
Den Männern zwischen 23 und 28 Jahren wird unter anderem schwerer Bandendiebstahl und besonders schwere Brandstiftung vorgeworfen. Der Prozess vor dem Landgericht Dresden wird in einem besonders gesicherten Saal geführt.
Die Angeklagten hätten bei dem Einbruch "einzigartige und unersetzbare Schmuckstücke" gestohlen, sagte Staatsanwalt Christian Weber bei der Verlesung der Anklage. "Die Tat war gezielt vorbereitet." Die Angeklagten hätten sich Waffen besorgt, den späteren Tatort ausspioniert und Autos mit falschen Kennzeichen verwendet. Mehrere Tage vor dem Einbruch hätten sie ein historisches Gitter am Residenzschloss, in dem sich das Grüne Gewölbe befindet, aufgeschnitten und so präpariert, dass zwei der Angeklagten am frühen Morgen des 25. November 2019 dort eindringen konnten. In einem Ausstellungszimmer schlugen sie demnach mit einer Axt Dutzende Male auf eine Vitrine ein und rissen Schmuckstücke heraus. Diese seien "von überragender kulturhistorischer Bedeutung" gewesen, so Staatsanwalt Weber.

Nach der Tat setzten sie eines der Fluchtautos in einer Tiefgarage in Brand und verursachten damit Schäden an mehr als 60 anderen Autos. Durch das Feuer hätten sie in Kauf genommen, dass Menschen in den darüberliegenden Wohnungen hätten geschädigt oder verletzt werden können.
Die Angeklagten schweigen.
Die Beschuldigten verweigern bisher jede Aussage und werden laut ZDF von 14 Anwälten verteidigt. Ihnen drohen zum Teil mehrjährige Haftstrafen. Die Verteidigung der Hauptangeklagten Mohamed R. und Abdul R. beantragte, das Verfahren gegen die beiden zur Tatzeit Heranwachsenden abzutrennen. Die Anwälte verwiesen dabei auf den erzieherischen Gedanken des Jugendstrafrechts. Diesem widerspreche auch, dass der Prozess "unter dem stigmatisierenden Label der Clankriminalität" geführt werde. Wegen der beiden Heranwachsenden wird auch vor der Jugendkammer des Landgerichts verhandelt.
Parallelen zum Einbruch im Bode-Museum
Auf der Anklagebank sitzen ausschließlich Mitglieder des Berliner Remmo-Clans, einer polizeibekanten arabisch-türkischen Großfamilie, die etliche ihrer Einnahmen durch Diebstahl und Drogenhandel tätigt. Zwei der jetzt Beschuldigten waren 2020 bereits wegen des Diebstahls einer Goldmünze im Wert von 3,75 Millionen Euro aus dem Bode-Museum verurteilt worden.
Die Parallelen des damaligen Einbruchs mit dem im Grünen Gewölbe waren schnell aufgefallen. Die Dresdner Tat am 25. Novembers 2019 "war präzise geplant und doch erschreckend einfach auszufüren",
fasst Deutschlandfunk-Korrespondent Alexander Moritz zusammen
. Das Ganze habe keine zehn Minuten gedauert. Dabei seien sehr viele Fragen noch offen, etwa, wie die mutmaßlichen Täter so schnell ins Gebäude gekommen seien, warum kein Alarm ausgelöst worden sei und ob es Mittäter gegeben habe.

Die Dresdner Oberstaatsanwaltschaft ermittelt jedenfalls gegen 40 weitere Beschuldigte, die nach ihren Erkenntnissen an der Tat beteiligt gewesen sind. Dazu gehörten auch die vier Wachmänner, die den Diebstahl auf ihren Monitoren verfolgten. Bislang habe sich aber kein hinreichender oder gar dringender Tatverdacht konkretisiert.
Beute von unschätzbarem Wert
Die Diebe raubten aus einer Vitrine insgesamt 21 Schmuckstücke aus dem frühen 18. Jahrhundert mit ingesamt 4.300 Diamanten und Brillanten. Darunter ist etwa das letzte erhaltene Teil des Schmuckensembles der sächsisch-polnischen Monarchie, ein Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens, der zwischen 1746 und 1749 entstand; oder die Große Brustschleife von Kurfürst Friedrich August III., sowie ein 96 Zentimeter langer Degen aus den Jahren 1782 bis 1789, der mit neun größeren und 770 kleineren Diamanten besetzt ist.

Die Generaldirektorin der Dresdner Museen, Marion Ackermann, hofft nach wie vor, dass die Stücke wieder auftauchen, weil sie schlicht unverkäuflich sind. Andere Experten vermuten, dass sie bereits verkleinert, umgeschliffen oder anderweitig bearbeitet und verkauft wurden. Der Deutschlandfunk-Kulturredakteur Stefan Koldehoff sprach im Deutschlandfunk kurz nach dem Einbruch von einer "neuen Qualität von Kunstraub". Es gehe nicht mehr um Trickdiebstahl oder Geldwäsche, sondern jetzt gehe es um Material, das sich leicht verwerten lässt. "Wenn die Edelsteine aus ihren Verankerungen gelöst und umgearbeitet werden, damit man am Schliff nicht mehr ihr Alter erkennen kann, würde das bedeuten, dass man die Kunststücke nie wiedersieht."

"Anschlag auf die kulturelle Identität"
Ist das tatsächlich der Fall, wäre ein Stück sächsische Identität verloren gegangen - so sieht es Marion Ackermann, aber auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer. Der sächsische Innenminister Wöller sprach gar von einem "Anschlag auf die kulturelle Identität der Sachsen". Und auch der Kunstmarktexperte und Zeit-Journalist Tobias Timm sagte im Deutschlandfunk: "Das hat den Sachsen schon sehr wehgetan, dieser Einbruch in das Grüne Gewölbe."
Damit sich solch ein Fall nicht wiederholt, haben die sächsischen Museen ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Doch die Generaldirektorin der Dresdner Museen forderte bereits im November noch weitere Anstrengungen. Ackermann sagte im Deutschlandfunk: "Ganz, ganz wichtig ist, dass die Informationsflüsse noch optimiert werden." Sie meint damit vor allem die Zusammenarbeit zwischen Museen und Polizei. In Dresden sitzt jetzt jedenfalls ständig ein Kriminalkommissar unmittelbar im Museum, der die direkte Verzahnung sicherstellen soll.

Damit könnten aber höchstens neue Einbrüche verhindert werden. Die Beute aus dem Raub im Grünen Gewölbe taucht so nicht wieder auf. Hier setzt Ackermann auf die Aufmerksamkeit durch den Prozess. Es sind bereits Termine bis Ende Oktober angesetzt.