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Prozessauftakt gegen Bachmann
Freie Meinungsäußerung oder Volksverhetzung

Pegida-Chef Lutz Bachmann soll Asylsuchende beschimpft haben mit Worten wie "Dreckspack", "Viehzeug" oder "Gelumpe". Die Staatsanwaltschaft sieht darin einen Angriff auf die Menschenwürde und den öffentlichen Frieden gestört. Am Ende des heute beginnenden Prozesses könnte eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren für Bachmann stehen, gegen den noch weitere Ermittlungen wegen Volksverhetzung laufen.

Von Bastian Brandau | 19.04.2016
    Der Pegida-Gründer Lutz Bachmann vor dem Amtsgericht Dresden.
    Der Pegida-Gründer Lutz Bachmann vor dem Amtsgericht Dresden. (dpa-Bildfunk / Pool / Fabrizio Bensch)
    In einem Facebook-Eintrag vom September 2014 soll Lutz Bachmann Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge pauschal verunglimpft haben. Unter anderem soll Bachmann sie als "Dreckspack", "Viehzeug" und "Gelumpe" bezeichnet haben. Im Januar 2015 hatte die Staatsanwaltschaft Dresden deswegen Ermittlungen aufgenommen, im Oktober dann Anklage wegen des Verdachts auf Volksverhetzung erhoben. Oberstaatsanwalt Lorenz Haase:
    "Mit diesen Äußerungen sollte unserem Erachten nach eine aggressive Missachtung und Feindschaft gegenüber Flüchtlingen und Asylbewerbern erzeugt werden. Sie wurden mit diesen Äußerungen massiv beschimpft. Und wir gehen auch davon aus, dass durch diesen Angriff auf die Menschenwürde der Personen auch der öffentliche Frieden gestört worden ist."
    Bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe stehen auf Volksverhetzung. Das Amtsgericht Dresden wird zu entscheiden haben, wo es in diesem Fall die Grenze zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und der Volksverhetzung zieht. Nach Bekanntwerden der Ermittlungen hatte Lutz Bachmann im Februar 2015 auf einer Pegida-Kundgebung Stellung bezogen:
    Auf Stammtischvokabular heruntergespielt
    "Sind Screenshots aufgetaucht, die zum Teil bearbeitet und gekürzt waren. In denen ich einfach ein paar Worte benutzt habe, die jeder, jeder von uns schon mal am Stammtisch benutzt hat."
    In letzter Zeit hatte er die Postings als Fälschungen bezeichnet. Bachmanns Anwältin nennt das Verfahren politisch motiviert und kündigte an, zunächst prüfen lassen zu wollen, ob die Beiträge überhaupt von Bachmanns Internet-Anschluss stammten. Sie wolle dazu einen Vertreter von Facebook als Zeugen laden. Oberstaatsanwalt Haase sieht in Bachmanns Fall kein Problem der eindeutigen Zuordnung:
    "Wir sind aufgrund unserer Ermittlungen überzeugt, dass der Angeklagte diese Kommentare selbst verfasst und eingestellt hat und von daher auch für den Inhalt dieser Kommentare verantwortlich ist. "
    Nicht das einzige Verfahren Bachmanns
    Gegen Bachmann laufen parallel weitere Ermittlungen wegen Volksverhetzung bei der Staatsanwaltschaft, ebenso gegen andere Pegida-Redner wie Tatjana Festerling. Der Anwalt und der sächsische Grünen-Chef Jürgen Kasek hat selbst mehrfach Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Bachmann gestellt:
    "Mit dem, was er schreibt, und zwar in einer ganzen Reihe von Fällen, stachelt er Menschen zum Hass auf oder wertet andere Menschen ab und diese sprachliche Gewalt entlädt sich dann auch in der tatsächlichen Gewalt auf der Straße. Das heißt, was ich Herrn Bachman konkret vorwerfe: Er bereitet den Boden für die Vielzahl an rassistischen Straftaten, die wir in den letzten Monaten in Sachsen erlebt haben."
    Urteil erst im Mai erwartet
    Drei Verhandlungstermine hat das Amtsgericht bisher festgelegt, ein Urteil könnte am 10. Mai verkündet werden. Sollte Bachmann für schuldig befunden werden, würde seine bisherige kriminelle Karriere strafverschärfend wirken. Er war unter anderem wegen Einbruch und Drogenhandel verurteilt worden und ist vielfach vorbestraft. Offen ließ die Staatsanwaltschaft, ob Bachmann zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt noch auf Bewährung war. Im Falle einer Verurteilung würde dies bedeuten, dass er die zur Bewährung ausgesetzte Strafe ebenfalls absitzen müsste.
    Gestern Abend hatten in Dresden wieder Anhänger und Gegner der Pegida-Gruppierung demonstriert. Aufseiten des Gegendemonstranten hatten sich dabei auch rund 200 Teilnehmer des in Dresden stattfindenden Bundeskongresses der Integrationsbeauftragten eingreiht.
    Auch für heute kündeten beide Seiten Kundgebungen vor dem Gerichtsgebäude an. Für das Verfahren selbst sind erhöhte Sicherheitsmaßnahmen angeordnet.