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"Pulver ist schwarz, Blut ist rot, golden flackert die Flamme!"

Bei der Eröffnung der Bonner Ausstellung "Flagge zeigen?" war Bundespräsident Horst Köhler zufrieden damit, dass die Deutschen wieder unbefangen mit den Nationalfarben umgehen. Dabei hatten es diese Farben einst in sich. Die revolutionären Bürger sangen im Vormärz: "Pulver ist schwarz, Blut ist rot, golden flackert die Flamme!" Die Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte zeigt das Schicksal der deutschen Fahne, Hymne und Wappen vom Hambacher Fest bis zur Gegenwart.

Von Michael Köhler |
    "Wir beschäftigen uns mit den Deutschen und deren Nationalsymbolen im Schwerpunkt in der Zeit seit Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die Gegenwart. Dies alles ist nicht zu erklären, ohne dass man nicht zurückblickt, auf die Zeit des Nationalsozialismus, auf die Zeit der Weimarer Republik und die Zeit der Nationalstaatsgründung im 19. Jahrhundert."

    Hans Walter Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, hat sich zum 60. Jahrestag der Republikgründung viel vorgenommen. Einen Parcours aus schwarz-rot gold hat er angelegt, vom Reichsbanner 1924 bis zum Fahnenmeer bei der WM. Der Bundesadler begegnet einem auf Honiggläsern und auf Butterpapier als Markenzeichen bei der Post wie im Bundestag, mal als Gütezeichen, mal als nationales Symbol des Staates. Man kann sie anerkennen oder ablehnen. Und auf dem Boden am Eingang der Ausstellung fragen wechselnde Leuchtbuchstaben nach abstrakten Begriffen wie Vaterland, Einheit, Treue et cetera.

    "Ich seh' da nur erstmal was Schönes, dass die Menschen die die Fahne schwenken oder um sich drapieren, dass sie sich freuen, mit den Farben identifizieren, dass sich das Land weiter normalisiert, dass man jetzt unverkrampfter auf seine eigene Nationalfahne zeigt, und ich denke, das sollten wir doch gut finden."

    Was Bundespräsident Horst Köhler bei der WM 2006 als Zeichen der Normalisierung einstuft, hat eine, wenn nicht unnormale, so doch gebrochene Vorgeschichte. Die Deutschen haben kein ungebrochen-normales Verhältnis zu nationalen Symbolen gehabt. Dafür stehen die Freiheitsbestrebungen beim Hambacher Fest, die 48er Revolution, die Erstickung der Ideale von Weimar, der Sieg der Nationalsozialisten und die Neugründung zweier deutscher Staaten.

    "Der gravierende Unterschied ist, dass die Diktatur das Volk in den Staaten zu einem Bekenntnis auffordert. Man muss hinter den Nationalsymbolen stehen, dies ist in der Demokratie vollständig anders. In der Demokratie kann man dahinter stehen, muss es aber nicht."

    Ich schwöre der DDR, meinem Vaterland, allzeit treu zu dienen und sie auf Befehl der Arbeiter und- Bauernregierung gegen jeden Feind zu schützen.

    Ob beim öffentlichen Gelöbnis, in einer Amtsstube oder im Vorgarten, als Wimpel am Fahrrad oder Auto, beim Stammtisch oder Kegelabend, als Hinweisschild für eine Sprache in der Straßenbahn oder sonst wo, stets erfüllen Flagge und Adler andere Aufgaben, sind verschieden symbolisch aufgeladen. Als Flagge, als rechteckige Fahne, ist es eigentlich nur ein Stück Stoff.

    "Eine Fahne ist zunächst ja einmal nichts anderes als ein textiler Gegenstand. Er wird erst dann lebendig, wenn er in einem Zusammenhang gebracht wird. Und der Zusammenhang, wenn sie so wollen, Hambacher Fest oder 1848er Revolution oder die Wiedervereinigung am 3. Oktober, das sind die Anlässe bei denen diese Fahnen zu Symbolen werden."

    Es gelingt dem Bonner Haus der Geschichte in ihrer material- und dokumentenreichen Ausstellung ein Panorama der wechselvollen Geschichte der deutschen im Umgang mit ihren Flaggen aufzuzeigen, zwischen Akzeptanz und Ablehnung. Die Gedenk- und Erinnerungstage wie 1. Mai und 17. Juni, 3.Oktober und 9. November sowie die vielen Erinnerungsorte sind gute Beispiele für diesen Umgang.

    Auch wenn man in der Bundesrepublik der Achtziger und Neunziger Jahre streckenweise den Verdacht hatte, die Nationalfarben der Deutschen seien nicht schwarz-rot-gold sondern blau-gelb-grün, die Farben der unterschiedlichen Mülltonnen für Papier, Kunststoff und Bioabfall, und die Beflaggung von Häusern bestehe aus den drei Farben der Mülltonnen, so hat sich viel geändert. Vor Missbrauch durch Extremisten ist man indes nie sicher.

    Aus dem einst als "Fette Henne" verspotteten Bundesadler im Bundestag ist eher ein schlanker Raubvogel geworden. Die Spannweite seiner Bedeutung muss jeder für sich ermitteln.

    "Aber interessant ist schon die Entwicklung des Bundesadlers vom eher schwerfälligen Wappentier hin zum leichteren, moderner geschnittenen Adler der Gegenwart."