Samstag, 04. Mai 2024

Archiv


Psychologe ist ein sicherer Job

Psychische Erkrankungen haben in den vergangenen Jahrzehnten massiv zugenommen. Zumindest für eine Berufsgruppe ist das gut: die der Psychologen. Ihr Arbeitsmarkt boomt und wird auch in Zukunft weiter boomen. Sagen die Psychologen selbst, zu hören etwa auf dem weltweit größten Branchen-Kongress, der noch bis Freitag in Berlin stattfindet. Über 8000 Psychologen aus aller Welt treffen sich dort, um sich zu den unterschiedlichsten Themen auszutauschen.

Von Esther Körfgen | 23.07.2008
    Psychologen sind kommunikativ, das merkt spätestens, wer einmal quer durch das riesige Kongressgebäude geht. Überall stehen Grüppchen von Teilnehmern, überall wird diskutiert. Zum Beispiel über die heiß umstrittene Studienreform, mit dem neuen Bachelor-Abschluss.

    "Ich sehe insofern Probleme darin, weil ich noch im Hinterkopf habe, was an Grundlagenwissen vermittelt werden sollte für einen Psychologen, und aus meiner Sicht ist die/ Zeitdauer von sechs Semestern zu kurz.

    Es wäre ein Irrtum anzunehmen, dass in Amerika oder/ in der gesamten angelsächsischen Welt, / dass dort auf'm Bachelor-Niveau das professionelle Berufsbild erreicht ist."

    Heinz-Jürgen Rothe von der Uni Potsdam und Fredi Lang vom Berufsverband Deutscher Psychologen sind sich einig: wer nur den Bachelor in der Tasche hat, darf weder therapieren noch sonst irgendeine verantwortungsvolle Tätigkeit übernehmen, das ist in Deutschland so, in ganz Europa und den USA. Schon vor der Vereinheitlichung durch das neue zweistufige Studien-System haben sich hier die Standards in der Ausbildung nicht wesentlich unterschieden. Und hier wie dort gilt: Psychologe ist ein sicherer Job. Seit Jahrzehnten.

    "Es sind letztlich/ jedes Jahr 3000 Psychologen neu dazu gekommen, und der Markt hat diese zusätzliche Menge immer aufgenommen. Das hat sicherlich mit den Bedarfen im Bildungsbereich, im Gesundheitsbereich, als auch im engeren Sinne im klinischen Bereich, psychotherapeutischen Bereich zu tun, und / es gibt noch weitere Potentiale sowohl im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung als auch die aktuelle Situation."

    Laut Bundesagentur für Arbeit hat sich die Zahl der erwerbstätigen Psychologen in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt. Aber warum wird man eigentlich Psychologe? Um sich selbst zu therapieren? Barbara Schaunburg kann über dieses alte Vorurteil nur müde lächeln. Dafür würde das intensive Studium gar keine Zeit lassen. Sie hat mehr die Unternehmensberatung interessiert, und später dann die Forschung.


    " Also ich hatte nicht so sehr dieses Menschen-helfen-Motiv, was manchmal sehr ausgeprägt ist bei Psychologie-Studierenden, aber ich war schon neugierig auf Menschen und ein bisschen ging's mir so um Menschen verstehen, als ich angefangen habe, und dann kam das mit der Unternehmensberatung relativ früh/ das interessiert mich irgendwie, Arbeitsverhältnisse besser zu machen."

    Jetzt hat Barbara Schaunburg erst einmal den Psychologen-Kongress organisiert. Und danach will sie ins Wissenschaftsmanagement einsteigen. Das ist das Gute am Psychologen-Dasein: Es ist sehr abwechslungsreich. Die 33-jährige hat während ihres Studiums 6 Praktika absolviert, um sich einen Überblick zu verschaffen.

    "Weil das Berufsbild von Psychologen ja relativ diffus ist. Es gibt relativ viele Bereiche, in den denen man arbeiten kann als Psychologe."

    Hier sind die Bereiche: da gibt es einmal den sogenannten klinischen Bereich, der mit der Bewältigung psychischer Störungen zu tun hat, ob im Krankenhaus, in der Beratungsstelle oder in Form einer Psycho-Therapie. Dann ist da die beratende Funktion in Erziehung und Bildung - zum Beispiel als Schulpsychologe. Dann gibt es die Arbeitspsychologie, als Berater für die Organisation von Firmen, als Gutachter in der Personalauswahl oder als Coach, etwa von Managern. Und schließlich der Einsatz im öffentlichen Leben, in Sachen Konfliktlösung etwa oder als Umweltberater. Übrigens: 80 Prozent aller deutschen Psychologen sind Frauen. Und die meisten Jobs gibt es im klinischen Bereich. Ein stark gewachsener und noch wachsender Markt ist die Arbeitspsychologie. Heinz-Jürgen Rothe weiß, wie viele Arbeitgeber mittlerweile denken:

    "Es ist viel schwieriger, eine Arbeitsperson dann zu therapieren, zu behandeln, zu beraten, wenn negative Folgen vorliegen, oder in bestimmte Prozesse einzugreifen, sie zu verändern, damit diese negativen Folgen nicht entstehen. Zum Beispiel psychosomatische Beschwerden, aufgrund von Mobbing."

    Aber das ist nur ein Arbeitsfeld. Für die Bachelor-Psychologen bieten sich in Zukunft noch sehr viel mehr, völlig neue Wege, weiß Fredi Lang vom Berufsverband:

    Da gibt es viele Anschlussfähigkeiten. Ob das erst mal in Richtung Ingenieurswissenschaften ist, ob in Richtung Neurowissenschaften, Kommunikationswissenschaften. Oder aber auch im Gesundheitsbereich mehr in die Managementebene.


    Der Berufsverband der deutschen Psychologinnen und Psychologen im Netz: www.bdp-verband.de