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Psychologie hat viele Namen

Auch in Italien gibt es natürlich das Studienfach 'Psychologie', aber es wird von jeder Hochschule anders bezeichnet. Mit diesem Namenschaos will Italiens Bildungsministerin nun aufräumen. Auch die Streichung von Studiengängen und eine bessere Ausstattung mit Seminarräumen und Lehrpersonal hat sie sich vorgenommen.

    Der 18jährige Römer Lorenzo Ridola hat sich entschieden, Psychologie zu studieren. Doch ein Diplomstudiengang Psychologie wird laut Uniführer an keiner Hochschule in Italien angeboten. Erst nach Telefonaten mit verschiedenen Hochschulen fand Ridola heraus, dass sich hinter ganz verschiedenen Bezeichnungen nichts anderes verbirgt als Psychologie. Das Fach wird an 42 Hochschulen unterrichtet - und wird auf 42 verschiedene Weisen bezeichnet - ein Weltrekord. Im sardischen Cagliari nennt man das Fach 'Wissenschaften zur psychosozialen Gesundheit', in Neapel 'Individuelles und beziehungsmäßiges Unwohlsein' und in Rom schlicht 'Psychosoziologie'. "Eine babylonische Sprachverwirrung", meint Lorenzo Ridola.

    Das sieht auch Italiens Bildungsministerin Letizia Moratti so. Auf ihrem Schreibtisch liegt die erste Untersuchung des Studienangebots aller 77 italienischen Hochschulen. Das Ergebnis offenbart: Es herrscht absolutes Chaos und die Studierenden sind die Dummen. Ein Team von Fachleuten soll das Namenschaos nun beseitigen. Über die Ursachen sind sich die Experten schon im Klaren, wie Claudio Rigoni, bildungspolitischer Berater der Ministerin, erklärt: "Zum einen wollen sich die Hochschulen voneinander unterscheiden und erfinden deshalb ein Studienangebot, das interessante Bezeichnungen aufweist. Zum anderen geht es ums Geld." Denn die Hochschulen erhalten pro Student und Jahr 3.500 Euro vom Bildungsministerium und werben deshalb trickreich mit ihrem Studienangebot. Gleichzeitig fehlt aber in vielen der untersuchten Hochschulen eine ausreichende Zahl von Seminarräumen. Auch ein Mangel an Lehrkräften musste vielerorts diagnostiziert werden.

    Ministerin Moratti will nun aufräumen. Abgesehen von der Abschaffung des Namenschaos will sie ganze 800 Studiengänge streichen, denn nicht jede Uni müsse schließlich jeden Studiengang anbieten. Für die Studierenden könnte das in Zukunft den Umzug in eine andere Stadt bedeuten, wenn sie ein bestimmtes Diplom ablegen wollen. Dafür aber sollen sie sich sicher sein, dass für einen Studiengang mit einem klaren Namen auch tatsächlich das entsprechende Personal und die angemessenen Unterrichtsräume zur Verfügung stehen.