Der Wind verdrängt die Schwüle und weht den vielstimmigen Gesang der Imame herüber. Die Nachbarn grüßen fröhlich, Kinder spielen, Hähne kämpfen, Papayas, Bananen und Mais wachsen. Mittendrin ein Bambushaus voller tätowierter Punks in schwarzen T-Shirts. Die bedrucken sie selbst, dabei lachen sie und hören scheppernde Punkmusik aus dem Kassettenrekorder.
Dieses Haus am Stadtrand von Medan gehört Tulang. Mit über 30 Jahren ist er einer der älteren Punk-Aktivisten. Er spielt bei der Band RKA und sein Haus dient als Arbeitsplatz, Treffpunkt und Anlaufstelle für auswärtige Punks. Mit den Nachbarn kommt er gut zurecht:
Tulang:
"Es gibt manchmal kleine Probleme aber nichts Schlimmes. Unsere Nachbarn sind wie eine Familie und sie wissen, dass wir Konzerte organisieren und Siebdruck machen. Und sie wissen, dass wir uns hier treffen und dass manchmal auch Leute von außerhalb kommen, um uns zu besuchen."
Auch in Indonesien ist die Punk-Subkultur westlich geprägt: Es gibt Streetpunks und Hardcore-Kids, die Bands spielen Punkrock, Hardcore und Grindcore. Auf den Konzerten wird fröhlich Pogo getanzt, üppig tätowierte Jungs springen waghalsig in die Menge oder ahmen Nahkampfübungen nach. Dennoch ist die Stimmung nie aggressiv.
Fast 90 Prozent der 240 Millionen Indonesier sind Muslime. Der Islam in Indonesien ist moderat, doch sowohl die Gesellschaft als auch die Punk-Subkultur sind davon geprägt. In kleineren Städten werden freiwillig Konzertpausen eingelegt, um die Gläubigen nicht beim Beten zu stören. In Konzerträumen mit Teppichen ziehen sich die Punks brav die Stiefel aus.
Das von Tulang und seinen Freunden in Medan organisierte Konzert zieht einige Hundert Punks an. Auch Poloh und Kiki sind aus der Nachbarprovinz Aceh gekommen, um die 16 Bands zu sehen. Doch in der autonomen Provinz Aceh gilt die Scharia, und neben Frauen in enger Kleidung und unverheirateten Paaren sind die Punks das Feindbild Nummer Eins der Sittenpolizei. Im Dezember 2011 verhaftete die Polizei auf einem Konzert 65 Punks und steckte sie in ein Umerziehungslager – die Bilder gingen um die Welt.
Poloh und Kiki hatten das Konzert damals organisiert und auch sie mussten zehn Tage lang Umerziehungsmaßnahmen über sich ergehen lassen: Ihnen wurden die Haare geschoren, die Kleidung weggenommen und Regeln über Sitte und Moral eingebläut. Von den circa hundert Punks in Aceh sind jetzt nur noch 50 übrig.
Fast alle Punks leben noch bei ihren Eltern; für Männer und Frauen, die nicht miteinander verheiratet sind, ist es fast unmöglich, zusammenzuwohnen. Deshalb bilden sich jetzt langsam politische Hausgemeinschaften wie das "Rumah Pyrata", das Piratenhaus in Bandung. Jana erzählt:
"Immer mehr Leute leben jetzt im Kollektiv wie im Rumah Pyrata, weil sie nicht mehr bei ihren Eltern leben wollen. Denn die Eltern verstehen die Musik nicht und denken, Punk ist Teufelsmusik. Aber wenn du dann mit deinen Eltern redest, ihnen erklärst, worum es bei der Punk-Gemeinschaft geht, worum es bei der Musik geht, dann werden sie dich verstehen, denn sie lieben dich so oder so."
Die Musik ist radikal, die Texte hingegen weniger: Sie beschwören häufig ein diffuses Wir-Gefühl oder richten sich gegen Korruption und Gewalt. Selbstverwaltete Konzertorte und Treffpunkte gibt es in Indonesien so gut wie gar nicht.
Doch die indonesische Punkszene ist groß, engagiert und über das Internet, Konzerte und Fanzines gut vernetzt. Viele Konzerte sind Benefizveranstaltungen für Waisenkinder oder die Antikorruptionsbewegung; immer mehr Punks beteiligen sich an "Food not Bombs", einer solidarischen Armenküche oder sind im Umweltschutz aktiv.
Offen gegen staatliche Autoritäten oder Religion rebellieren – das tun die Punks in Indonesien allerdings nicht. Denn sie müssen schon genug darum kämpfen, ihren Platz in der konservativen Gesellschaft zu finden. Sie müssen ihre Familien und ihr Umfeld davon überzeugen, dass sie nicht kriminell, sondern kreativ sind und die Gesellschaft positiv verändern wollen.
Dieses Haus am Stadtrand von Medan gehört Tulang. Mit über 30 Jahren ist er einer der älteren Punk-Aktivisten. Er spielt bei der Band RKA und sein Haus dient als Arbeitsplatz, Treffpunkt und Anlaufstelle für auswärtige Punks. Mit den Nachbarn kommt er gut zurecht:
Tulang:
"Es gibt manchmal kleine Probleme aber nichts Schlimmes. Unsere Nachbarn sind wie eine Familie und sie wissen, dass wir Konzerte organisieren und Siebdruck machen. Und sie wissen, dass wir uns hier treffen und dass manchmal auch Leute von außerhalb kommen, um uns zu besuchen."
Auch in Indonesien ist die Punk-Subkultur westlich geprägt: Es gibt Streetpunks und Hardcore-Kids, die Bands spielen Punkrock, Hardcore und Grindcore. Auf den Konzerten wird fröhlich Pogo getanzt, üppig tätowierte Jungs springen waghalsig in die Menge oder ahmen Nahkampfübungen nach. Dennoch ist die Stimmung nie aggressiv.
Fast 90 Prozent der 240 Millionen Indonesier sind Muslime. Der Islam in Indonesien ist moderat, doch sowohl die Gesellschaft als auch die Punk-Subkultur sind davon geprägt. In kleineren Städten werden freiwillig Konzertpausen eingelegt, um die Gläubigen nicht beim Beten zu stören. In Konzerträumen mit Teppichen ziehen sich die Punks brav die Stiefel aus.
Das von Tulang und seinen Freunden in Medan organisierte Konzert zieht einige Hundert Punks an. Auch Poloh und Kiki sind aus der Nachbarprovinz Aceh gekommen, um die 16 Bands zu sehen. Doch in der autonomen Provinz Aceh gilt die Scharia, und neben Frauen in enger Kleidung und unverheirateten Paaren sind die Punks das Feindbild Nummer Eins der Sittenpolizei. Im Dezember 2011 verhaftete die Polizei auf einem Konzert 65 Punks und steckte sie in ein Umerziehungslager – die Bilder gingen um die Welt.
Poloh und Kiki hatten das Konzert damals organisiert und auch sie mussten zehn Tage lang Umerziehungsmaßnahmen über sich ergehen lassen: Ihnen wurden die Haare geschoren, die Kleidung weggenommen und Regeln über Sitte und Moral eingebläut. Von den circa hundert Punks in Aceh sind jetzt nur noch 50 übrig.
Fast alle Punks leben noch bei ihren Eltern; für Männer und Frauen, die nicht miteinander verheiratet sind, ist es fast unmöglich, zusammenzuwohnen. Deshalb bilden sich jetzt langsam politische Hausgemeinschaften wie das "Rumah Pyrata", das Piratenhaus in Bandung. Jana erzählt:
"Immer mehr Leute leben jetzt im Kollektiv wie im Rumah Pyrata, weil sie nicht mehr bei ihren Eltern leben wollen. Denn die Eltern verstehen die Musik nicht und denken, Punk ist Teufelsmusik. Aber wenn du dann mit deinen Eltern redest, ihnen erklärst, worum es bei der Punk-Gemeinschaft geht, worum es bei der Musik geht, dann werden sie dich verstehen, denn sie lieben dich so oder so."
Die Musik ist radikal, die Texte hingegen weniger: Sie beschwören häufig ein diffuses Wir-Gefühl oder richten sich gegen Korruption und Gewalt. Selbstverwaltete Konzertorte und Treffpunkte gibt es in Indonesien so gut wie gar nicht.
Doch die indonesische Punkszene ist groß, engagiert und über das Internet, Konzerte und Fanzines gut vernetzt. Viele Konzerte sind Benefizveranstaltungen für Waisenkinder oder die Antikorruptionsbewegung; immer mehr Punks beteiligen sich an "Food not Bombs", einer solidarischen Armenküche oder sind im Umweltschutz aktiv.
Offen gegen staatliche Autoritäten oder Religion rebellieren – das tun die Punks in Indonesien allerdings nicht. Denn sie müssen schon genug darum kämpfen, ihren Platz in der konservativen Gesellschaft zu finden. Sie müssen ihre Familien und ihr Umfeld davon überzeugen, dass sie nicht kriminell, sondern kreativ sind und die Gesellschaft positiv verändern wollen.