahre zur ersten Adresse, wenn man genaueres über die Geschehnisse in der DDR wissen wollte, erinnert sich der damalige ZDF-Korrespondent Joachim Jauer:
"Wir haben den Versuch gemacht, die DDR zu entdecken, und sind sehr schnell darauf gestoßen, wo die Grenzen sind. Und jeder von uns hat, so gut es ging und wie seine Situation war, diese Grenzen überschritten. Wir haben uns nach den Gesetzen der DDR alle strafbar gemacht. In Kennzeichen D sind die Fälle Biermann, Havemann, Barow, alle Schriftsteller porträtiert worden, und damit ist zum ersten Mal ein kritisches Potenzial in der DDR nicht geschaffen, aber informiert worden."
Jauer warnt dennoch davor, die Rolle der Westmedien zu überschätzen. Die wahren Gründe für die Revolution in der DDR lägen woanders:
"Es hat ja, wenn ich richtig informiert bin, ein paar hunderttausend Leute gegeben, die über Prag und Budapest die DDR verlassen haben und damit die DDR destabilisiert haben in einem Maße, wie es dieser Staat einfach nicht ausgehalten hat. Dann gab es auch noch einen gewissen Michail Sergejewitsch Gorbatschow, das sollte man vielleicht auch nicht vergessen."
Dieser Ausschnitt aus einem - unfreiwillig komischen - Lehrfilm der Hauptabteilung Zwei der Staatssicherheit macht deutlich: Die westlichen Korrespondenten waren für die DDR ein handfestes Risiko und eine Bedrohung. Sie standen rund um die Uhr unter Beobachtung - durch Bespitzelung, Abhören der Telefone, Videoaufnahmen und so weiter.
Dennoch gelang es gerade in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre immer häufiger, Video- und Tonaufnahmen aus der DDR zu schmuggeln. Eine Handvoll mutiger Bürgerrechtler und Kameramänner machten Aufnahmen von gesundheitsgefährdenden Mülldeponien, illegalen Versammlungen in Kirchengemeinden, von Neonazis in der DDR und gegen Ende der achtziger Jahre auch von kleinen und größeren Demonstrationen publik:
"Sie können uns doch nicht sagen, wo wir lang zu laufen haben - wo sind wir denn, wo leben wir denn? Es könnte auch mal jemand kommen, und mit uns diskutieren! Immer nur die Polizei als Gegenüber! Was ist das?"
Einer dieser mutigen Kameraleute war Siegbert Schefke, der seine Bilder konspirativ vor allem an die Redaktion "Kontraste" beim Sender Freies Berlin, und an den "Spiegel" verkaufte:
"Es war für uns wichtig, in die DDR-Wohnzimmer rein zu senden, wie es denn wirklich in unseren Augen hier aussieht. Man hat doch, sind wir doch mal alle ehrlich, diesen ganzen Dreck, diesen ganzen Braunkohlengestank gar nicht mehr wahrgenommen, weil es eben immer so war. Und wenn wir das in Berlin noch wahrnehmen wollten, dann haben die Leute, die von der Kohle gelebt haben in Espenheim und Bitterfeld - denen wollten wir letztendlich zeigen, wie es hier aussieht."
Schefke machte - trotz Observation durch die Staatssicherheit – Interviews mit DDR-Oppositionellen, Bürgerrechtlern und Kirchenaktivisten, konspirativ aufgenommen, meist in Wohnungen in Berlin und Leipzig:
"Das ist jetzt für uns ein deutliches Zeichen, dass ,anders als in der Sowjetunion, in der DDR alles so bleiben soll, wie es bisher war, und dass es keine Möglichkeit gibt für alternative Meinungen, sich im Rahmen der geltenden politischen Ordnung zu äußern."
Die in den westlichen Medien geäußerte Kritik war für die DDR-Oppositionellen eine Art Rückkanal, erinnert sich Siegbert Schefke: Man sah, dass man nicht alleine war.
Nicht immer war die Berichterstattung über die DDR jedoch so kritisch, wie in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre. Im Gegenteil. Inhaltsanalysen des Forschungsverbunds SED-Staat belegen, dass die weit überwiegende Zahl der Berichte westlicher Korrespondenten durchaus wohlwollend war.
Dies verkennt jedoch die Realität des Arbeitsalltags der westlichen Korrespondenten in der DDR, meint Hansjürgen Börner, lange Jahre Korrespondent der ARD in Ost-Berlin. Wollte man von den DDR-Behörden die Drehgenehmigung erhalten für ein etwas heikleres Thema, wurde diese nur gegeben, wenn man in den Monaten zuvor durch Wohlverhalten aufgefallen ist:
"60 Prozent unserer Berichte waren kritisch, 40 Prozent waren positiv, im Sinne ’Schöne Dinge der DDR’, von Porzellanmalen über Tanzen über Sängerwettstreit musste man ja auch berichten, Alltagsgeschichten. Aber wenn wir über Versorgung geredet haben, im Weihnachtsgeschäft in Dresden gab es kaum Blumenkohl, die Apfelsinenfrage, das alles mit Intershop - für die DDR war das alles kritisch. Ich behaupte, dass also die Regelberichterstattung schon der DDR nicht passte."
Eine der meistgesehenen Sendungen in der DDR war "Kennzeichen D" des ZDF. Die im September 1971 erstmalig ausgestrahlte Sendung entwickelte sich im Laufe der Jahre zur ersten Adresse, wenn man genaueres über die Geschehnisse in der DDR wissen wollte, erinnert sich der damalige ZDF-Korrespondent Joachim Jauer:
"Wir haben den Versuch gemacht, die DDR zu entdecken, und sind sehr schnell darauf gestoßen, wo die Grenzen sind. Und jeder von uns hat, so gut es ging und wie seine Situation war, diese Grenzen überschritten. Wir haben uns nach den Gesetzen der DDR alle strafbar gemacht. In Kennzeichen D sind die Fälle Biermann, Havemann, Barow, alle Schriftsteller porträtiert worden, und damit ist zum ersten Mal ein kritisches Potenzial in der DDR nicht geschaffen, aber informiert worden."
Jauer warnt dennoch davor, die Rolle der Westmedien zu überschätzen. Die wahren Gründe für die Revolution in der DDR lägen woanders:
"Es hat ja, wenn ich richtig informiert bin, ein paar hunderttausend Leute gegeben, die über Prag und Budapest die DDR verlassen haben und damit die DDR destabilisiert haben in einem Maße, wie es dieser Staat einfach nicht ausgehalten hat. Dann gab es auch noch einen gewissen Michail Sergejewitsch Gorbatschow, das sollte man vielleicht auch nicht vergessen."